Wir von der anderen Seite

»Anika Decker hat den Durchblick! Beinhart komisch, liebevoll bissig, zum Heulen melancholisch erzählt sie mit großer Liebe über dieses merkwürdige und unberechenbare Wesen: den Menschen.« Iris Berben
»Zum ersten Mal sehe ich mich im komplett im Spiegel. Ich bin dünn und bucklig, meine Muskeln sind verschwunden, meine Haut ist gelb von der angeschlagenen Leber. Irgendjemandem sehe ich ähnlich. Wem denn nur? Dann fällt es mir ein: Ich sehe aus wie Mr. Burns von den Simpsons! Immerhin noch Körbchengröße C. Ihr seid die echten Survivor!« 
Als Rahel Wald aus einem heftigen Fiebertraum erwacht, versteht sie erst mal gar nichts. Wo ist sie, warum ist es so laut hier, was sind das für Schläuche überall. Nach und nach beginnt sie zu verstehen: Sie ist im Krankenhaus, sie lag im Koma. Doch richtig krank sein, hatte sie sich irgendwie anders vorgestellt: feierlicher, ja, heiliger. Als Komödienautorin kennt sich Rahel durchaus mit schrägen Figuren und absurden Situationen aus, aber so eine Reise von der anderen Seite zurück ins Leben ist dann doch noch mal eine eigene Nummer. Vor allem, wenn der Medikamentenentzug Albträume und winkende Eichhörnchen hervorruft. Zum Glück kann sie sich auf die bedingungslose Unterstützung ihrer verrückten Familie verlassen, die immer für sie da ist. Und noch etwas wird Rahel immer klarer: Ihr Leben ist viel zu kostbar, um es nach fremden Erwartungen auszurichten. Von jetzt an nimmt sie es selbst in die Hand.
»Wäre ich ein Mensch, hätte ich beim Lesen mehrfach geweint. Ein großartiges Buch. Berührend und lustig, albern und unendlich traurig.« Sibylle Berg
»Was war das für eine Freude, Dein Buch zu lesen – ich habe laut gelacht und ins Papier geweint.« Katja Riemann 
»Das ist die Chronologie von zwei Kämpfen. Der Kampf um das Überleben und der Kampf um die eigene Unabhängigkeit. Hart und mutig und traurig und schön.« Helene Hegemann 
»Voller Kraft und Klarheit, voller Emotionalität und mit ihrem unvergleichlichen Humor nimmt uns Anika Decker mit auf eine sehr berührende Reise.« Alexandra Maria Lara 
»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen Anika Decker hat ihr Leben lang die blumige, verschnörkelte, schonungslos entlarvende orientalische Literatur studiert, so sehr geht Rahels Geschichte unter meine Haut. Ich wollte mal drüberfliegen und gucken, was Anika so geschrieben hat, und stelle nach einer Stunde fest, dass mein Flat White längst kalt ist. So fesselnd, berührend und witzig, den Flat White schuldest du mir trotzdem.« Numan Acar
»Anika Decker und mich verbindet die Liebe zum Erzählen von Geschichten. Ihr erster Roman ist berührend, unterhaltsam und klug. Lacht laut und heult leise!« Bora Dagtekin 
»Puh. Und wow. Und puh. Und hahahaha. Und autsch. Und oh Mann, oh Mann, oh Mann. Wie sehr hast Du mich gerade mit deinem Wahnsinns-Buch im schweigenden Zug zum Lachen gebracht. Könntest Du nicht so gut schreiben, hätte ich die ganze Zeit durchgeheult! Danke!« Palina Rojinski 

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Wir von der anderen Seite

»Anika Decker hat den Durchblick! Beinhart komisch, liebevoll bissig, zum Heulen melancholisch erzählt sie mit großer Liebe über dieses merkwürdige und unberechenbare Wesen: den Menschen.« Iris Berben
»Zum ersten Mal sehe ich mich im komplett im Spiegel. Ich bin dünn und bucklig, meine Muskeln sind verschwunden, meine Haut ist gelb von der angeschlagenen Leber. Irgendjemandem sehe ich ähnlich. Wem denn nur? Dann fällt es mir ein: Ich sehe aus wie Mr. Burns von den Simpsons! Immerhin noch Körbchengröße C. Ihr seid die echten Survivor!« 
Als Rahel Wald aus einem heftigen Fiebertraum erwacht, versteht sie erst mal gar nichts. Wo ist sie, warum ist es so laut hier, was sind das für Schläuche überall. Nach und nach beginnt sie zu verstehen: Sie ist im Krankenhaus, sie lag im Koma. Doch richtig krank sein, hatte sie sich irgendwie anders vorgestellt: feierlicher, ja, heiliger. Als Komödienautorin kennt sich Rahel durchaus mit schrägen Figuren und absurden Situationen aus, aber so eine Reise von der anderen Seite zurück ins Leben ist dann doch noch mal eine eigene Nummer. Vor allem, wenn der Medikamentenentzug Albträume und winkende Eichhörnchen hervorruft. Zum Glück kann sie sich auf die bedingungslose Unterstützung ihrer verrückten Familie verlassen, die immer für sie da ist. Und noch etwas wird Rahel immer klarer: Ihr Leben ist viel zu kostbar, um es nach fremden Erwartungen auszurichten. Von jetzt an nimmt sie es selbst in die Hand.
»Wäre ich ein Mensch, hätte ich beim Lesen mehrfach geweint. Ein großartiges Buch. Berührend und lustig, albern und unendlich traurig.« Sibylle Berg
»Was war das für eine Freude, Dein Buch zu lesen – ich habe laut gelacht und ins Papier geweint.« Katja Riemann 
»Das ist die Chronologie von zwei Kämpfen. Der Kampf um das Überleben und der Kampf um die eigene Unabhängigkeit. Hart und mutig und traurig und schön.« Helene Hegemann 
»Voller Kraft und Klarheit, voller Emotionalität und mit ihrem unvergleichlichen Humor nimmt uns Anika Decker mit auf eine sehr berührende Reise.« Alexandra Maria Lara 
»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen Anika Decker hat ihr Leben lang die blumige, verschnörkelte, schonungslos entlarvende orientalische Literatur studiert, so sehr geht Rahels Geschichte unter meine Haut. Ich wollte mal drüberfliegen und gucken, was Anika so geschrieben hat, und stelle nach einer Stunde fest, dass mein Flat White längst kalt ist. So fesselnd, berührend und witzig, den Flat White schuldest du mir trotzdem.« Numan Acar
»Anika Decker und mich verbindet die Liebe zum Erzählen von Geschichten. Ihr erster Roman ist berührend, unterhaltsam und klug. Lacht laut und heult leise!« Bora Dagtekin 
»Puh. Und wow. Und puh. Und hahahaha. Und autsch. Und oh Mann, oh Mann, oh Mann. Wie sehr hast Du mich gerade mit deinem Wahnsinns-Buch im schweigenden Zug zum Lachen gebracht. Könntest Du nicht so gut schreiben, hätte ich die ganze Zeit durchgeheult! Danke!« Palina Rojinski 

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Wir von der anderen Seite

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by Anika Decker
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»Anika Decker hat den Durchblick! Beinhart komisch, liebevoll bissig, zum Heulen melancholisch erzählt sie mit großer Liebe über dieses merkwürdige und unberechenbare Wesen: den Menschen.« Iris Berben
»Zum ersten Mal sehe ich mich im komplett im Spiegel. Ich bin dünn und bucklig, meine Muskeln sind verschwunden, meine Haut ist gelb von der angeschlagenen Leber. Irgendjemandem sehe ich ähnlich. Wem denn nur? Dann fällt es mir ein: Ich sehe aus wie Mr. Burns von den Simpsons! Immerhin noch Körbchengröße C. Ihr seid die echten Survivor!« 
Als Rahel Wald aus einem heftigen Fiebertraum erwacht, versteht sie erst mal gar nichts. Wo ist sie, warum ist es so laut hier, was sind das für Schläuche überall. Nach und nach beginnt sie zu verstehen: Sie ist im Krankenhaus, sie lag im Koma. Doch richtig krank sein, hatte sie sich irgendwie anders vorgestellt: feierlicher, ja, heiliger. Als Komödienautorin kennt sich Rahel durchaus mit schrägen Figuren und absurden Situationen aus, aber so eine Reise von der anderen Seite zurück ins Leben ist dann doch noch mal eine eigene Nummer. Vor allem, wenn der Medikamentenentzug Albträume und winkende Eichhörnchen hervorruft. Zum Glück kann sie sich auf die bedingungslose Unterstützung ihrer verrückten Familie verlassen, die immer für sie da ist. Und noch etwas wird Rahel immer klarer: Ihr Leben ist viel zu kostbar, um es nach fremden Erwartungen auszurichten. Von jetzt an nimmt sie es selbst in die Hand.
»Wäre ich ein Mensch, hätte ich beim Lesen mehrfach geweint. Ein großartiges Buch. Berührend und lustig, albern und unendlich traurig.« Sibylle Berg
»Was war das für eine Freude, Dein Buch zu lesen – ich habe laut gelacht und ins Papier geweint.« Katja Riemann 
»Das ist die Chronologie von zwei Kämpfen. Der Kampf um das Überleben und der Kampf um die eigene Unabhängigkeit. Hart und mutig und traurig und schön.« Helene Hegemann 
»Voller Kraft und Klarheit, voller Emotionalität und mit ihrem unvergleichlichen Humor nimmt uns Anika Decker mit auf eine sehr berührende Reise.« Alexandra Maria Lara 
»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen Anika Decker hat ihr Leben lang die blumige, verschnörkelte, schonungslos entlarvende orientalische Literatur studiert, so sehr geht Rahels Geschichte unter meine Haut. Ich wollte mal drüberfliegen und gucken, was Anika so geschrieben hat, und stelle nach einer Stunde fest, dass mein Flat White längst kalt ist. So fesselnd, berührend und witzig, den Flat White schuldest du mir trotzdem.« Numan Acar
»Anika Decker und mich verbindet die Liebe zum Erzählen von Geschichten. Ihr erster Roman ist berührend, unterhaltsam und klug. Lacht laut und heult leise!« Bora Dagtekin 
»Puh. Und wow. Und puh. Und hahahaha. Und autsch. Und oh Mann, oh Mann, oh Mann. Wie sehr hast Du mich gerade mit deinem Wahnsinns-Buch im schweigenden Zug zum Lachen gebracht. Könntest Du nicht so gut schreiben, hätte ich die ganze Zeit durchgeheult! Danke!« Palina Rojinski 


Product Details

ISBN-13: 9783843721653
Publisher: Ullstein Ebooks
Publication date: 07/26/2019
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 336
File size: 3 MB
Language: German

About the Author

Anika Decker, geboren 1975 in Marburg, lebt und arbeitet als Drehbuchautorin und Regisseurin in Berlin. 2007 gelang ihr mit ihrem Drehbuchdebüt Keinohrhasen der Durchbruch, der Film zählt zu den 15 erfolgreichsten deutschen Filmen aller Zeiten. Danach folgte das Drehbuch zu RubbeldieKatz, was auch ein großer Publikumserfolg war. 2015 debütierte Anika Decker als Regisseurin, der Film Traumfrauen nach eigener Vorlage war eine der erfolgreichsten Kinoproduktionen des Jahres. Darauf folgte ihre zweite Regiearbeit High Society, die auf Anhieb auf Platz eins der Kinocharts landete. Wir von der anderen Seite ist Anika Deckers erster Roman.
Anika Decker, geboren 1975 in Marburg, lebt und arbeitet als Drehbuchautorin und Regisseurin in Berlin. 2007 gelang ihr mit ihrem Drehbuchdebüt Keinohrhasen in der Regie von Til Schweiger der Durchbruch, der Film erreichte 6,3 Millionen Zuschauer und zählt zu den 15 erfolgreichsten deutschen Filmen aller Zeiten. Auch die Fortsetzung Zweiohrküken, Regie ebenfalls Til Schweiger, war ein Publikumserfolg. 2015 debütierte Anika Decker als Regisseurin, der Film Traumfrauen nach eigener Vorlage war eine der erfolgreichsten Kinoproduktionen des Jahres. Wir von der anderen Seite ist Anika Deckers erster Roman.

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Intensivstation

Eine Krankenschwester wäscht einen ausgemergelten, blassen Körper, seift mit einem Waschlappen den Bauch und die Beine ein. Die Hüftknochen ragen aus dem Becken wie zwei Elchschaufeln. Daneben liegt eine dürre, adrige Hand.

Wer ist das?

Der Lappen wäscht weiter. Ich will das nicht weiter angucken und versuche, mich wegzudrehen. Ich bin so verdammt steif. Ich stütze die Hand ab. Die knochigen Finger neben dem Knochenkörper bewegen sich auch.

Noch mal. Und noch mal, dann verstehe ich: Das ist meine Hand. Ich bin das knochige Ding, das da gewaschen wird. Ich will etwas sagen, aber irgendein großer Stab steckt in meinem Hals. Kann mal jemand den Stab da rausholen?

Der Lappen ist verschwunden, anscheinend bin ich fertig gewaschen. Wie laut es hier ist, und überall piepst es elektronisch. Legt man hier Leute zum Sterben hin? Ich weine. Die Düsterkeit kommt und zieht mich weg.

Nach wirren Fieberträumen wache ich auf. Dieses ständige Gepiepse macht einen völlig irre. Schemenhaft nehme ich meine Eltern wahr und daneben meinen Bruder Juri, riesengroß und dürr. Sie lächeln mich an mit Tränen in den Augen, sie halten meine Hand. Hinter ihnen steht ein Arzt. Ich hoffe, der will mir nicht auch noch die Hand halten. Meine Haut brennt. Als ich etwas sagen will, klemmt wieder dieser komische Stab in meinem Hals. Was ist denn bloß los?

Juris braune Locken flirren vor den Deckenleuchten wie ein Heiligenschein um seinen Kopf. Er sieht mir in die Augen, fängt vorsichtig an zu reden. Dass ich auf der Intensivstation sei, sagt er, und noch ein bisschen schwach, aber ich solle mir keine Sorgen machen.

Oh Gott, irgendwas Schreckliches muss passiert sein. Hat mir jemand was amputiert? Amputation ist eine meiner Urängste, das Schlimmste, was ich mir vorstellen kann. Bestimmt hat mir jemand was amputiert. Hoffentlich nur einen von den unwichtigen Fingern.

Juri scheint meine Gedanken gelesen zu haben und erklärt, dass ich unversehrt sei. Es sei alles noch dran. Und das Ding in meinem Hals sei ein Tubus, weil ich noch nicht selber atmen könne. Ich solle mir keine Sorgen machen, morgen käme der sowieso raus.

Der Arzt im Hintergrund nickt.

»Es ist nur leider so«, sagt mein Bruder, »dass dir jemand vom Personal gestern aus Versehen die Ohren abgeschnitten hat.«

Wie bitte? Warum das denn?! Aber ich höre doch was. Und dann fällt bei mir der Groschen: Er hat einen Witz gemacht!

Ich muss grinsen. So ein Schwachsinn, klar hab' ich Ohren!

Meine Mutter schreit auf, als sie mein Lächeln sieht. Alle lachen gelöst und freuen sich wie verrückt über meine ziemlich lahme Auffassungsgabe.

Das heißt wohl, dass ich keinen Hirnschaden habe, kriege ich noch mit. Noch nie in meinem Leben war ich so müde. Ich drifte ab und gerate in eine dunkle Wohnung. Tack, tack, tack ist das einzige Geräusch in dem schmuddeligen Raum. Durch die Schlitze in einer französischen Tür kann ich sehen, dass draußen die Sonne scheint. Es riecht nach Süden, aber hier drin ist es kalt.

Meine Finger hämmern unaufhörlich auf der Tastatur eines Computers. Ich muss das Drehbuch fertig schreiben, unbedingt. Hinter mir höre ich ein kratzendes Geräusch und kurz darauf ein kehliges Lachen. Ich weiß, ich darf nicht hinsehen, sonst passiert etwas Schreckliches. Um Gottes willen nicht umdrehen! Dann wieder das höhnische, nach Aufmerksamkeit heischende Lachen. Ich nehme all meinen Mut zusammen und drehe mich mit einem Ruck nach hinten um.

In einem kleinen Käfig hockt ein verfilztes, mit schorfigen Krusten übersätes Wesen. Bei seinem Anblick läuft es mir kalt den Rücken herunter. Wer ist das?

Ein stechender Schmerz in meinem Hals holt mich zurück. Irgendwas brennt auf meiner Haut, als würde jemand Zigaretten auf mir ausdrücken, falls sich das so anfühlt.

Ich blinzele und sehe eine Frau in Weiß mit langem blonden Haar. Möglichkeit eins: Das ist eine Ärztin. Möglichkeit zwei: Ich bin endlich im Himmel, und ein Engel ist mir erschienen.

Ich höre Juri reden: »Gleich hast du's geschafft, nur noch ganz kurz ... Du bist tapfer, Schwesterchen.«

Ein Schmerz wie von Feuer. Juri neben mir streichelt meine Hand.

Tja, wohl doch nicht im Himmel, also Möglichkeit eins.

Die Ärztin, aka kein Engel, jammert: »Ich komme so schlecht an der Sehne vorbei, es flutscht immer weg.«

Das klingt für meine Begriffe nicht gut. Und wieder spüre ich den Feuerschmerz. Mein Bruder redet mit warmer Stimme auf mich ein. Gleich habe ich's geschafft.

»Was denn eigentlich?« Ich höre mich lallen wie ein Vollalki.

Die Ärztin erklärt knapp, dass ich einen Zugang an den Hals genäht bekomme. Offenbar ohne Betäubung, sonst würde es nicht so verdammt wehtun. Was zum Teufel ist überhaupt ein Zugang? Immer wenn ich mich versuche zu konzentrieren, zersplittern meine Gedanken in tausend Teile.

»Die gute Nachricht ist aber, dass der blöde Tubus raus ist«, versucht mein Bruder mich aufzumuntern. Ich habe keine Ahnung, wovon er redet.

Als die Ärztin fort ist, bettele ich Juri mit meiner Besoffski-Stimme an, mich nach Hause mitzunehmen. »Olli kann dir doch helfen? Ich will hier weg, ich muss mein Drehbuch fertigschreiben. Die warten doch alle auf mich!«

Mein Bruder lächelt mich lieb an. Ich bin anscheinend nicht in Berlin, wo ich wohne, sondern in der Stadt meiner Eltern. Wir wollten zusammen Weihnachten feiern. Um das Drehbuch soll ich mir jetzt keine Sorgen machen, das ist fertig und wird schon gedreht. Trotzdem, er versteht, dass ich hier bald rauswill.

Unbeirrt lalle ich weiter. Er soll mich gleich mitnehmen, damit ich mich auf das Sofa meiner Eltern kuscheln kann. »Mama kocht mir Suppe und päppelt mich auf. Dann feiern wir schön Weihnachten, so wie wir es bestimmt wollten, mit Plätzchen und Braten und Knödeln, und alles wird gut.«

Mir fällt noch was ein: »Ich habe so viele Geschenke für euch alle. Kannst du die vielleicht einpacken? Das hab' ich nicht mehr geschafft. Und zu Hause in Berlin ist Olli dann da und hilft mir. Vielleicht kann ich das Drehbuch ja auch im Liegen zu Ende schreiben?« Ich glaube, ich lalle immer noch. Meine Zunge wiegt mindestens zehn Kilo. Ich schaue zu meinem Bruder hoch.

Jetzt sieht er plötzlich sehr traurig aus.

Leicht panisch beharre ich darauf, dass er mich hochhievt, damit ich schon mal packen kann.

Juri hat Tränen in den Augen, glaube ich. Er atmet tief aus und erklärt mir, dass ich erst mal zu Kräften kommen müsse. Es habe mich ganz schön erwischt.

»Ich will aber nach Hause!« Eben waren wir uns doch einig, dass ich hier wegmuss. »Juri, bitte. Oder ruf Olli an. Olli kann ...« Vor lauter Verzweiflung fange ich an zu weinen. Irgendein Gerät piepst wieder.

Juri setzt sich sofort zu mir ans Bett. Er sieht mich ernst an und verspricht, mich noch heute Nacht hier wegzuholen. Er habe einen ganz tollen Plan, aber der funktioniere nur im Dunkeln: »Ich gehe jetzt los, Nachtsichtgeräte besorgen und den Grundriss. Wir seilen uns von der Hauswand ab. Ruh du dich aus, du musst nachher fit sein, okay?«

Gott sei Dank. Ich frage sicherheitshalber, ob er mich eventuell Huckepack nehmen könne, nur falls ich nicht den ganzen Weg schaffe. Und können wir ein paar Infusionen klauen, so für die erste Zeit?

Die Antwort versuche ich noch mitzubekommen, aber keine Chance. Ich dämmere weg.

Als ich aufwache, bin ich allein. Es ist unfassbar laut hier auf dieser Intensivstation. Es gibt keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht, unaufhörlich piepsen alle möglichen Geräte vor sich hin. Hier und da hört man jemanden vor Schmerzen stöhnen oder schreien. Sehen kann ich niemanden, weil mein Bett mit weißen Vorhängen umzäunt ist. Es wäre ein super Set-up für einen Stanley-KubrickFilm oder irgendeine Quälvariante von »Big Brother«.

Ich bin wirr im Kopf und fühle mich fiebrig. Meine Haut ist so empfindlich. Ich würde so gerne wieder einschlafen, aber es geht nicht. Alles tut mir weh und umdrehen ist nicht, wegen der vielen Schläuche. Ich gucke an mir herunter.

Wirklich verdammt viele Schläuche. Ein paar führen unter mein Krankenhaushemd. Ich traue mich aber nicht nachzusehen, wohin genau. Am Hals sind welche mit kleinen Plastikventilen vorne dran, das hat mir vorhin die Ärztin erklärt. Immer wieder, wenn ich hinunterlinse, falle ich Idiot kurz darauf rein und freue mich, dass ich tolle neue Rastazöpfe mit Perlen habe.

Immer wieder drifte ich in erschreckend reale Albträume ab. So müssen sich Verrückte fühlen. Ich merke, dass ich anfange, Unsinn vor mich hin zu brabbeln, wie »bitte verlass mich nicht« zu irgendeinem Pfleger, aber ich kann es nicht verhindern. Danach schäme ich mich.

Vorhin, gestern oder wann auch immer, war ich mir ganz sicher, dass jemand mit einer Waffe direkt hinter der Trennwand steht. Ich war der festen Überzeugung, die Klinik sei evakuiert worden, aber mich hatte man vergessen. Stundenlang muss ich, starr vor Angst, so dagelegen haben. Ich flüsterte immer wieder: »Bitte schießen Sie nicht! Ich bin auf Ihrer Seite!« Wieder und wieder flüsterte ich das als Mantra für mich und den imaginären Mann mit der Pistole, was niemand bemerkte, weil niemand bei mir war und ich mich auch nicht bewegen konnte. Ich krieg' gerade mal so einen Finger hoch, wenn ich es schaffe, mich zu konzentrieren. Mein Körper fühlt sich an, als hätte mich ein sehr schlechter Schreiner aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt und irgendwann mittendrin keinen Bock mehr gehabt.

Ich wünschte, ich könnte wieder einschlafen, aber das Fieber quält mich, und es ist so laut hier.

Neben mir Stöhnen. Einer bettelt nach Schmerzmitteln. Er bekommt aber nichts mehr, weil er anscheinend schon einiges intus hat, wie der Pfleger ihm erklärt.

Auf der anderen Seite stirbt jemand. Ich kann durch den Vorhangschlitz nur die Schuhe seiner Besucherin sehen. Sie weint und flüstert unablässig: »Papa, bitte, bleib bei uns, wir brauchen dich doch! Deine Enkelin braucht dich. Bitte, gib nicht auf, Papa.«

Keine Antwort.

Sie sagt es wieder und wieder, aber nie kommt eine Antwort.

Ich hoffe, dass er einfach nur auch einen Tubus im Hals hat. Jedes Mal, wenn ich kurz einschlafe und wieder aufwache: die flehende Stimme der Tochter, mit der ich fühle, ob ich will oder nicht. Nur für den Fall, dass Telepathie funktioniert, schicke ich all meine hoffnungsvollen Gedanken rüber.

Er scheint ein guter Vater zu sein, so wie seine Tochter um ihn kämpft.

Am nächsten Morgen sehe ich durch den Schlitz, dass das Bett neben meinem abgezogen wird. Keine Spur mehr von der Tochter und ihrem Vater. Zum ersten Mal finde ich es leise hier. Ein Kloß steckt mir im Hals. Tod im weißen Viereck. Danach wird die Bettwäsche gewaschen, gemangelt, und dann stirbt der Nächste drauf.

Ich muss an meinen eigenen Vater denken und daran, wie er mir gezeigt hat, wie man mit dem neuen Schweizer Messer eine Holzflöte schnitzt. Mir fällt der Tag ein, als ich meine ersten Schulhefte kaufen durfte und ein Kassierer mir falsch rausgab, der dann so tat, als hätte ich gelogen.

Noch nie zuvor hatte ich meinen Vater wütend gesehen. Er nahm mich an der Hand und marschierte durch das Kaufhaus, grenzenlos empört, dass jemand sein Kind der Lüge bezichtigte. Er machte so lange Ärger, bis der Geschäftsführer kam, mir die Differenz von einer Mark fünfzig aus seinem Portemonnaie übergab und sich entschuldigte. Spätestens da war mir klar, dass mein Vater nie zulassen würde, dass jemand mir wehtut. Wie es ihm wohl jetzt geht, wo ich seit Neuestem ein behindertes Knochengerippe bin?

Eine Gestalt nähert sich mit hörbar entschlossenen Schritten. Ich bete, dass es nicht die blonde Ärztin mit der Nähnadel ist.

Sie ist es nicht, sondern Juri, mein Bruder. Er erzählt mir, dass unsere Eltern gestern lange da waren.

Ich kann mich nicht erinnern, ich bin so unfassbar lahm im Kopf. Das liegt vielleicht an dem Tropf, aus dem irgendwas Blassgelbes in meinen Hals läuft. Ich sollte eventuell mal fragen, womit die mich hier vollpumpen.

Juri zuckt mit den Schultern. »Freu dich doch, völlig legal und ohne Dealer bekommst du den besten Stoff. Ich kann dir zumindest sagen, dass es etwas Gutes ist. Du siehst schon so viel besser aus. Das ist doch jetzt wichtig.«

Und schon ist mein Interesse erloschen. Er hat recht. Im Gegensatz zu meinem ehemaligen Bettnachbarn lebe ich, und darum geht es. Der Medikamentenwahn hat immerhin auch seine guten Seiten. Ich kneife die Augen zu und sehe ein putziges Eichhörnchen, das mir zuwinkt wie in einem Disneyfilm. Wie süß! Wie ist denn das hierhergekommen? Ich würde es gerne streicheln. Moment mal, kann das überhaupt sein?

Ich frage meinen Bruder, ob er sieht, was ich sehe.

Ein zweifelnder Blick.

Jetzt führt das Eichhörnchen einen kleinen Tanz auf. Ich sehe jubelnde kleine Fäuste.

Juri lacht über meine Empörung, aber er muss mich leider enttäuschen in puncto Nager: »Das sind wohl die Nachwirkungen der letzten Wochen.«

Ich verstehe nicht. Ich bin doch erst gestern mit dem Nierenstein hergekommen.

Als ich den Schrecken in seinem Gesicht sehe, wird mir schlecht. Irgendein Gerät fängt grell an zu piepen. Eine Schwester schießt herein und sagt, ich solle mich beruhigen. Entschlossen drückt sie mir die Sauerstoffmaske auf Mund und Nase. Panik liegt in der Luft, und ich bin Darth Vader.

Juri entschuldigt sich immer wieder. Es tue ihm so leid, sagt er, er habe sich vertan. Der Nierenstein, natürlich. Gestern.

Das verwirrt mich noch mehr. Wie kann man sich denn mit so was vertun? Ich fange an zu weinen, neben mir der verzweifelte Juri. Irgendwann schlafe ich ein.

Diesmal wartet wieder das blutig zerkratzte Wesen auf mich. Aus seinem Käfig heraus stochert es mit einer langen spitzen Nadel nach mir. Es will in mein Herz. Daneben steht eine höhnisch lachende Blondine, die mir bekannt vorkommt, und feuert das Monster an.

Ich kann mich vor Schreck nicht bewegen. Das Monster kommt aus seinem Käfig – es steigt einfach zwischen den Stäben durch! – und hockt sich auf meine Brust. Ich schnappe panisch nach Luft.

Schweißgebadet wache ich auf. Die Atemmaske darf ich auch nachts nicht absetzen, dabei kommt es mir vor, als würde ich darunter ersticken. Ich habe das sichere Gefühl, dass jemand neben meinem Bett steht und mich ansieht. Da ist ein kalter Hauch an meinem Bein. Es ist jemand hier.

Was sagt man noch mal über Geister? Man darf ihnen keine Angst zeigen. Vielleicht ist es jemand, der sich von diesem Ort verabschieden will. Oder will er mich holen?

Mir ist unsagbar kalt. »Geh bitte weg«, flüstere ich unter meiner Darth-VaderMaske. Und: »Du kannst mich nicht mitnehmen. Hau ab.«

Hau ab, hau ab, hau ab. Das mache ich so lange, bis ich wegnicke. Als ich aufwache, bin ich allein.

Nein, nicht ganz. Zur hektischen Melodie der Piepsgeräte schreit jemand »Hilfe« und dann, wütend, »Polizei«. Ich scheine einen neuen Nachbarn zu haben. Es riecht sogar durch meine Atemmaske hindurch nach Urin und Erbrochenem. Ich höre, wie sich zwei Krankenschwestern nebenan im Flüsterton darüber streiten, wer den anscheinend betrunkenen und vor Dreck starrenden Mann waschen muss.

Da fällt mir ein: Auch ich habe mich seit der Einlieferung nicht mehr gewaschen. Und ich habe nicht die geringste Ahnung, wann das war.

CHAPTER 2

Schneewittchen

Eine fröhliche Schwester steckt ihren Kopf durch die Vorhänge und strahlt mich an. Sie möchte wissen, ob »die kleine Micky Maus« schon wieder wach ist. Ich schätze mal, das bin wohl ich. Ich versuche ein Grinsen und verkünde: »Micky Maus ist topfit und bereit, und wer bist du? Goofy?« Nein, sie heißt Schwester Manuela. Das tut gut, wenn man von einem so sonnigen Gemüt betüddelt wird. Sie kommt mit einem Tablett an mein Bett und verkündet feierlich, dass ich jetzt, wo der Ernährungsschlauch raus ist, das erste Mal essen darf.

Ich habe gar nicht mitbekommen, dass der gezogen wurde. Sie erklärt mir, dass ich da wohl wieder weggedämmert war. Aha. Na, dann mal her mit dem Festmahl!

Das Festmahl besteht allerdings nur aus einem Becher Joghurt. Man reiche mir also einen Löffel! Ich bekomme erklärt, dass ich den noch nicht halten könne. Das macht mich etwas wütend. »Natürlich kann ich so einen Minilöffel halten!«

Die Schwester seufzt und legt meine Finger um den Griff. Dann lässt sie los, und es macht klack. Der verdammte Löffel ist mir einfach aus der Hand gefallen. Beschämt will ich es noch mal probieren und schneide auch beim nächsten Versuch nicht wesentlich besser ab. Krass, falls ich sterben sollte, könnte ich noch nicht mal den Löffel abgeben, sagt mein albernes Ich.

Micky Maus wird also gefüttert. Schwester Manuela führt einen Löffel an meine Lippen, und mein Schreck über den Misserfolg von eben weicht großer Begeisterung. Jede einzelne Portion lasse ich mir auf der Zunge zergehen und stöhne auf vor Wohlbehagen. Mit Sicherheit habe ich niemals etwas derart Köstliches gegessen! Welch eine Delikatesse, welch Wunderwerk der Joghurtklöppelkunst!

Ich verlange, das Etikett zu sehen, und muss sofort lachen. Schwester Manuela lacht herzhaft mit. Ich esse gerade den gewöhnlichsten Schrottjoghurt aller Zeiten. Mindestens einen goldenen Becher hatte ich erwartet oder eine Sonderedition mit hierzulande unbekannten exotischen Früchten. Schwester Manuela erklärt mir, dass das immer so ist, wenn man wieder feste Nahrung bekommt. Man würde auch einen Abspülschwamm ungeheuer köstlich finden.

(Continues…)


Excerpted from "Wir von der anderen Seite"
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Table of Contents

Der Autor / Das Buch,
Titelseite,
Impressum,
Widmung,
Intensivstation,
Schneewittchen,
Girlfriend in a Coma,
Gucci und Prada,
Normale Station für Dies und Das,
Mein Barbie-Büro-Und-Wohnset,
Abschied,
Station Herzklappengott,
Teure Chronometer,
Normale Menschen, die Kuchen essen,
My Heart will Go On,
Ans Meer,
Fucking Makake!,
Kraft,
Sicherheit,
No Place Like Home,
Psychos und Therapie,
Ich falle,
Hold Heart,
Grün ist keine schöne Farbe,
Dank,
Social Media,
Vorablesen.de,

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