Teufels Tag: Roman

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Overview

"Eine beeindruckend ungemütliche Lektüre." Times Literary Supplement

Viel hat sich nicht verändert, seit John das kleine Tal in den englischen Endlands verlassen hat, um als Lehrer in der Stadt zu leben. Noch immer werden jeden Herbst die Schafe aus dem Moorland zusammengetrieben und noch immer begeht man den Devil's Day. Für die Kinder sind die Rituale und Feierlichkeiten ein großer Spaß, die Älteren wissen noch, was im Jahre 1913 passiert ist, als man den Teufel einmal nicht davongejagt hat. Erst kam ein Blizzard, dann fuhr der Teufel in Mensch und Tier, ließ die Alten an blutigem Husten ersticken und Jüngere erfrieren. Zuletzt war Johns Großvater für die Einhaltung der Bräuche zuständig, doch jetzt ist er tot. Als John mit seiner schwangeren Ehefrau zur Beerdigung anreist, steht der Devil's Day kurz bevor und merkwürdige Vorfälle häufen sich.

 

"Der neue Meister des Bedrohlichen. Dieser gruselige Nachfolger von Loney unterstreicht, dass sein Autor jemand ist, den man auf dem Schirm haben sollte." Sunday Times

"Ein großartig geschriebener Roman, der den Leser rätselnd und verstört zurücklässt. Spannend!" Metro

"Hurleys meisterlicher zweiter Roman bestätigt nachdrücklich die Verheißung seines preisgekrönten Debüts." Mail on Sunday

"Hurley ist ein hervorragender Erzähler. Er führt dich ins Moor, ins Auge eines Schneesturms, dabei kleine Andeutungen hinterlassend, unheimliche Hinweise auf Teufeleien und dämonische Besessenheit. Dann wechselt er die Richtung, wühlt in den Spuren im Schnee, schnellt dir neue Schurkereien entgegen und lässt dich nachts in den Hügeln zurück." The Times

"Die nebulöse Präsenz des Teufels ist so greifbar heraufbeschworen in diesem Roman, dass ich mich manchmal kaum getraut habe aufzusehen, aus Angst er könnte mich vom Stuhl neben mir aus angrinsen." Literary Review

"Beunruhigend und atmosphärisch, die Schönheit dieses Romans liegt in seiner Trostlosigkeit." The Lady

"Dieser makellos geschriebene Roman schließt sich wie eine feuchte Hand um Ihre Kehle." Daily Mail

"Das ist eine Geschichte mit Sog. Das lebendige, sich steigernde Gefühl des Bösen ist eng verwoben mit den Annahmen darüber, wie die dargestellte Art zu leben ist, diese offenbar zeitlose Beziehung zwischen Landbewohnern und Moor." Guardian 

"Er beschreibt auf wunderschöne Weise eine trostlose Landschaft und das Gefühl, dass etwas Teuflisches und Unerkennbares in den Mooren ist, zwischen den Hügeln und auf den Pfaden." Sunday Express

"Der Nachfolger von Loney verbindet Mythen, Landschaft und Horrorelemente mit unheimlicher Wirkung." Financial Times

"Hurley ist ein sehr guter Autor, mit Interessen, die ihn leicht abseits des Mainstreams positionieren, ein Abstand, der ihn extrem interessant macht." John Boyne, Irish Times

 


Product Details

ISBN-13: 9783843718639
Publisher: Ullstein Ebooks
Publication date: 10/26/2018
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 384
File size: 3 MB
Language: German

About the Author

Andrew Michael Hurley, geboren 1975, lebt nach Stationen in Manchester und London in Lancashire, wo er Englische Literatur und Kreatives Schreiben unterrichtet. Sein erster Roman Loney wurde im Januar 2016 mit dem Costa Award für das beste Debüt des Jahres ausgezeichnet.
Loney wurde im Januar 2016 mit dem Costa Award für das beste Debüt des Jahres ausgezeichnet.

Yasemin Dinçer studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf. Sie hat unter anderem Werke von Shirley Hazzard, Chanel Miller und Andrew Michael Hurley aus dem Englischen übertragen und ist mehrfache Stipendiatin des Deutschen Übersetzerfonds. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Der Schneesturm

Eines Tages gegen Ende Oktober, vor etwas mehr als hundert Jahren, wollten die Bauern in den Endlands ihre Schafe von den Hochmooren zusammentreiben, wie sie es jeden Herbst taten. Doch in diesem Jahr, während die Hirten ein widerspenstiges Lämmerpaar aus dem Torfmoor zogen, tötete der Teufel eine der Auen und riss ihr den Schafpelz ab, um sich unbemerkt unter die Herde zu mischen.

Auf den Bauernhöfen im Tal huschte er dann von einem Haus zum nächsten, und da er zu listig war, um sich fangen zu lassen, offenbarte er sich nur in all dem, was er befiel. Er war die Made im Auge des guten Hundes, der Krebs, der die Keimdrüsen des Schafbocks verfaulen ließ, das Blut in der Milch für das Baby.

Die Geschichten drangen langsam durch das Tal bis zu den Bewohnern des Dorfes Underclough vor, die weder überrascht noch entsetzt darüber waren, dass jener heidnische Haufen in den Endlands vom Owd Feller heimgesucht wurde, unterdessen jedoch ihren Pfarrer aufforderten, etwas zu ihrem eigenen Schutz zu unternehmen. Aber dieser war alt und gebrechlich und wollte sich nicht allein mit dem Teufel anlegen, weshalb er den Bischof um einen Assistenten bat und damit einen Stellvertreter meinte.

Der Priester, der dann mit seinem Kruzifix und seinem Weihwasserwedel erschien, war ein junger Mann, der seinem Ruf voller Skepsis folgte. Er beschloss, sich als Missionar zu verstehen, als Lichtbringer in diesem dunklen Tal. Diese Leute waren nicht besser als die leichtgläubigen Wilden in den Kolonien, die Geister in allem sahen, was sie umgab, von den Wolken bis zum Staub. Sie verdienten sein Mitleid.

Aber als er die Tiere vor seinen Augen verenden und das Blut aus der Brustwarze der Amme tropfen sah, da geriet sein Mut ins Wanken, und der Teufel brachte einen Schneesturm in das Tal, der tagelang andauerte.

Die kleinen Häuser im Dorf erstickten unter Schneewehen, die bis zu den Fenstern anstiegen, und die Holz- und Torfvorräte, die für den gesamten Winter hätten reichen sollen, waren schnell verbraucht. Von der eingeschüchterten Kirche auf der anderen Seite der Brücke ging kein Licht aus, und auf dem Friedhof wurden die Toten ein zweites Mal begraben, als eine größere Woge Schnee ins Tal hinab und über das Ackerland fegte. Mensch und Tier waren gezwungen, sich um dieselbe Wärme zu scharen. Ferkel und Jagdhunde schliefen auf den Kaminvorlegern. Der Widder dampfte in der Küche.

Die Tage wurden spät hell und endeten schnell, und die ersten Menschen starben. Zunächst die älteren Leute, die sich ihre Lungen in tomatenhautähnlichen Fetzen aus dem Leib husteten, dann die Kinder, die im Fieber verglühten.

Am schlimmsten, am allerschlimmsten war ihren Berichten zufolge jedoch, dass man unmöglich vorhersagen konnte, wen der Teufel als Nächstes heimsuchen würde. Er hinterließ keine Fußstapfen im Schnee, er klopfte nicht an die Tür. Es war, wie sie sagten, als wäre er die Luft an sich. Das Zeug, das sie einatmeten.

Die Dorfbewohner von Underclough gaben den Bauern in den Endlands die Schuld, und die Bauern begannen sich zu fragen, ob sie das Unheil tatsächlich selbst über sich gebracht hatten, ob es irgendein Zeichen gegeben hatte, das sie übersehen hatten und das nun eiterte wie eine offene Wunde. War nicht im Sommer eines Abends eine Dohle in das Haus der Curwens geflogen und hatte sich an den Wänden selbst zu Tode geschlagen? Hatten die Dyers-Kinder nicht auf dem Friedhof gesehen, wie ein Hase Knochen ausgrub? Dann war da noch jener warme Samstag im September gewesen, als Joe Pentecost, betrunken von Sherry und Stolz, sein Glas hatte fallen lassen, während er beim Hochzeitsessen seiner Tochter die Tischrede hielt. Sie hatten ihn alle ausgelacht, hatten ihm seinen Augenblick der Tollpatschigkeit verziehen und sich nichts dabei gedacht. Nun jedoch stritten sie über jenes Ritual, das das Unglück gemeinsam mit dem verschütteten Wein fortgewischt hätte. Allerdings konnte sich niemand mehr daran erinnern, was zu tun war, ihnen kamen lediglich Fragmente alter, mahnender Geschichten in den Sinn, die sie dazu brachten, ihre Katzen hinaus in den Schnee zu werfen und Salz auf ihre Treppenstufen zu streuen.

Was sie auch taten, am Ende bewirkte es nur wenig. In jenem Herbst starben auf den Höfen und im Dorf dreizehn Menschen. Ihre Leichname wurden in Decken gewickelt und in Scheunen und Hinterhöfen gelagert, bis sie in eine Erde hinabgelassen werden konnten, die weich genug war, um sie aufzunehmen.

CHAPTER 2

Briardale Moss

Nein, erzähl mir eine andere Geschichte, sagt Adam. Die kenne ich schon.

Alle Geschichten aus dem Tal beginnen unweigerlich mit dem Teufel, entgegne ich.

Aber es muss doch welche geben, die ich noch nicht gehört habe, beharrt er. Du kennst Hunderte davon.

In den letzten paar Jahren habe ich mir einen Ruf als Geschichtenerzähler erworben, genau wie der Gaffer, mein Großvater. Allerdings gibt es einige Geschichten, die Adam nicht würde hören wollen. Die ich besser für mich behalte.

Komm schon, bettelt er. Erzähl mir eine aus der Zeit, als du so alt warst wie ich.

Später, sage ich. Wir sind schließlich hergekommen, um Schnepfen zu schießen, oder etwa nicht?

Er nickt auf seine seltsame Weise und streichelt Jenny mit einer Hand über den Rücken, während er mit der anderen meine Hand fest umklammert.

Du musst loslassen, Adam, ermahne ich ihn. Sonst können wir gar nichts tun.

Er lockert seinen Griff, bleibt jedoch dicht an meiner Seite, in Riechweite, und neigt den Kopf so, dass er das Schwappen des Sumpfwassers hören kann.

Es ist ein kalter Frühlingsabend, und der letzte Rest Tageslicht verschwindet langsam aus dem Moss, gleitet aus dem Tal hinauf auf die Hochmoore, weicht westwärts zurück in Richtung Meer. Die Abenddämmerung hat den Bergrücken bereits die Farbe genommen und das Geräusch des Wassers in Fiendsdale Clough anschwellen lassen. Irgendwo in der Dunkelheit strömt der Fluss gegen die Ufer, die er während der Stürme Anfang des letzten Monats geschaffen hat, und schlängelt sich bis hinein in die schwarze Masse von Sullom Wood. Die Luft fühlt sich an wie gehäutet. Aber Adam ist ein guter Junge und hat kein Wort darüber verloren. Wie alle Jungs in seinem Alter ist er stolz auf seine Tapferkeit. Etwas durchstehen zu können, ohne Tränen zu vergießen, ist eine Auszeichnung, die alle Söhne vor ihren Vätern tragen wollen. Aber ich weiß, dass er mich um Geschichten bittet, weil er abgelenkt werden möchte. Ich weiß, dass er sein Bestes gibt, seine Angst davor, so nah am Wasser zu sein, nicht zu zeigen.

Erinnerst du dich noch daran, was du zu tun hast?, frage ich, während ich erst eine, dann eine weitere Patrone in die Browning stecke, die Dadda mir vererbt hat. Die Doppelflinte mit dem Walnussschaft.

Jetzt?, fragt Adam.

Ich sage dir, wann.

Noch ein paar Jahre, dann hätte ich ihm beibringen sollen, wie man im Moss schießt. Ich selbst habe mit zwölf geschossen. Waldschnepfen und Tauben und Fasane. Sachen, die wir essen konnten. Adam wird natürlich niemals ein Gewehr abfeuern, aber das heißt nicht, dass er sich nicht nützlich machen kann. Er kann immer noch die Vögel aus ihren Verstecken aufscheuchen, er kann mein Treiber sein.

Mit dem Kolben an der Schulter vergrößere ich den Abstand zwischen uns, und als er meine Stimme weiter entfernt hört als erwartet, weiter entfernt, als ihm lieb ist, sagt er: Daddy, und streckt seine Hand nach mir aus.

Ich bin immer noch da, beruhige ich ihn. Dir passiert nichts. Du befindest dich noch nicht einmal in der Nähe des Wassers. Tu, was ich dir gesagt habe. Na los.

Er hält sein Gesicht noch einen Augenblick in meine Richtung gewandt und beginnt dann, in die Hände zu klatschen.

Eine Laune der Akustik lässt das Geräusch klingen, als käme es von den Bergrücken, sodass es uns die Vögel aus dem Unterholz entgegentreibt. Diesen Trick hat mir Dadda beigebracht, dem er vom Gaffer überliefert wurde, der ihn wiederum von seinem alten Herrn gelernt hat, und dieser von seinem, und so weiter, immer weiter zurück. Um ehrlich zu sein, würde es mich nicht überraschen, wenn schon seit Jahrhunderten Väter und Söhne hierherkämen, um sich in der Dämmerung zu verstecken und aus dem Schlagen der Flügel ihr Abendessen herauszuschießen.

Lauter, fordere ich, Adam nickt, und sogleich lässt das Echo die Krickenten und Austernfischer aus dem seichten Gewässer aufsteigen und klagend über unsere Köpfe eilen. Ein Reiher klettert gemächlich empor, dann platzen die Schnepfen aus den Binsen und schlängeln sich tief über dem Sumpfland, wobei ihr Spiegelbild im Wasser zu kleinen braunen Sensen verzerrt wird. Ich richte die Gewehrläufe etwas vor sie, verliere eine, die mit den sich verdunkelnden Schatten verschmilzt, und hole die andere mit dem zweiten Schuss herunter, als sie sich vor dem Weiß der Ebereschen in der Nähe des Tores zu erkennen gibt. Adams Schultern zucken beim Knall des Gewehrs, und die Schnepfe schreckt mitten im Flug auf und fällt in hohem Bogen irgendwo auf das Feld, das wir in diesem Jahr haben brach liegen lassen.

Halt sie fest, weise ich ihn an, und er packt Jenny fester am Halsband, ehe sie davonjagen kann, um den Vogel aufzusammeln. Sie muss sich ihre schlechtesten Instinkte abtrainieren.

Lass sie Sitz machen, Adam, sage ich, klappe das Gewehr auf und schüttele die leeren Patronenhülsen heraus. Sie muss wissen, wer das Sagen hat.

Er fährt ihr mit der Hand über den Rücken und drückt ihr das Hinterteil nach unten. Mit einem Mal wird es noch dunkler, und ein stärkerer Windstoß biegt das Schilfrohr. Das Moss kräuselt sich. Jenny blinzelt und wartet.

Jetzt schick sie los, sage ich, und Adam macht das Geräusch, das ich ihm beigebracht habe, ein lautes Zungenschnalzen, und lässt Jenny laufen. Sie prescht davon, windet sich unter dem Weidentor hindurch, ganz berauscht von dem Geruch, und bringt den Vogel völlig zerfetzt zurück.

Adam kann sie hören und riechen, und sie presst ihre Stirn in seine Handfläche.

Lass los, befiehlt er ihr und berührt den Vogel in ihrem Maul. Als sie nicht gehorcht, versucht er, ihr die Finger zwischen die Zähne zu schieben.

Nein, sage ich. Auf die Nase.

Er drückt ihr eine Hand gegen die Wange und versetzt ihr mit der anderen einen zögerlichen Klaps, der sie jedoch nur knurren lässt.

Härter, sage ich. Sonst wird sie es nie lernen.

Ein kräftiger Schlag auf die Schnauze, und sie tut, was man ihr sagt. Beim nächsten Mal wird sie sich an den Schmerz erinnern. Sie wird ihn schon erwarten, wenn Adam nur die Hand erhebt, und das Maul öffnen, sobald er es ihr befiehlt. Sie ist ein schlaues Mädchen. Alles in allem sanft und gutmütig. Eher aus Enthusiasmus als aus Boshaftigkeit hat sie die Schnepfe geköpft.

Lass sie für die Dohlen zurück, Adam, sage ich. Wir haben genug.

Hand in Hand und bis zu den Knien mit Schlamm bespritzt folgen wir langsam dem Weg zurück zum Bauernhof, während Jenny vorausrennt, wartet, weiterrennt, hinund hergerissen zwischen ihrem Gehorsam mir gegenüber und ihrem Bedürfnis, die Grenzen ihres Territoriums zu erschnüffeln. Adam trägt Daddas alte lederne Jagdtasche über der Schulter und kann es sich nicht verkneifen, seine Finger hineinzustecken und die Stockenten zu berühren, die ich zuvor geschossen habe. An ihren Federn klebt noch immer der Geruch ihres Blutes und der Geruch des Wassers. Wenn wir zurück auf dem Hof sind, werden wir die Kugeln herausholen und die Tiere über Nacht in die Spülküche hängen. Und dann habe ich Adam versprochen, ihm beizubringen, wie man sie ausweidet und für den Ofen vorbereitet.

Ist es jetzt dunkel?, fragt er. Es fühlt sich kälter an.

Fast, erwidere ich. Mam hat die Lichter angezündet.

Sind schon Sterne zu sehen?, möchte er wissen.

Ein paar, antworte ich. Orion. Der Große Wagen.

Er kennt ihre Umrisse. Ich habe seine Hand gehalten und sie mit seinem Finger nachgezogen.

Ist der Mond rund oder schmal?, fragt er.

Rund, sage ich. Vollkommen rund.

Ein aufgedunsenes, erstauntes Gesicht, wie das eines Toten unter Wasser.

Wo ist er?, hakt er nach.

Hinter uns, erkläre ich. Er steigt über den Drei Schwestern auf. Er verlängert unsere Schatten.

An einem anderen Abend hätte er noch ein Dutzend weitere Fragen gestellt, aber er ist müde, und jeder seiner Schritte über den Kies ist ungelenk, und zwar mit Absicht. Er würde es nicht zugeben, aber er möchte, dass ich ihn trage. Zumindest, bis wir den Asphalt erreicht haben.

Hier, sage ich, und drücke ihm das Gewehr in die Hand, um ihn abzulenken.

Er hängt es sich aufgeklappt über den Arm, obwohl es für ihn so schwer ist wie ein Paar Bleirohre, dreht das Gesicht meiner Stimme zu und grinst. Trotz allem hegt er keinen Zweifel daran, dass dies alles ist, was er sich wünscht. Im Augenblick seiner Geburt gehörte der Hof bereits ihm, genau wie er mir gehörte, als meine Mam mich auf die Welt brachte. Er spürt seine Großväter hinter sich und stellt sich seine Söhne vor, die vor ihm gehen. In seinem Alter ging es mir ganz genauso. Aber danach bin ich vom Weg abgekommen.

Dann erzähl mir eine Geschichte, sagt er. Erzähl mir eine über den Gaffer, nicht über den Teufel. Wir haben noch Zeit für eine, nicht wahr?

Das Problem dabei ist, dass in den Endlands eine Geschichte das Erzählen einer weiteren erfordert, und dann noch einer, und in jeder von ihnen spielt der Teufel seine Rolle.

CHAPTER 3

Die Endlands

Ich hatte immer gewusst, dass der Tod des Gaffers plötzlich kommen würde, wie wenn eine Glühbirne durchbrennt und das Glas schwärzt. Dennoch war ich, als Dadda eines Abends anrief, um mir die Nachricht zu übermitteln, unwillkürlich schockiert darüber, dass er fort war. Schockiert und gefühlt auf einmal sehr weit entfernt von unserem Hof.

Damals lebte ich in Suffolk, war frisch verheiratet und unterrichtete an einer Jungenschule am Rande der Fens. Es war schwierig, öfter als zwei-, dreimal im Jahr zurück in die Endlands zu fahren, also packte ich meist dann mit an, wenn ein weiterer Helfer gerade am dringendsten benötigt wurde: beim Lammen zu Ostern, oder zur Ernte im Sommer, oder in der Herbstzeit, wenn die Schafe von den Hochmooren heruntergetrieben wurden. Als Dadda ein paar Tage vor den Oktoberferien anrief, waren Kat und ich tatsächlich gerade beim Packen gewesen, um hinaufzufahren und beim Abtrieb zu helfen. Und das würden wir natürlich immer noch tun, nur würde zuerst eine Beerdigung stattfinden.

So unglücklich die Umstände auch waren, freute Kat sich darauf, den Ort zu sehen, an dem ich aufgewachsen war. Da es dem Kindergarten in den Ferien stets an Personal mangelte, hatte sie mich noch nie zuvor in die Endlands begleiten können und die anderen Bauernfamilien, die Dyers und die Beasleys, erst einmal getroffen, am Tag unserer Hochzeit in jenem Juni. Wenn ich es recht bedenke, kannte sie Dadda damals auch noch nicht besonders gut. Nach unserer Verlobung waren wir ein paarmal hoch nach Derbyshire gefahren, um uns mit ihm zu treffen, wenn er gerade dort war, um ein paar Schafe zu verkaufen, aber es hatte sich immer nur um eine schnelle Tasse Tee und ein Sandwich zwischen den Auktionen gehandelt, und er und Kat waren nicht über Small Talk über den Hof oder über ihre Eltern hinausgekommen.

Er hatte sich zwar nicht dazu geäußert, aber er schien sie recht gernzuhaben. Nicht dass ich seinen Segen erbeten oder benötigt hätte. Nun, da ich die Endlands verlassen hatte, war die Wahl meiner Ehefrau für den Hof nicht mehr von Belang. Doch zumindest hatte er sich die Mühe gemacht, sie kennenzulernen.

Der Gaffer war natürlich nie mitgekommen, und Kat bekam ihn zum ersten Mal im Standesamt zu Gesicht. Doch als ich ihr erzählte, dass er gestorben sei, war sie so bestürzt wie jeder im Tal und fragte mich während der gesamten Zugfahrt nach ihm aus, voller Enttäuschung darüber, ihn nun niemals besser kennenlernen zu können.

»Tut mir leid, wenn ich dich bombardiert habe«, sagte sie, als wir bei der letzten Station mit einem dumpfen Geräusch zum Stehen kamen. »Ich bin einfach bloß neugierig.«

»Na ja, mach das nur nicht mit Dadda«, warnte ich sie. »Er wird nicht über ihn reden wollen. Er wird einfach nur ganz normal weitermachen wollen.«

»Ich weiß«, meinte Kat. »Ich habe das schon einmal durchgemacht.«

»Das hier ist etwas anderes«, entgegnete ich.

»Verleugnung ist nichts Ungewöhnliches, John«, beharrte sie, als wir auf den Bahnsteig hinaustraten. »Die kleine Emma Carter hat mindestens sechs Monate lang über ihren Vater gesprochen, als wäre er noch am Leben.«

Etwa ein Jahr zuvor war der Vater eines der Kinder in ihrem Kindergarten gestorben, und Kat hatte alles getan, um der Familie zu helfen, mit dem Verlust zurechtzukommen. Sie hatte sie bei der Organisation der Beerdigung unterstützt und für Mrs Carter Briefe an die Versicherung und die Bank geschrieben, doch vor allem hatte sie sich um die Arbeiten im Haushalt gekümmert, die in Trauerzeiten oft vernachlässigt wurden. Sie sorgte dafür, dass das Haus sauber war und dass alle gut aßen, sie brachte den Müll raus und fütterte die Katzen.

Sie hatte die Carters auf unsere Hochzeit eingeladen, diese waren aber anscheinend noch nicht ganz bereit gewesen für große gesellige Zusammenkünfte und hatten stattdessen eine Karte geschickt. Ein handgemachtes Ding, für dessen Zustellung der Briefträger klopfen musste. Ich war als Strichmännchen mit Zylinder gezeichnet worden, Kat hatte Flügel und einen Heiligenschein.

Im Vorfeld der Hochzeit war Kat jeden Tag mit zwei, drei neuen Kreationen nach Hause gekommen, die die Kinder ihr mitgebracht und deren Pfeifenreiniger und Glitzer und Voile-Streifen sich unterwegs gelöst hatten. Sie zeigten alle mehr oder weniger dasselbe – eine Kirche, Konfetti und eine große gelbe Sonne –, auf einem jedoch sah man ein kleines Mädchen weinen, während Kat und ich Händchen hielten.

(Continues…)


Excerpted from "Teufels Tag"
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Copyright © 2017 Andrew Michael Hurley.
Excerpted by permission of Ullstein Buchverlage.
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