Postscript - Was ich dir noch sagen möchte (Postscript)

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eBookGerman-language Edition (German-language Edition)

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Overview

Der große aktuelle SPIEGEL-Bestseller von Cecelia Ahern. Ein tief bewegender Roman darüber, wozu wir da sind und was von uns bleibt. Die überraschende Fortsetzung des Weltbestsellers »P.S. Ich liebe Dich« – aber auch ganz unabhängig davon zu lesen.
»Greif nach den Sternen. Einen davon wirst du bestimmt erwischen.«
Vor sieben Jahren ist Holly Kennedys geliebter Mann Gerry viel zu jung an Krebs gestorben. Er hat ihr ein wunderbares Geschenk hinterlassen: eine Reihe von Briefen, die sie durch die Trauer begleitet haben. Holly ist stolz darauf, dass sie sich inzwischen ein neues Leben aufgebaut hat. Da wird sie von einer kleinen Gruppe von Menschen angesprochen, die alle unheilbar krank sind. Inspiriert von Gerrys Geschichte, möchten sie ihren Lieben ebenfalls Botschaften hinterlassen.
Holly will nicht in die Vergangenheit zurückgezogen werden. Doch als sie beginnt, den Mitgliedern des »P.S. Ich liebe Dich«-Clubs zu helfen, wird klar: Jeder von uns kann seinen ganz eigenen Lebenssinn finden. Und die Liebe weitertragen. Wenn wir uns nur auf die Frage einlassen: Was will ich heute noch sagen und tun, falls ich morgen nicht mehr da bin?
»Postscript« ist ein eigenständiger, tief berührender Roman über die essentiellen Lebensfragen: Wie können wir sinnvoll und glücklich leben, obwohl wir einmal sterben müssen? Was können wir unseren Liebsten mitgeben? Und was bleibt von uns?
Ergreifend, humorvoll und inspirierend schreibt Cecelia Ahern über das Leben und den Tod; über Schmerz, Liebe und Glück; über das Hier und Jetzt und die Zukunft.

Product Details

ISBN-13: 9783104911052
Publisher: FISCHER E-Books
Publication date: 10/23/2019
Series: PS, I Love You (Foreign Language Editions) Series , #2
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 432
File size: 6 MB
Language: German

About the Author

About The Author

Cecelia Ahern erzählt Geschichten, die unvergleichlich inspirieren und berühren. Sie ist eine der erfolgreichsten Autorinnen der Welt und vielseitig wie wenige andere, schreibt zeitgenössische Romane, Novellen, Storys, Jugendbücher, TV-Konzepte und Theaterstücke. Für ihre Werke wurde sie vielfach ausgezeichnet. Ihre Romane wurden fürs Kino oder fürs Fernsehen verfilmt, zum Beispiel »P.S. Ich liebe Dich« mit Hilary Swank und »Für immer vielleicht« mit Lily Collins. Cecelia Ahern ist Jahrgang 1981, hat Journalistik und Medienkommunikation studiert und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern im Norden von Dublin.

Christine Strüh, geboren 1954, lebt in Berlin. Sie ist Übersetzerin von Gillian Flynn, Cecelia Ahern, Judy Blume, Pete Hamill, Laini Taylor und anderen.

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Drei Monate früher

«Die langmütige Penelope, Frau des Odysseus, des Königs von Ithaka. Eine ernste, fleißige Person, eine hingebungsvolle Ehefrau und Mutter. Zwar wird sie von Kritikern oft nur als Symbol ehelicher Treue abgetan, aber in Wirklichkeit ist Penelope eine hochkomplexe Frau, die ihre Geschichten ebenso gekonnt spinnt, wie sie ihre Stoffe webt.« Der Museumsführer macht eine Kunstpause und lässt den Blick suggestiv über die Zuhörer wandern, die ihm gespannt lauschen.

Gabriel und ich sehen uns im National Museum eine Ausstellung an. Wir haben uns, etwas entfernt von den anderen, ganz nach hinten gestellt, als würden wir nicht dazugehören. Allerdings wollten wir auch nicht riskieren, etwas zu verpassen. Dazu sind wir nicht cool genug. Ich höre dem Museumsführer zu, während Gabriel neben mir in der Broschüre blättert. Trotzdem wird er nachher garantiert den gesamten Vortrag Wort für Wort wiedergeben können. Er liebt dieses Thema. Ich liebe das Thema als solches nicht so sehr wie die Tatsache, dass er es liebt. Gabriel gehört zu den Menschen, die etwas mit ihrer Zeit anzufangen wissen, und als ich ihn kennengelernt habe, hat mich das mit am meisten zu ihm hingezogen. Denn ich habe eine Verabredung mit dem Schicksal. In maximal sechzig Jahren bin ich mit jemandem im Jenseits verabredet.

»Penelopes Ehemann Odysseus zieht in den Trojanischen Krieg, der erst zehn Jahre später zu Ende ist, und er braucht weitere zehn Jahre für den Rückweg nach Ithaka. Penelope ist in einer prekären Lage, denn sie kann sich vor Heiratsanträgen kaum retten – insgesamt halten angeblich hundertacht Männer um ihre Hand an. Zum Glück ist Penelope clever und hält die Freier hin, indem sie zwar jedem verspricht, sein Angebot in Betracht zu ziehen, aber keinem endgültig zusagt.«

Auf einmal fühle ich mich befangen. Gabriels Arm, den er locker um meine Schulter gelegt hat, fühlt sich viel zu schwer an.

»Penelopes Webstuhl, den wir hier sehen, ist ein Beispiel für die raffinierten Tricks der Königin. Penelope war dabei, das Totenhemd für ihren Schwiegervater Laertes zu weben, und behauptete, sie würde einen Ehemann erwählen, sobald sie mit diesem fertig sei. Tagsüber saß sie nun im Thronsaal an ihrem großen Webstuhl und arbeitete fleißig, aber nachts trennte sie heimlich alles, was sie am Tag produziert hatte, wieder auf. Das ging drei Jahre gut, danach musste sie sich andere Listen ausdenken, um die Bewerber hinters Licht zu führen, bis Odysseus, auf den sie so geduldig wartete, endlich zurückkam.«

Mir geht das irgendwie gegen den Strich. »Hat er denn auch auf sie gewartet?«, rufe ich.

»Wie bitte?«, fragt der Museumsführer und blickt suchend über die Menge, um die Eigentümerin der Stimme ausfindig zu machen. Die Gruppe teilt sich, alle wenden sich mir zu und starren mich an.

»Penelope ist der Inbegriff ehelicher Treue, aber wie steht es mit ihrem Ehemann? Hat er sich dort draußen im Krieg auch zwanzig Jahre lang für sie aufgespart?«

Gabriel kichert leise in sich hinein.

Der Museumsführer lächelt und erwähnt dann kurz neun Kinder, die Odysseus auf seiner langen Reise vom Trojanischen Krieg zurück nach Ithaka mit fünf anderen Frauen gezeugt hat.

»Damit ist meine Frage wohl mit einem Nein beantwortet«, sage ich leise zu Gabriel, während die Gruppe weiterzieht. »Ziemlich blöd von Penelope.«

»Aber die Frage war hervorragend«, erwidert er, und ich höre die Belustigung in seiner Stimme.

Nachdenklich wende ich mich erneut dem Gemälde von Penelope zu, Gabriel blättert wieder in der Broschüre.

Bin ich die langmütige Penelope? Trenne ich nachts wieder auf, was ich tagsüber gewebt habe, führe ich meinen gutaussehenden, treuen Liebhaber in die Irre, während ich darauf warte, endlich mit meinem Ehemann wiedervereint zu werden? Ich schaue zu Gabriel empor. Seine blauen Augen glitzern ausgelassen, anscheinend kann er meine Gedanken nicht lesen. Erstaunlicherweise lässt er sich von mir an der Nase herumführen.

»Sie hätte sich die lange Wartezeit doch damit vertreiben können, mit dem einen oder anderen Bewerber ins Bett zu gehen«, sagt er. »Eine echte Spaßbremse, unsere prüde Penelope.«

Ich lache und lege meinen Kopf an seine Brust. Er schlingt den Arm um mich, zieht mich an sich und küsst mich auf den Kopf. Gabriel ist solide gebaut, ich würde gern in seiner Umarmung wohnen. Groß, breit, kräftig, wie er ist, verbringt er seine Arbeitstage meist im Freien und klettert auf Bäume – er ist Baumchirurg beziehungsweise Baumpfleger, wenn man die von ihm bevorzugte Berufsbezeichnung benutzen möchte. Er ist Höhe gewohnt, liebt Wind und Regen und eigentlich alle Elemente. Er ist ein Abenteurer, ein Forscher, und wenn er sich gerade mal nicht oben auf einem Baum befindet, sitzt er darunter und steckt die Nase in ein Buch. Abends nach der Arbeit riecht er nach Wasserkresse.

Wir haben uns beim Chicken Wing Festival in Bray kennengelernt. Er stand neben mir an der Theke und hielt die Schlange hinter uns auf, indem er einen Cheeseburger bestellte. Er erwischte mich in einem guten Moment, sein Humor gefiel mir, er hatte sofort meine volle Aufmerksamkeit, und darauf hatte er es ja abgesehen. Vermutlich war das seine Art von Anmache.

Mein Kumpel möchte gern wissen, ob du mal mit ihm ausgehst.

Ich hätte gern einen Cheeseburger, bitte.

Für schlechte Anmachsprüche habe ich eine große Schwäche, aber ich habe einen guten Geschmack, was Männer angeht. Gute Männer, tolle Männer.

Ich ziehe Gabriel weg von der prüden Penelope, obwohl er eigentlich in die andere Richtung will. Aber ich habe genug von ihren Blicken, sie begafft mich schon die ganze Zeit, wahrscheinlich meint sie, dass sie in mir ihren Frauentyp wiedererkennt.

Aber das stimmt nicht. Ich bin nicht wie Penelope und will auch nicht sein wie sie. Ich werde mein Leben nicht für eine vage Zukunft in der Warteschleife verbringen.

»Gabriel?«

»Holly?« Er passt sich meinem ernsten Ton an.

»Was deinen Vorschlag betrifft.«

»Gegen die verfrühten Weihnachtsdekorationen zu demonstrieren? Wir haben sie gerade weggeräumt, garantiert erscheinen sie bald wieder.« Er ist so groß, dass ich mich strecken und den Kopf in den Nacken legen muss, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Seine Augen lächeln.

»Nein, ich meine den anderen Vorschlag. Den mit dem Zusammenziehen.«

»Aha.«

»Lass es uns probieren.«

Er reckt die Faust in die Luft und stößt einen dezenten Stadionmassenjubel aus.

»Unter der Bedingung, dass wir uns einen Fernseher anschaffen und dass du jeden Tag, wenn ich aufwache, so aussiehst wie jetzt.«

Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, um näher an sein Gesicht zu kommen, lege die Hände auf seine Wangen, fühle sein Lächeln unter dem Balbo-Bart, den er sich zurzeit wachsen lässt und wie ein Profi trimmt und pflegt – der Baum-Mann, der sein eigenes Gesicht veredelt.

»Das ist die Grundvoraussetzung dafür, meine Mitbewohnerin zu sein.«

»Mitdirschläferin«, sage ich, und wir kichern beide etwas kindisch.

»Warst du schon immer so romantisch?«, fragt er und nimmt mich in die Arme.

Früher war ich romantisch. Überhaupt war ich ganz anders. Naiv vielleicht. Als ich Gabriels Umarmung erwidere und den Kopf an seine Brust lege, bemerke ich wieder Penelopes kritischen Blick. Doch ich recke hochmütig das Kinn. Soll sie doch glauben, sie würde mich durchschauen. Es stimmt trotzdem nicht.

CHAPTER 2

«Bist du bereit?«, fragt meine Schwester Ciara mich leise, als wir unter dem Gemurmel des erwartungsvollen Publikums unsere Plätze ganz vorn im Laden einnehmen. Wir sitzen auf Sitzsäcken im Schaufenster von Ciaras Vintageund Secondhandshop namens Magpie, in dem ich seit drei Jahren ebenfalls arbeite. Wieder einmal haben wir den Laden in eine Eventlocation verwandelt, wo ihr Podcast »Wie sprechen wir über …?« vor Publikum aufgenommen wird. Doch heute Abend stehe ich nicht an meinem üblichen sicheren Platz hinter dem Wein- und Cupcake-Tresen. Seit Monaten hat mich meine Schwester bestürmt, bis ich mich ihrem Wunsch gebeugt habe, als Gast in der Folge mit dem Titel »Wie können wir über den Tod sprechen?« mitzumachen. Die Zusage war noch nicht ganz aus meinem Mund, als ich sie schon bereute, und jetzt, wo ich vor unserer kleinen Zuhörerschaft sitze, hat meine Reue astronomische Ausmaße angenommen.

Wir haben alle Ständer und Auslagen mit Klamotten und Accessoires an die Wand geschoben, und jetzt füllen fünf Reihen mit jeweils sechs Klappstühlen die Ladenfläche. Damit Ciara und ich etwas erhöht sitzen, haben wir das Schaufenster leergeräumt, und die Leute, die draußen von der Arbeit nach Hause eilen, mustern im Vorübergehen neugierig die beiden lebendigen Schaufensterpuppen auf ihren Sitzsäcken.

»Danke, dass du das für mich tust«, sagt Ciara leise und drückt meine feuchtkalte Hand.

Ich lächle schwach und versuche abzuschätzen, wie schlimm es wäre, einfach aufzustehen und davonzulaufen. Ich komme zu dem Schluss, dass es sich nicht lohnt zu kneifen. Schließlich war es meine Entscheidung, und ich muss zu ihr stehen.

Ciara streift die Schuhe ab und zieht die nackten Füße unter sich auf den Sitzsack. An diesem Ort fühlt sie sich wie zu Hause. Ich räuspere mich, und das Geräusch verbreitet sich durch die Lautsprecher im ganzen Laden. Dreißig erwartungsvolle, neugierige Gesichter starren mich an. Ich drücke meine schwitzigen Hände aneinander und schaue auf die Notizen, die ich akribisch wie eine fleißige Studentin zusammengetragen habe, seit Ciara mich zu diesem Auftritt genötigt hat. Gedankenfragmente, hastig aufs Papier gekritzelt, wenn die Inspiration mich überkam, die mir im Moment vollkommen sinnlos erscheinen. Ich sehe weder, wo ein Satz anfängt, noch, wo er aufhört.

In der vordersten Reihe sitzt Mum, ein paar Plätze weiter meine Freundin Sharon, direkt am Gang, wo sie einigermaßen Platz für ihren Doppelbuggy hat. Unter der Decke lugt ein Paar winziger Kinderfüße hervor, an denen sich mit letzter Kraft eine Socke festklammert, während die andere den Kampf bereits aufgegeben hat. Auf dem Schoß hält Sharon ihr sechs Monate altes Baby, neben ihr sitzt ihr sechsjähriger Sohn Gerard, die Augen gebannt auf sein iPad gerichtet, die Ohren unter Kopfhörern verborgen, während sein vierjähriger Bruder demonstrativ seine Langeweile auslebt und auf seinem Stuhl so weit nach unten gerutscht ist, dass er praktisch auf der Sitzfläche liegt. Vier Jungs in sechs Jahren – ich bin sehr dankbar, dass Sharon gekommen ist. Jeden Morgen steht sie in aller Herrgottsfrühe auf, und ich weiß, wie lange es dauert, mit vier Kindern das Haus zu verlassen, und wie nervig es ist, wenn man dreimal zurückrennen muss, weil man etwas vergessen hat. Trotzdem ist sie heute hier, meine kampferprobte Freundin, und lächelt mir ermutigend zu. Am Rande der Erschöpfung und trotzdem für mich da.

»Willkommen, liebe Gäste, ich begrüße euch alle zur vierten Folge des Magpie-Podcasts«, beginnt Ciara. »Einige von euch sind ja inzwischen Stammgäste hier – danke, Betty, dass du uns immer so nett mit deinen leckeren Cupcakes versorgst, und danke, Christian, für den Käse und den Wein.«

Ich blicke über die Gäste und suche Gabriel, aber ich bin eigentlich sicher, dass er nicht da ist. Schließlich habe ich ihm ausdrücklich verboten zu kommen – obwohl es gar nicht nötig gewesen wäre. Als Mensch, der seine Intimsphäre lieber für sich hat und seine Gefühle unter Kontrolle hält, war es ihm unbegreiflich, dass ich bereit bin, mein Privatleben vor wildfremden Menschen auszubreiten. Natürlich haben wir lange darüber debattiert, aber in diesem Moment bin ich mehr denn je seiner Meinung.

»Ich bin Ciara Kennedy, die Eigentümerin von Magpie, und habe vor kurzem beschlossen, dass es eine gute Idee wäre, eine Reihe von Podcasts zum Thema ›Wie sprechen wir über …‹ zu machen, und dabei die Wohlfahrtsorganisationen vorzustellen, die prozentual an den Erlösen dieses Ladens beteiligt sind. Heute werden wir über den Tod reden, vor allem über Trauer und Verlust. Zu Gast bei uns ist Claire Byrne von Bereave Ireland. Außerdem begrüße ich einige der Menschen, denen die wunderbare Arbeit dieser Trauerhilfeorganisation zugutekommt. Die Einnahmen aus dem Ticketverkauf und die großzügigen Spenden gehen direkt an Bereave. Später werde ich mit Claire über ihre unermüdliche und so wichtige Arbeit sprechen, bei der sie diejenigen unterstützt, die einen geliebten Menschen verloren haben. Aber zuerst möchte ich euch meinen speziellen Gast vorstellen, nämlich Holly Kennedy, die zufällig meine Schwester ist. Endlich bist du hier!«, ruft Ciara, und das Publikum applaudiert.

»Stimmt.« Ich lache nervös.

»Schon seit dem ersten Podcast letztes Jahr liege ich meiner Schwester in den Ohren, sie soll mitmachen, und ich bin sehr froh, dass sie sich dazu durchgerungen hat. Danke, Holly.« Sie greift nach meiner Hand und hält sie fest. »Deine Geschichte hat mein Leben zutiefst berührt, und ich bin sicher, dass sehr viele Menschen davon profitieren werden, wenn sie von der Reise hören, die du hinter dir hast.«

»Danke, ich hoffe es.«

Ich merke, dass die Notizen in meiner Hand zittern, und lasse Ciara los, um die Hand besser stillzuhalten.

»Wie können wir über den Tod sprechen? Das Thema ist alles andere als einfach. Über unser Leben zu reden, darüber, wie wir leben, wie wir besser leben können, fällt uns nicht schwer, aber oft ist es uns unangenehm, ja beinahe peinlich, über den Tod zu sprechen. Deshalb lassen wir meist lieber die Finger davon. Doch ich kenne niemanden, mit dem ich dieses Gespräch über die Trauer lieber führen würde. Holly, bitte erzähle uns doch von deiner Begegnung mit dem Tod.«

Ich räuspere mich und beginne: »Vor sieben Jahren habe ichGerry, meinen Mann, durch eine Krebserkrankung verloren. Er hatte einen Hirntumor und ist mit dreißig Jahren gestorben.«

Ganz gleich, wie oft ich darüber spreche, ich habe immer einen Kloß im Hals. Dieser Teil der Geschichte ist noch immer real, er brennt in mir, hell und heiß. Hilfesuchend schaue ich zu Sharon, die dramatisch die Augen verdreht und gähnt. Ich grinse. Ja, ich schaffe das.

»Wir sind hier, um über Trauer zu sprechen, aber was soll ich euch darüber erzählen? Ich bin nichts Besonderes, der Tod betrifft uns alle, und viele von denen, die heute hier sind, wissen aus eigener Erfahrung, wie komplex Trauer ist. Wir können sie nicht kontrollieren, im Gegenteil. Meistens fühlt es sich an, als habe sie uns fest im Griff. Das Einzige, was wir beeinflussen können, ist die Art, wie wir mit ihr umgehen.«

»Du meinst, du bist nichts Besonderes«, sagt Ciara, »aber die persönliche Erfahrung jedes Einzelnen ist doch etwas Besonderes, und wir können viel voneinander lernen. Für den Schweregrad eines Verlusts gibt es natürlich keine Rangfolge, aber kannst du dir vorstellen, dass du den Verlust vielleicht stärker erlebt hast, weil Gerry und du zusammen aufgewachsen seid? Schon seit ich klein war, gab es Holly nicht ohne Gerry und Gerry nicht ohne Holly.«

Ich nicke und erzähle, wie Gerry und ich uns kennengelernt haben. Um es mir leichter zu machen, sehe ich nicht ins Publikum, sondern tue so, als würde ich mit mir selbst sprechen, genau so, wie ich es zu Hause unter der Dusche einstudiert habe. »Wir sind uns in der Schule begegnet, als ich vierzehn war. Von da an war ich immer Gerry und Holly. Gerrys Freundin. Gerrys Frau. Wir sind zusammen aufgewachsen, wir haben voneinander gelernt. Mit neunundzwanzig Jahren habe ich ihn verloren und wurde Gerrys Witwe. Und ich habe nicht nur ihn und auch nicht nur einen Teil meiner selbst verloren, sondern ich hatte wirklich das Gefühl, dass ich mich verloren hatte. Ich wusste gar nicht, wer ich war. Ich musste mich komplett neu aufbauen.«

An einigen Stellen wird genickt. Die meisten Leute wissen Bescheid, und diejenigen, die es noch nicht wissen, werden es bald erfahren.

»Kack-a«, sagt eine Stimme aus dem Buggy und kichert. Sharon bringt ihr Krabbelkind zum Schweigen, greift in ihre riesige Tasche und holt eine Reiswaffel mit Erdbeerjoghurt-Glasur heraus. Die Waffel verschwindet im Buggy. Das Kichern verstummt.

»Wie hast du es geschafft, dich wieder aufzubauen?«

Weil es mir seltsam vorkommt, Ciara etwas zu erzählen, das sie mit mir durchlebt hat, wende ich mich dem Publikum zu und konzentriere mich auf diejenigen, die nicht dabei waren. Als ich in die Gesichter blicke, legt sich in meinem Inneren ein Schalter um. Hier geht es nicht um mich. Gerry hat etwas Besonderes getan, und das werde ich diesen wissbegierigen Menschen um seinetwillen erklären. »Vor allem hat Gerry mir dabei geholfen. Bevor er gestorben ist, hat er heimlich einen Plan ausgeheckt.«

»Trommelwirbel, Tusch, tadadaa!«, ruft Ciara und erntet lautes Gelächter. Auch ich grinse und schaue wieder in die erwartungsvollen Gesichter.

Ich werde immer noch ein bisschen aufgeregt, wenn ich davon erzähle, denn es ist jedes Mal eine Erinnerung daran, wie einzigartig das Jahr nach Gerrys Tod war, auch wenn die Bedeutsamkeit im Lauf der Zeit in meinem Gedächtnis etwas verblasst ist. »Er hat mir zehn Briefe hinterlassen, die ich in den Monaten nach seinem Tod öffnen sollte, und jeder davon war unterschrieben mit ›P. S. Ich liebe Dich‹.«

(Continues…)


Excerpted from "Postscript - Was ich dir noch sagen möchte"
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Copyright © 2019 Cecelia Ahern.
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