Im Feuer der Nacht

Barnaby Adair verschwendet keinen Gedanken an die Ehe, zu sehr genießt er sein Leben als Detektiv. Bis er eines Abends Penelope Ashford begegnet, die ganz anders ist als die Damen der vornehmen Gesellschaft. Sie kümmert sie sich um die vergessenen Waisenkinder Londons und wendet sich an ihn, weil plötzlich einige ihrer Schützlinge wie vom Erdboden verschluckt sind. Barnaby zögert nicht und übernimmt den Fall. Denn seine Auftraggeberin weckt nicht nur seinen kriminalistischen Spürsinn, sondern auch leidenschaftliche Gefühle in ihm. Aber die temperamentvolle Penelope hat zu seiner großen Überraschung eigene Pläne …

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Im Feuer der Nacht

Barnaby Adair verschwendet keinen Gedanken an die Ehe, zu sehr genießt er sein Leben als Detektiv. Bis er eines Abends Penelope Ashford begegnet, die ganz anders ist als die Damen der vornehmen Gesellschaft. Sie kümmert sie sich um die vergessenen Waisenkinder Londons und wendet sich an ihn, weil plötzlich einige ihrer Schützlinge wie vom Erdboden verschluckt sind. Barnaby zögert nicht und übernimmt den Fall. Denn seine Auftraggeberin weckt nicht nur seinen kriminalistischen Spürsinn, sondern auch leidenschaftliche Gefühle in ihm. Aber die temperamentvolle Penelope hat zu seiner großen Überraschung eigene Pläne …

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Overview

Barnaby Adair verschwendet keinen Gedanken an die Ehe, zu sehr genießt er sein Leben als Detektiv. Bis er eines Abends Penelope Ashford begegnet, die ganz anders ist als die Damen der vornehmen Gesellschaft. Sie kümmert sie sich um die vergessenen Waisenkinder Londons und wendet sich an ihn, weil plötzlich einige ihrer Schützlinge wie vom Erdboden verschluckt sind. Barnaby zögert nicht und übernimmt den Fall. Denn seine Auftraggeberin weckt nicht nur seinen kriminalistischen Spürsinn, sondern auch leidenschaftliche Gefühle in ihm. Aber die temperamentvolle Penelope hat zu seiner großen Überraschung eigene Pläne …

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Product Details

ISBN-13: 9783745750324
Publisher: MIRA Taschenbuch
Publication date: 08/19/2019
Series: Barnaby Adair , #1
Sold by: Libreka GmbH
Format: eBook
Pages: 304
File size: 2 MB
Language: German

About the Author

About The Author
Stephanie Laurens wurde in Ceylon (dem heutigen Sri Lanka) geboren. Sie begann mit dem Schreiben, um ihrem wissenschaftlichen Alltag zu entfliehen. Bis heute hat sie mehr als 50 Romane verfasst und gehört zu den erfolgreichsten Autorinnen historischer Liebesgeschichten. Die preisgekrönte New York Times-Bestsellerautorin lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern in Melbourne.
Stephanie Laurens wurde in Ceylon (dem heutigen Sri Lanka) geboren. Sie begann mit dem Schreiben, um ihrem wissenschaftlichen Alltag zu entfliehen. Bis heute hat sie mehr als 50 Romane verfasst und gehört zu den erfolgreichsten Autorinnen historischer Liebesgeschichten. Die preisgekrönte New-York-Times-Bestsellerautorin lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern in Melbourne.

Read an Excerpt

CHAPTER 1

November 1835
London

»Danke, Mostyn.« Barnaby Adair, der dritte Sohn des Earl of Cothelstone, saß zufrieden im Lehnstuhl vor dem Kamin im Wohnzimmer seines eleganten Anwesens in der Jermyn Street und hob das Kristallglas von dem Serviertablett, das sein Butler ihm reichte.

»Ich brauche Sie nicht mehr.«

»Sehr wohl, Sir. Ich wünsche eine angenehme Nacht.« Mostyn, mustergültig in seinem Beruf, verbeugte sich formvollendet und zog sich geräuschlos zurück.

Barnaby lauschte angestrengt und hörte, wie die Tür geschlossen wurde. Er lächelte, nippte an seinem Glas. Gleich nach seiner Ankunft in der Stadt hatte seine Mutter ihm den Mann aufgehalst, und zwar in der kühnen Hoffnung, dass er ihren Sohn, der, wie sie oft zu verkünden pflegte, kaum zu bändigen war, doch noch in eine angemessene Richtung zu lenken verstand.

Obwohl Mostyn die ungeschriebenen Gesetze, die im Unterschied von Rang und Namen lagen, strengstens befolgte und sehr genau wusste, welche Rücksichten er dem Sohn eines Earls schuldig war, hatten Herr und Diener sich schnell aneinander gewöhnt. Ohne die Unterstützung, die sein Butler ihm gewährte – weitgehend, ohne dass er etwas veranlassen musste, wie das Glas feinsten Brandys in seiner Hand bewies –, konnte Barnaby sich seinen Aufenthalt in London nicht mehr vorstellen.

Mit den Jahren war Mostyn milder geworden. Vielleicht auch beide; jedenfalls führten sie nunmehr ein sehr angenehmes Leben.

Barnaby streckte die langen Beine in Richtung Kamin, kreuzte die Fußgelenke, ließ das Kinn auf die Halsbinde sinken und betrachtete die Spitzen seiner polierten Stiefel, die im Widerschein des knisternden Feuers förmlich zu baden schienen. In seiner Welt hätte alles gut sein sollen. Hätte ...

Ja, er fühlte sich wohl ... und unruhig.

Friedlich – nein, eingelullt in eine gesegnete Ruhe – dennoch unbefriedigt.

Dabei war es nicht so, dass er die letzten Monate erfolglos verbracht hatte. Nachdem er neun Monate lang sorgfältig eine Spur verfolgt hatte, hatte er einen Kreis junger Leute enttarnt, sämtlich aus besten Familien, denen es nicht gereicht hatte, sich in Lasterhöhlen zu vergnügen, sondern die es für einen Spaß hielten, selbst welche zu betreiben. Er hatte genügend Beweise gesammelt, sie trotz ihres Standes vor Gericht zu bringen und bestrafen zu lassen. Es war ein schwieriger, langwieriger und mühseliger Fall gewesen, dessen erfolgreicher Abschluss ihm Lob und Dankbarkeit seitens der adligen Kreise eingebracht hatte, die in Londons Metropolitan Police Force die Aufsicht führten.

Als seine Mutter davon erfahren hatte, hatte sie zweifellos die Lippen geschürzt, hatte vielleicht bissig den Wunsch ausgestoßen, dass er doch ebenso viel Interesse für die Fuchsjagd aufbringen möge wie für die Verbrecherjagd, aber mehr würde – und konnte – sie nicht sagen, solange sein Vater zu den genannten adligen Kreisen zählte.

In keiner modernen Gesellschaft durfte das Recht parteiisch sein. Unparteiisch musste Recht gesprochen werden, furchtlos und ohne Ansehen der Person – jenen Angehörigen der besseren Gesellschaft zum Trotz, die sich zu glauben weigerten, dass auch sie den im Parlament verabschiedeten Gesetzen unterworfen waren. Der Premierminister höchstselbst war bewegt worden, ihn zu seinem jüngsten Triumph zu beglückwünschen.

Barnaby hob das Glas und nippte. Es war ein süßer Triumph gewesen, der ihn aber doch merkwürdig leer zurückgelassen hatte. Auf unerwartete Weise unzufrieden. Bestimmt hatte er damit gerechnet, größeres Glück zu empfinden anstelle dieser seltsamen Leere und Ruhelosigkeit, dieser Ziellosigkeit, mit der er durchs Leben driftete, jetzt, wo er keinen Fall mehr hatte, der ihn fesselte, der seinen Scharfsinn herausforderte und ihm die Zeit vertrieb.

Vielleicht war seine Stimmung auch nur ein Spiegel der Saison, die gerade herrschte. Wieder neigte sich ein Jahr dem Ende zu. Es war die Zeit, in der kalter Nebel sich über Stadt und Land senkte, in der die Gesellschaft sich an die wärmenden Feuerstellen auf den Anwesen ihrer Ahnen flüchtete und sich dort auf die Schwelgereien der kommenden Festsaison vorbereitete. Für ihn war diese Jahreszeit immer schwierig gewesen – schwierig, weil es galt, eine plausible Entschuldigung dafür zu finden, den geselligen Zusammenkünften aus dem Weg zu gehen, die seine Mutter mit größtem Geschick arrangierte.

Viel zu leicht war es ihr gelungen, seine älteren Brüder und seine Schwester Melissa zu verheiraten. In ihm war sie nun ihrem Waterloo begegnet, setzte den Kampf aber noch hartnäckiger und unermüdlicher fort als Napoleon. Denn sie war fest entschlossen, ihn, den Jüngsten aus ihrem Stall, angemessen verheiratet zu sehen, und sie war darauf eingerichtet, nichts unversucht zu lassen, um ihr Ziel zu erreichen – mit welchen Mitteln auch immer sie kämpfen musste.

Obwohl er übrig geblieben war, betrachtete er sich nicht als Kandidat ihrer Machenschaften in Sachen Ehestiftung, wollte sich ihr nicht auf Cothelstone Castle ausliefern. Was, wenn es schneite und er nicht die Flucht ergreifen konnte?

Rat-a-tat-tat. Unüberhörbar zerriss das Geräusch die behagliche Stille.

Als Barnaby den Blick zur Wohnzimmertür schweifen ließ, stellte er fest, dass er eine Kutsche auf dem Kopfsteinpflaster gehört hatte. Die ratternden Räder waren vor seinem Anwesen stehen geblieben. Er lauschte Mostyns gemessenem Schritt am Wohnzimmer vorbei zur Haustür. Wer wollte ihn um diese Stunde – es war bereits nach elf, wie ein rascher Blick auf die Uhr auf dem Kaminsims ihm verriet – noch besuchen? Und in einer solchen Nacht? Jenseits der schweren Vorhänge vor den Fenstern herrschte finstere Dunkelheit, denn undurchdringlicher kalter Nebel waberte durch die Straßen, verschluckte die Häuser und verwandelte die vertrauten Ansichten in unheimliche und gespenstische Gebilde.

In einer solchen Nacht würde sich niemand ohne guten Grund nach draußen wagen.

Gedämpfte Stimmen drangen an sein Ohr. Es schien, als versuchte Mostyn den Besuch zu hindern, die Ruhe seines Herrn zu stören.

Plötzlich schwiegen die Stimmen.

Ein paar Sekunden später trat Mostyn ein und schloss die Tür sorgfältig hinter sich. Nach einem kurzen Blick auf die dünnen Lippen seines Dieners und dessen bemüht ausdruckslose Miene wusste Barnaby, dass der Mann den Besuch, wer auch immer es sein mochte, nicht billigte. Aber noch bemerkenswerter als Mostyns Missbilligung war die logische Voraussetzung, dass dessen Versuch, den Ankömmling abzuweisen, sichtlich gescheitert war – und zwar schnell und gründlich.

»Eine ... Lady möchte Sie sehen, Sir. Eine Miss ...« »Penelope Ashford.«

Der klare und entschlossene Tonfall ließ Barnaby und Mostyn den Blick zur Tür wenden, die jetzt weit offen stand und eine Lady in einem dunklen, strengen, aber doch modischen Umhang zu erkennen gab. Ein Muff aus Zobel baumelte am Handgelenk, und die Hände waren in pelzgesäumte Lederhandschuhe gehüllt.

Der üppige mahagonibraune Haarknoten am Hinterkopf glänzte, als sie mit einer Würde und Selbstsicherheit durch den Raum schritt, die ihre gesellschaftliche Stellung noch deutlicher und unmissverständlicher betonten als die zarten und typisch aristokratischen Gesichtszüge. Gesichtszüge, in denen sich die lebhafteste Entschlossenheit ebenso spiegelte wie ein unbezwingbarer Wille, sodass die Kraft ihrer Persönlichkeit ihr wie eine Woge den Weg zu bahnen schien.

Mostyn trat zurück, als sie sich näherte.

Barnaby ließ sie keine Sekunde aus den Augen, als er ohne jede Hast seine überkreuzten Füße nebeneinanderstellte und sich erhob. »Miss Ashford.« Ein außergewöhnliches Paar dunkelbrauner Augen, eingefasst von einer fein gearbeiteten goldumrandeten Brille, fixierte sein Gesicht. »Mr. Adair. Wir sind uns vor beinahe zwei Jahren begegnet. Morwellan Park. Im Ballsaal, bei Charlies und Sarahs Hochzeit.« Zwei Schritte vor ihm blieb sie stehen und musterte ihn so aufmerksam, als wolle sie sein Gedächtnis prüfen. »Wir haben uns kurz unterhalten, falls Sie sich erinnern.«

Sie bot ihm nicht die Hand. Barnaby schaute hinunter in das Gesicht, das sie ihm entgegenhob – ihr Kopf reichte kaum bis zu seiner Schulter –, und stellte fest, dass er sich überraschend gut an sie erinnern konnte. »Sie hatten gefragt, ob ich derjenige bin, der Verbrechen nachgeht.«

Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Ja. Das stimmt.«

Barnaby blinzelte, er war ein wenig atemlos. Denn er konnte sich, wie er feststellte, nach all den Monaten tatsächlich noch daran erinnern, wie ihre schmalen Finger sich in seinen angefühlt hatten. Sie hatten sich nur flüchtig die Hand gegeben; trotzdem stand ihm die Szene glasklar vor Augen, prickelte ihm die Erinnerung förmlich bis in die Fingerspitzen.

Offensichtlich hatte sie Eindruck auf ihn gemacht, selbst wenn es ihm damals nicht besonders bewusst gewesen war. Zu der Zeit hatte er sich auf einen anderen Fall konzentriert, und mehr als an ihr war er daran interessiert gewesen, ihre Aufmerksamkeit abzulenken.

Seit er sie das letzte Mal gesehen hatte, war sie gewachsen. Allerdings nicht größer geworden. In der Tat, er konnte nicht behaupten, dass sie irgendwo ein paar Zentimeter zugelegt hätte; sie war so wohlgerundet, wie seine Erinnerung sie gemalt hatte. Dennoch hatte sie an Statur gewonnen, an Selbstsicherheit und Zutrauen, und obwohl er daran zweifelte, dass es ihr an Letzterem jemals gefehlt hatte, gehörte sie jetzt zu solchen Ladys, in deren Charakter selbst jeder Dummkopf eine Naturgewalt erblickte, die man nur auf eigenes Risiko herausforderte.

Kein Wunder, dass sie Mostyn aus dem Weg geräumt hatte. Ihr Lächeln hatte sich verflüchtigt. Sie hatte unverhohlen den Blick über ihn schweifen lassen; bei anderen hätte er es als dreist empfunden. Aber sie schien ihn eher intellektuell als körperlich abschätzen zu wollen.

Die rosigen Lippen, verwirrend üppig, pressten sich aufeinander, als hätte sie einen Entschluss gefasst.

Neugierig neigte er den Kopf. »Welchem Anlass verdanke ich diesen Besuch?«

Es war ein ungewöhnlicher, um nicht zu sagen: unter gegebenen Umständen sogar skandalöser Vorfall. Denn sie war eine höchst wohlerzogene Lady im heiratsfähigen Alter, die einen unverheirateten Gentleman, mit dem sie nicht verwandt war, sehr spät in der Nacht aufsuchte. Allein. Ohne Anstandsdame.

Er sollte protestieren und sie fortschicken. Mostyn würde es ganz sicher für richtig halten.

Ihre schönen braunen Augen trafen seinen Blick. Offen, ohne die geringste Spur von Arglist oder Beklommenheit.

»Ich möchte, dass Sie mir helfen, ein Verbrechen aufzuklären.«

Er hielt ihren Blick fest.

Sie erwiderte ihm den Gefallen.

Ein bedeutungsschwangerer Augenblick verstrich, dann deutete er elegant auf den zweiten Lehnstuhl. »Bitte setzen Sie sich. Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten?«

Ein Lächeln huschte über ihr ausgesprochen attraktives Gesicht, ließ es sekundenlang atemberaubend aussehen, als sie sich zum Lehnstuhl ihm gegenüber bewegte. »Vielen Dank. Aber nein. Ich fordere nichts außer Ihrer Zeit.« Mit einer Handbewegung schickte sie Mostyn fort. »Sie dürfen sich entfernen.«

Mostyn versteifte sich. Er warf Barnaby einen wütenden Blick zu.

Barnaby unterdrückte ein Grinsen, bekräftigte den Befehl aber mit einem Nicken. Es gefiel Mostyn zwar nicht, doch er verschwand mit einer Verbeugung und ließ die Tür halb angelehnt. Barnaby, der es bemerkte, sagte nichts. Mostyn war bekannt, dass die jungen Ladys auf der Jagd nach seinem Herrn waren, oftmals recht erfindungsreich; offenbar war er überzeugt, dass Miss Ashford ebenfalls solche Pläne geschmiedet hatte. Barnaby wusste es besser. Penelope Ashford mochte sich die klügsten Pläne ausgetüftelt haben, aber Heirat war ganz sicher nicht ihr Ziel.

Während sie ihren Muff auf dem Schoß richtete, ließ er sich in den Lehnstuhl sinken und betrachtete sie aufs Neue.

Sie war die ungewöhnlichste junge Lady, die ihm jemals begegnet war.

Zu diesem Schluss war er bereits gekommen, bevor sie das Wort ergriff. »Mr. Adair«, begann sie, »ich brauche Ihre Hilfe, um vier vermisste Jungen zu finden und um zu verhindern, dass noch mehr entführt werden.« Penelope hob den Blick und ließ ihn auf Barnaby Adairs Gesicht ruhen. Und gab ihr Bestes, ihn doch nicht anzusehen. Als sie beschlossen hatte, ihn aufzusuchen, hatte sie sich nicht vorstellen können, dass er – oder seine äußere Erscheinung – die geringste Wirkung auf sie ausüben würde. Warum auch sollte sie nur einen einzigen Gedanken daran verschwenden? Kein Mann hatte es jemals geschafft, ihr den Atem zu rauben. Warum also er? Trotzdem zerrte die Situation spürbar an ihren Nerven.

Allein die welligen Locken seines goldfarbenen Haars auf dem wohlgeformten Kopf, dessen kräftig gebogene Züge und die himmelblauen Augen mit dem durchdringend scharfsinnigen Blick waren zweifellos interessant genug. Aber ganz abgesehen von seiner Miene hatte er etwas an sich, lag irgendetwas in seiner Ausstrahlung, was sie in Verwirrung stürzte.

Dabei war es ein Rätsel, warum er überhaupt ihre Aufmerksamkeit erregen sollte. Er war groß, hochgewachsen mit langen Gliedmaßen, aber doch nicht größer als ihr Bruder Luc. Seine Schultern waren breit, aber doch nicht breiter als die ihres Schwagers Simon. Und ganz bestimmt war er nicht attraktiver als Luc oder Simon, obwohl er sich neben den beiden mit Leichtigkeit hätte behaupten können. Ihr war zu Ohren gekommen, dass man Barnaby Adair als Adonis beschrieben hatte, und sie musste sich eingestehen, dass der Vergleich nicht von der Hand zu weisen war.

All das war vollkommen nebensächlich, und sie hatte nicht die geringste Ahnung, warum sie überhaupt darauf achtete.

Stattdessen konzentrierte sie sich auf die zahlreichen Fragen, die sich sichtlich hinter seinen blauen Augen zu formen begannen.

»Die fraglichen Jungen sind arm und verwaist. Aus diesem Grund bin ich bei Ihnen und nicht etwa ein Heer wütender Eltern.«

Er runzelte die Stirn.

Penelope zupfte sich die Handschuhe von den Fingern und verzog kaum merklich das Gesicht. »Am besten, ich fange ganz von vorn an.«

Er nickte. »Das würde die Angelegenheit sicher deutlich erleichtern, namentlich mir das Verständnis.«

Sie legte die Handschuhe auf dem Muff ab. Ihr war nicht klar, ob sie seinen Tonfall guthieß, beschloss aber, sich nicht darum zu kümmern. »Ich weiß nicht, ob es Ihnen bekannt ist, aber meine Schwester Portia ... inzwischen ist sie mit Simon Cynster verheiratet ... und drei weitere Ladys aus den höheren Kreisen haben mit mir zusammen ein Findelhaus eröffnet. In Bloomsbury, gleich gegenüber dem Waisenhospital. Das war Anfang der 1830er-Jahre. Seither ist das Haus in Betrieb, nimmt verwaiste Kinder auf, meistens aus dem East End, und bildete sie zu Zofen oder Lakaien aus, neuerdings auch in verschiedenen Gewerben.«

»Bei unserer letzten Begegnung haben Sie Sarah nach ihrer Ausbildung der Waisenkinder gefragt.«

»In der Tat.« Penelope hatte nicht gewusst, dass er die Unterhaltung angehört hatte. »Meine ältere Schwester Anne, jetzt Anne Carmarthen, ist auch involviert. Aber seit ihrer Eheschließung und den Haushalten, die sie zu führen haben, müssen Anne und jüngst auch Portia sich in der Zeit einschränken, die sie im Findelhaus verbringen. Die anderen drei Ladys haben gleichermaßen viele gesellschaftliche Verpflichtungen. Folglich bin ich zurzeit mit der Führung und Aufsicht in der täglichen Verwaltung des Hauses betraut. In dieser Funktion suche ich Sie heute Nacht auf.«

Sie verschränkte die Hände über den Handschuhen und schaute ihn an, hielt seinen steten Blick fest. »Die gewöhnliche Prozedur sieht vor, dass die Kinder durch die Behörden auf amtlichem Weg in die Obhut des Waisenhauses gegeben werden. Oder durch den letzten überlebenden Vormund.«

Penelope hielt kurz inne. »Letzteres ist recht üblich. Es kommt oft vor, dass ein sterbender Verwandter, der erkennt, dass sein Mündel schon bald allein auf der Welt sein wird, die Verbindung zu uns herstellt. Wir machen einen Besuch und treffen die notwendigen Vorkehrungen. Üblicherweise bleibt das Kind bis zum Schluss bei seinem Vormund. Dann werden wir über dessen Tod informiert, oft durch hilfsbereite Nachbarn. Wir kommen ins Haus, holen das Waisenkind und bringen ihn oder sie ins Findelhaus.«

Er nickte, gab zu verstehen, dass er bis hierher verstanden hatte.

Sie atmete scharf ein, spürte, wie ihre Lungen sich füllten und ihr Tonfall vor Wut schneidend wurde, als sie fortfuhr. »Im vergangenen Monat ist es uns bei vier verschiedenen Gelegenheiten passiert, dass uns irgendein Mann zuvorgekommen ist, als wir einen Jungen abholen wollten. Der Mann hatte den Nachbarn erklärt, dass er von der örtlichen Behörde käme. Aber es gibt kein Amt, dessen Aufgabe es ist, Waisenkinder einzusammeln. Wenn es eines gäbe, wüssten wir Bescheid.«

Adairs blaue Augen blickten messerscharf. »War es immer derselbe Mann?«

(Continues…)


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