Review - German "Institutionengeschichte, Literaturwissenschaft,Theologie und diachronische Sprachwissenschaft bilden die disziplinaren Saulen, auf denen die Habilitationsschrift von Klaus Wolf ruht. Im Unterschied zur ausschliesslich religiose Belehrung und Erbauung universitatstheologischer Herkunft fokussierenden bisherigen Forschung strebt die Schrift Wolfs eine erweiterte Bestimmung der spatmittelalterlichen Wiener Schule an, welche im engeren Sinne als ""Produzentin und Distributorin deutscher 'Wissensliteratur' universitarer Provenienz"" (166) definiert wird. Der erste Hauptteil besteht aus einer Beschreibung der vier Fakultaten (artistische, medizinische, juristische und theologische) sowie von deren Beruhrungspunkten miteinander und einer systematisierenden Analyse der Moglichkeiten von Zugehorigkeit von Gelehrten und Werken zur Wiener Schule (9-184). In ihrer Anfangsphase wird die Universitat Wien unter Einbeziehung folgender Aspekte charakterisiert: a) Textproduktion und -rezeption (lateinisch und deutsch: fur Laien, d. h. illiterati und Analphabeten; die juristische Fakultat unterscheidet sich von den anderen gerade darin, dass aus ihr hauptsachlich lateinisches Schrifttum hervorgegangen ist); b) Praxisbezogenheit der Wissensvermittlung (Kalenderherstellung, Pestforschung, Bekampfung des Aberglaubens, causa reformationis, Pastoration u. v. a.) sowie der multimedialen Prasentation universitaren Wissens (gesprochenes Wort, Wandtafeln, Illuminationen durch die Hofminiatorenwerkstatt, Buchdruck u. a.); c) Disseminationsnetzwerk (bestehend aus den Benediktinerklostern Melk und Tegernsee, den Augustinerchorherrenstiften Klosterneuburg und St. Dorothea zu Wien, Lateinschulen sowie Wiener Absolventen, die im Ausland wirkten) und Beruhrungspunkte mit anderen universitaren Landschaften (Paris, Padua, Prag u. a.); d) ""staatstragender"" Funktion des habsburgischen Hofs und des osterreichischen Adels (als Auftraggeber, Forderer oder Nutzniesser universitaren Wissens). Die Besprechung jeder Fakultat wird mit einem Ausblick in die humanistische Zeit der Wiener Schule gekront, ausser im Fall der Theologie, die gegenuber dem humanistischen Geist immun bleibt, jedoch von der Reformation gelahmt wird.Den Schwerpunkt des zweiten Teils stellen theologische und literaturwissenschaftliche Untersuchungen zur Wiener Frommigkeitstheologie dar (185-256), welchen ein provisorischer Gattungskatalog im ersten Teil vorangeht: Diese differenzierte deskriptive Klassifikation umfasst katechetischen Prosatraktat, lateinische und (ver)deutschte Predigt, Bibelubersetzung, Legendendichtung (als Textebene der Verehrung von habsburgischen Patronen, mit Leopold an der Spitze), geistliche Spiele, Prosa-Fabelsammlungen und Physiologoi, Pilgerberichte, todes- und jenseitsbezogene Gattungen (Contemptus mundi-Literatur, artes moriendi und Visionsliteratur). Im zweiten Teil selbst werden zentrale Aspektedes Wiener frommigkeitstheologischen Schrifttums untersucht: u. a. das Experimentieren mit geeigneten Formen fur die Laienkatechese oder die Entwicklung einer Liebestheologie. Partielle Uberschneidungen sind allerdings anzumerken, z. B. zwischen Kap. 1.2.4 und 2.2.Zehn reprasentative Texte aller Fakultaten der Alma mater rudolphina werden im dritten und letzten Hauptteil (257-363 - wobei die aus der Theologie uberwiegen) sprachhistorisch, d. h. im Bezug auf ihren Beitrag zur Ausbildung der nhd. Schriftsprache bzw. Fachprosa, ausfuhrlich analysiert. Wortschatz, Syntax, Rhetorik, Ubersetzungstechnik und -rechtfertigung sind die Ebenen, auf denen die Analyse durchgeführt wird. Die Wahl deutschsprachiger Texte entspricht ausserdemder Auffassung von ""Wiener Schule"" im Sinne einer Produzentin und Distributorin universitaren Wissens fur illiterati, d. h. Laien.Die Habilitationsschrift Wolfs bildet eine hervorragende erste und allgemeine Darstellung der spatmittelalterlichen Wiener Schule unter besonderer Einbeziehung deren spezifischer Leistungen auf dem Gebiet der Frommigkeitstheologie. Das ambitionierte Vorhaben Wolfs positioniert sich trotz einiger Redundanzen als mediavistisch interdisziplinar ausgerichtetes Referenzwerk, dessen Adressatenkreis nicht nur, aber vornehmlich historische Sprachwissenschaftler, Philologen und Theologen umfasst. Doch auch in Medizingeschichte, Antisemitismusforschung, Institutionengeschichte und Germanistik wird man es mit Gewinn lesen.Constanza Cordoni, Wien In: Das Mittelalter. 13 (2008). Heft 2. S. 196-197.Revie