GegenStandpunkt 4-15: Politische Vierteljahreszeitschrift
Politik mit Flüchtlingen Deutsche Drangsale auf dem Weg zur globalisierten Nation Der anhaltende Zustrom und die Menge der schon angekommenen Flüchtlinge aus zahlreichen Kriegs- und Armutsregionen der Welt regt Deutschland ziemlich auf. Den Forderungen nach Schließung der Grenzen und Änderung der Asylpraxis, Ausweisung illegal Eingereister oder zumindest Einführung einer Höchstzahl für Einwanderer hält die Bundeskanzlerin seit Monaten ihren Standpunkt entgegen: Eine Abschottung der deutschen Grenzen sei praktisch nicht machbar und politisch nicht erwünscht, der auch von ihr als problematisch erachtete Massenzustrom müsse langfristig, mit den Partnerstaaten in und außerhalb der EU geregelt werden, eine Obergrenze für Zuwanderer könne und wolle sie deshalb derzeit nicht benennen; zumal sie weiterhin der Überzeugung sei, „dass wir das schaffen“. Stichwort: Gerechtigkeit Allgemein bekannt ist die Gepflogenheit unzufriedener Bürger, anlässlich eines erfahrenen Schadens die Klage zu führen, ungerecht behandelt worden zu sein, und die Politik zu beschuldigen, die Einlösung ihrer eigentlichen Versprechungen versäumt zu haben. Diese Klage zeugt von zweierlei: Erstens setzt sie als fraglos gültige Selbstverständlichkeit voraus, dass sich die Menschheit in gegensätzliche Positionen in einem Herrschaftsverhältnis auseinanderdividiert – Exekutoren herrschaftlicher Gewalt diktieren die Lebensbedingungen und -chancen, denen sich der Rest mit seiner Lebensführung zu unterwerfen hat. Bemerkenswert ist zweitens, dass Untertanen mit ihren Forderungen nach einer gerechten Behandlung durch die Obrigkeit sich nicht einfach lächerlich machen, sondern umgekehrt damit rechnen und rechnen können, zumindest auf Gehör zu stoßen. Das hat im bürgerlichen Staatswesen sicherlich seine besonderen Verlaufsformen, eint aber im Prinzip die Bürger mit ihren und den modernen Rechtsstaat mit seinen historischen Vorgängern: Weil die politische Gewalt den Anspruch einer gerechten Behandlung ihrer Untertanen an sich selbst stellt und ihre Gewaltanwendung daran misst, hat sie ein offenes Ohr, wenn derlei Klagen von „unten“ an ihre Adresse ergehen. Im Klagewesen von Untergebenen immerzu gegenüber ihrer Herrschaft in Anschlag gebracht wird die Gerechtigkeit, weil sie zuallererst eine Maxime herrschaftlicher Gewalt ist. Werdegang und Mission des frommen Anatoliers Recep Tayyip Erdogan Die Geschichte beginnt, glaubt man den vielen blumigen Schilderungen Erdogans und seiner Biographen, in einem heruntergekommenen Stadtteil von Istanbul, in dem er als Angehöriger des Volksteils der „schwarzen Türken“ aufwächst und ortsüblich politisiert wird. Die „schwarzen Türken“ sind im wesentlichen Anatolier, die entweder auf dem Land ein kärgliches Dasein fristen oder sich in den mit den Jahrzehnten des Bestehens der modernen Türkei immer größer werdenden slumartigen Vorstädten wiederfinden, um irgendein in aller Regel ärmliches Einkommen zu ergattern, das am Rande und in den Nischen der türkischen Ökonomie anfällt, deren Betreiber, Verwalter und Nutznießer die „weißen Türken“ genannt werden. Die „schwarzen Türken“ sind anatolisch, islamisch, ‚ungebildet‘ und vor allem mehrheitlich ziemlich arm; die „weißen Türken“ bereichern sich am „schwarzen“ Volksteil, schließen ihn zugleich aus der Gestaltung von Staat und allen Lebensverhältnissen aus, ignorieren, unterdrücken und verachten ihn, insbesondere das, was ihm vor allem heilig ist, seine angestammte islamische Religion: Das ist die gängige Fassung der Unzufriedenheit, die in Erdogan den Beschluss reifen lässt, Politiker zu werden.
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GegenStandpunkt 4-15: Politische Vierteljahreszeitschrift
Politik mit Flüchtlingen Deutsche Drangsale auf dem Weg zur globalisierten Nation Der anhaltende Zustrom und die Menge der schon angekommenen Flüchtlinge aus zahlreichen Kriegs- und Armutsregionen der Welt regt Deutschland ziemlich auf. Den Forderungen nach Schließung der Grenzen und Änderung der Asylpraxis, Ausweisung illegal Eingereister oder zumindest Einführung einer Höchstzahl für Einwanderer hält die Bundeskanzlerin seit Monaten ihren Standpunkt entgegen: Eine Abschottung der deutschen Grenzen sei praktisch nicht machbar und politisch nicht erwünscht, der auch von ihr als problematisch erachtete Massenzustrom müsse langfristig, mit den Partnerstaaten in und außerhalb der EU geregelt werden, eine Obergrenze für Zuwanderer könne und wolle sie deshalb derzeit nicht benennen; zumal sie weiterhin der Überzeugung sei, „dass wir das schaffen“. Stichwort: Gerechtigkeit Allgemein bekannt ist die Gepflogenheit unzufriedener Bürger, anlässlich eines erfahrenen Schadens die Klage zu führen, ungerecht behandelt worden zu sein, und die Politik zu beschuldigen, die Einlösung ihrer eigentlichen Versprechungen versäumt zu haben. Diese Klage zeugt von zweierlei: Erstens setzt sie als fraglos gültige Selbstverständlichkeit voraus, dass sich die Menschheit in gegensätzliche Positionen in einem Herrschaftsverhältnis auseinanderdividiert – Exekutoren herrschaftlicher Gewalt diktieren die Lebensbedingungen und -chancen, denen sich der Rest mit seiner Lebensführung zu unterwerfen hat. Bemerkenswert ist zweitens, dass Untertanen mit ihren Forderungen nach einer gerechten Behandlung durch die Obrigkeit sich nicht einfach lächerlich machen, sondern umgekehrt damit rechnen und rechnen können, zumindest auf Gehör zu stoßen. Das hat im bürgerlichen Staatswesen sicherlich seine besonderen Verlaufsformen, eint aber im Prinzip die Bürger mit ihren und den modernen Rechtsstaat mit seinen historischen Vorgängern: Weil die politische Gewalt den Anspruch einer gerechten Behandlung ihrer Untertanen an sich selbst stellt und ihre Gewaltanwendung daran misst, hat sie ein offenes Ohr, wenn derlei Klagen von „unten“ an ihre Adresse ergehen. Im Klagewesen von Untergebenen immerzu gegenüber ihrer Herrschaft in Anschlag gebracht wird die Gerechtigkeit, weil sie zuallererst eine Maxime herrschaftlicher Gewalt ist. Werdegang und Mission des frommen Anatoliers Recep Tayyip Erdogan Die Geschichte beginnt, glaubt man den vielen blumigen Schilderungen Erdogans und seiner Biographen, in einem heruntergekommenen Stadtteil von Istanbul, in dem er als Angehöriger des Volksteils der „schwarzen Türken“ aufwächst und ortsüblich politisiert wird. Die „schwarzen Türken“ sind im wesentlichen Anatolier, die entweder auf dem Land ein kärgliches Dasein fristen oder sich in den mit den Jahrzehnten des Bestehens der modernen Türkei immer größer werdenden slumartigen Vorstädten wiederfinden, um irgendein in aller Regel ärmliches Einkommen zu ergattern, das am Rande und in den Nischen der türkischen Ökonomie anfällt, deren Betreiber, Verwalter und Nutznießer die „weißen Türken“ genannt werden. Die „schwarzen Türken“ sind anatolisch, islamisch, ‚ungebildet‘ und vor allem mehrheitlich ziemlich arm; die „weißen Türken“ bereichern sich am „schwarzen“ Volksteil, schließen ihn zugleich aus der Gestaltung von Staat und allen Lebensverhältnissen aus, ignorieren, unterdrücken und verachten ihn, insbesondere das, was ihm vor allem heilig ist, seine angestammte islamische Religion: Das ist die gängige Fassung der Unzufriedenheit, die in Erdogan den Beschluss reifen lässt, Politiker zu werden.
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GegenStandpunkt 4-15: Politische Vierteljahreszeitschrift

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Product Details

ISBN-13: 9783929211696
Publisher: Gegenstandpunkt
Publication date: 12/18/2015
Sold by: Libreka GmbH
Format: eBook
Pages: 128
File size: 342 KB
Age Range: 16 Years
Language: German

Table of Contents

Deutschland im Jahr 2015: Glanzleistungen demokratischer Regierungskunst Der Mindestlohn kommt! Griechenland, Euro, Europa – gerettet! Die Flüchtlingskrise – „Wir schaffen das!“ Europas Kampf um die Werte – „nous sommes unis“ Politik mit Flüchtlingen Deutsche Drangsale auf dem Weg zur globalisierten Nation I. Von Asylfragen zur Bewältigung des Weltflüchtlingsproblems Ein Grundrecht für alle Fälle Die deutsche Weltflüchtlingsmacht entwickelt Ordnungsbedarf II. Die Flüchtlinge im Gastland: „Ein Zustrom, der Deutschland verändern wird!“ Merkel: „Wir schaffen das!“ – und beweisen uns damit als mitfühlende und global verantwortliche Nation Seehofer und die CSU: „Die Integrationsfähigkeit der deutschen Gesellschaft nicht überfordern!“ Gauck oder die große Frage: „Was ist denn das innere Band, das ein Einwanderungsland zusammenhält?“ III. Der deutsche Kampf um eine europäische Flüchtlingspolitik Mehr Solidarität mit Deutschland! Ein wenig Unterstützung, Desinteresse und viel Widerstand Ein Symptom für den Zustand Europas Die Drohung gegen die Abweichler: Übernahme von Flüchtlingen und Schutz der Außengrenzen – oder Schluss mit der europäischen Binnenfreiheit „Bild” und die „Macht der Bilder“ – intellektuelle Bekenntnisse zur Antiintellektualität nationalistischer Gesinnungspflege „Dieselgate“ bei Volkswagen Eine Schönheit kapitalistischen Wirtschaftens auf Weltniveau: Schadensfall Image-Ruinierung Stichwort: Gerechtigkeit Gerechtigkeit – Maxime herrschaftlicher Gewalt Dem Recht unterworfene Produktionsverhältnisse begründen mit dem Inhalt des Rechts auch dessen Lebenslüge – Gerechtigkeit im bürgerlichen Staat Gerechtigkeit als Maßstab politisierter Kritik Maxime zwischenmenschlicher Gemeinheiten Das letzte Dokument der Unwahrheit, durch das Recht wäre ein Entsprechungsverhältnis geregelt – die höhere Gerechtigkeit Türkische Parlamentswahlen 2015 Werdegang und Mission des frommen Anatoliers Recep Tayyip Erdogan Die Stimme, die für das Volk im Staat und gegen ihn spricht Die Kraft, die dem Volk den Staat erobert und der Nation das Volk erschließt Der Führer, in dessen schrankenloser Macht sich der Wille des Volkes erfüllt Fracking in den USA Eine Studie über das innige Verhältnis von Geschäft und Gewalt – made in the USA Ein großes amerikanisches Geschäft … … zeugt immer von einem großartigen amerikanischen Volk … … und ist ein Auftrag zur Erneuerung amerikanischer Dominanz in der Welt Zwei Seidenstraßen – eine Asiatische Entwicklungsbank (AIIB) – Inselstreit und Aufrüstung Chinas Fortschritte auf dem Weg zur Geldmacht und Weltmacht Auf „zwei Seidenstraßen“ den asiatischen Kontinent friedlich erobern Mit einer neuen Bank den Kredit zur kapitalistischen Erschließung Asiens mobilisieren und zugleich chinesische Staatschulden als Geldkapital der Welt vermarkten Die Gründung der AIIB schürt die imperialistische Konkurrenz: China treibt einen Keil zwischen die USA und ihre Partner „Chinas friedlicher Aufstieg“: Die Weltwirtschafts- und Weltfinanzmacht braucht und entwickelt ihre Militärmacht zur Kontrolle der wachsenden Abhängigkeiten Das Baltikum, drei Kleinstaaten mit großem Auftritt: als Vorposten der NATO und Merkels giftige Kronzeugen in der Eurokrise Die Staatsraison der Balten: Antirussisch Der eigentümliche Fanatismus der baltischen Politik im Verein mit und als Instrument der amerikanischen Außenpolitik Wirtschaft und Krisenpolitik im Europa des Euro: Die drei Musterknaben
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