Elterndeutsch: Was moderne Mütter und Väter meinen, wenn sie reden

Elterndeutsch: Was moderne Mütter und Väter meinen, wenn sie reden

by Constantin Gillies
Elterndeutsch: Was moderne Mütter und Väter meinen, wenn sie reden

Elterndeutsch: Was moderne Mütter und Väter meinen, wenn sie reden

by Constantin Gillies

eBook

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Overview

Das Deutsch moderner Mütter und Väter ist anders: Kryptisch! Verquast! Voller Codeworte und Signalsätze. Wer die nicht kennt, setzt sich schnell in die Nesseln. Von "Ausnahmweise" (immer) über "hochbegabt" (stinknormal) bis "Ziehdasjetzan!" (Ich dreh gleich durch...) erklärt Constantin Gillies ohne falsche Rücksichtnahme, was ganz normale Worte in der von Eltern benutzen Geheimsprache bedeuten. Damit man gewappnet ist, wenn man sich in die Welt der Spielplätze, Schulpforten und Ballettstudios begibt, wo Eltern und die Früchte ihrer Lenden das Sagen haben und unterhalb des Ponyhof-Slangs ein Minenfeld an Missverständnissen und Fettnäpfchen lauert.


Product Details

ISBN-13: 9783843717793
Publisher: Ullstein Ebooks
Publication date: 09/07/2018
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 192
File size: 4 MB
Language: German

About the Author

Constantin Gillies, Jahrgang 1970, hätte nie gedacht, dass er mal älter als 39 sein könnte, musste sich aber inzwischen eines Besseren belehren lassen. Er arbeitet unverdrossen als freier Journalist, u. a. für die Welt und die Financial Times Deutschland. Er wohnt mit seiner Familie in Köln.
Welt und die Financial Times Deutschland. Er wohnt mit seiner Familie in Köln.

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Elterndeutsch von A bis Z

Eltern sein bedeutet: Mehr reden, als man eigentlich will. Ständig muss kommuniziert werden – mit renitenten Kindern, nervigen Mamas/Papas und genervtem Schulpersonal. Dabei pflegt der Stamm der Eltern seine eigene Sprache. Sie besteht aus verquastem Fachjargon, geheimen Codewörtern und Leerphrasen. Das meiste davon ist ziemlich unerträglich. Aber es hilft nichts: Wer beim Kinderabholen vor der Schule, dem Ballettstudio oder auf dem Fußballplatz eine gute Figur machen will, sollte die folgenden Begriffe und Redewendungen draufhaben.

AB! WECH! SELND!

Sinngemäß: Das mit dem zweiten Kind war ein Fehler.

Sobald man zwei oder mehr Kinder hat, taucht ein übles Problem auf: Nicht von allen Dingen auf der Welt existieren mehrere identische Ausgaben! Manche Sachen gibt es einfach nur einmal – die Mona Lisa oder Rudi Völler fallen einem da spontan ein. Und die kann man auch nicht teilen. Hier fängt der Ärger an, schließlich wollen alle Kinder im Haus das Gleiche haben. Und zwar nicht nur etwas vage Ähnliches, nein, das exakt Gleiche wie ihre Brüderchen oder Schwesterlein. Das führt im Alltag zu kleineren Konflikten, oder besser gesagt: zu einem immer neuen Kampf auf Leben und Tod.

Nehmen wir eine klassische Sache, die man nicht teilen kann: die Seilbahn auf dem Spielplatz. Davon gibt's immer nur eine. Als ob die Spielplatzplaner dieser Welt den Eltern das Leben absichtlich zur Hölle machen wollten. Die Rechnung sieht also so aus: Nur eine verdammte Seilbahn, aber zwei Kinder in der Familie. Ergibt eine fette Instantkeilerei auf der Startrampe, weil alle gleichzeitig damit fahren wollen. Bevor die Sache ausufert, muss der Erziehungsberechtigte eingreifen – indem er im genervten Stakkato über den Spielplatz grölt: "Ab! Wech! Selnd!"

Das unterbricht die Keilerei erst einmal, zumindest dann, wenn die Aufsichtsperson über eine gewisse Restautorität verfügt. Das Kind, das vorne in der Schlange steht, schnappt sich grinsend das Seil, nimmt Schwung und donnert die Bahn runter. Die Zurückgebliebenen auf der Startrampe senden ihren Erzeugern genervte Blicke zu. Es werden – je nach Milieu – Zungen rausgestreckt und Stinkefinger ausgefahren. Aber egal, die Kinder fahren Seilbahn, und zwar abwechselnd. Erziehungsziel erreicht. In diesem Moment begehen Spielplatz-Greenhorns einen schweren Fehler. Sie wenden sich ab, um zur Bank und ihrem sauteuren To-go-Kaffee zurückzukehren. Glauben sie doch ernsthaft, ihr Nachwuchs habe jetzt gelernt, brüderlich oder schwesterlich zu teilen, und der Seilbahnzwist sei beendet.

Das ist natürlich lachhaft. Profieltern wenden den Blick niemals von der Seilbahn ab. Weil sie wissen, dass die durchschnittliche Erziehungsmaßnahme eine Halbwertszeit hat, die im nicht mehr messbar kurzen Bereich liegt. Das gilt auch für die Wirkung des "ab! wech! selnd". Sobald die Aufsichtsperson auch nur mit den Augenlidern klimpert, reißt das erstbeste Kind sein Geschwisterchen in voller Fahrt vom Seil, Schneidezähne bohren sich knirschend in den Sand, und unterhalb der Seilbahn entbrennt ein Kampf, der mit äußerster Härte und allen zur Verfügung stehenden Waffen ausgetragen wird. Man leert volle Sandeimer über dem Kopf des Gegners aus und zieht ihm die Schippe durchs Gesicht (gerne auch die aus Metall). Die anderen Kinder auf dem Spielplatz reagieren darauf mit der für sie typischen Empathie: Sie grapschen sich freudig erregt das frei gewordene Seil und donnern mit unverminderter Geschwindigkeit über die Köpfe der Streithähne hinweg (im besten Fall Kollisionen zwischen Fuß und fremdem Hinterkopf sind immer möglich).

Solche Aktionen führen dazu, dass Eltern im Lauf der Zeit ein leicht negatives Weltbild entwickeln: Vertrauen ist sinnlos, lückenlose Kontrolle ist besser. Deshalb besuchen erfahrene Mütter und Väter einen Spielplatz mit Seilbahn immer zu zweit. So kann einer immer Kaffee trinken, während der andere die Lage im Blick behält. Immer schön abwechselnd natürlich.

AUSGEPRÄGTES GERECHTIGKEITSGEFÜHL

Bedeutung: Achtung, du bekommst es mit kleinen Arschlöchern zu tun.

Wenn es darum geht, sich die Eigenschaften ihrer Kinder schönzureden, sind Eltern unschlagbar. Da wird drauflosgeschwurbelt, dass es kracht. Ist ja auch klar: Niemand gesteht sich gerne ein, dass sein kleiner Stern nicht gerade der hellste am Firmament ist (auch wenn er es insgeheim natürlich weiß). Also erfindet man schön klingende Labels für die Fortpflanzungspannen wie > "speziell", "aktiv" oder "lebendig".

Besonders charmant ist es, wenn die Eltern ihrer kleinen Schneeflocke ein "ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl" bescheinigen. Die Eigenschaft klingt erst mal gut – im Kopf entsteht das Bild eines kleinen Gandhi. Leider hat das mit der Realität nichts zu tun. Kinder mit "ausgeprägtem Gerechtigkeitsgefühl" sind, um es abzukürzen, kleine Arschlöcher. Zwei Varianten sind möglich:

1. Der kleine Gerechtigkeitsfanatiker erwartet, dass sich das ganze Universum um ihn dreht. Ist das nicht der Fall, beschwert er sich darüber, dass alles "ungerecht" sei. "Ungerecht" ist für solche Querulanten so ziemlich alles: Still sitzen müssen, Hausaufgaben bekommen, nicht rund um die Uhr Eis kriegen ...

2. Das Kind ist ein dauerprügelnder Brutalo, dessen Weg ausgeschlagene Milchzähne pflastern. Dafür, dass der eigene Nachwuchs der Schrecken des Pausenhofs ist, haben die Eltern eine einleuchtende Erklärung. "Das liegt an seinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Er geht immer dahin, wo Streit ist, und will schlichten." Klar, oder?

AUSNAHMSWEISE

Übersetzt: regelmäßig oder sogar stündlich

Wenn man noch keine Kinder hat, spuken einem ziemlich schräge Visionen durch den Kopf, was ein mögliches Familienleben angeht. Da plant man zum Beispiel ernsthaft, bei seinen Kindern eine sogenannte "Erziehung" durchzuziehen. Witzig, oder? Die hochtrabenden Ziele klingen zum Beispiel so:

• Ich werde meine Kinder nicht durchs Restaurant rennen lassen!

• Meine Kinder stopfe ich nicht mit Süßkram voll, nur damit sie ruhig sind.

• Stundenlang vor der Glotze hocken wird es bei mir nicht geben!

Aus der Rückschau klingen diese pädagogischen Pläne ziemlich ambitioniert. Und auch irgendwie lustig – sehr sogar. Du könntest dich vor Lachen am Boden wälzen, wenn du nicht so müde wärst. Köstlich, sind diese Gesetzesformulierungen doch ein weiterer Beweis dafür, dass Kinderlose absolut keine Ahnung haben.

Denn Vater oder Mutter zu sein bedeutet vor allem eines: Realpolitik. Wer einen Tag mit zwei Kindern im Alter zwischen, sagen wir, drei und fünf durchstehen will, wird seine in Stein gemeißelten Regeln schnell in die Tonne kloppen. Da geht es nämlich bald nur noch ums blanke Überleben! Für Regeln, die Worte wie "immer" oder "nie" enthalten, ist da kein Platz. Wer es trotzdem damit versucht und sich krampfhaft an irgendwelche Supernanny-Gesetze klammert, brennt schnell total aus und produziert obendrein kleine Spießer und Regelfetischisten. Nein, halbwegs entspanntes Elterndasein bedeutet: Durchwursteln, strategisch weggucken, auch mal ein Auge zudrücken. Eigentlich drücken Eltern so viele Augen zu, dass es sich im Prinzip gar nicht lohnt, sie überhaupt noch aufzumachen.

Deshalb lautet das wichtigste Wort, um den Alltag zu überstehen: "ausnahmsweise". Es erlaubt den Regelbruch und ermöglicht ein entspanntes Elternleben.

Natürlich können die Kinder vorzeitig vom Essen aufstehen, um das Restaurant zu "erkunden" (übersetzt: rumtoben, bis der Laden sanierungsreif ist). Aber nurausnahmsweise! Denn nur so können Vater und Mutter diesen Wein genießen, der so viel kostet wie ein Monat Klavierstunden. Und natürlich muss man Kinder mit Süßwaren sedieren – ausnahmsweise. Ein pauschaler Zuckerbann wäre Wahnsinn! Haben Kinderlose eine Ahnung davon, wie endlos sich selbst Kurzstrecken in der Bahn hinziehen, wenn keine Schalldämpfer aus dem Hause Haribo zum Einsatz kommen? Mit krähenden Kleinkindern fühlen sich drei Stationen stressiger an als die Flucht von Mr Kimble.

Die schönste Ausnahme ist natürlich die vom Fernsehverbot. Oh Television, du Gottkönig unter den Kinderbeschäftigungen! Gesegnet sei dein anästhesierendes Flimmern! Wer auch immer die Glotze erfunden hat, er sollte posthum den Nobelpreis kriegen. Genau wie Herr Nintendo und der Schöpfer der Handygames. Ganz egal, was Bio-Eltern immer rumsäuseln: Es ist total okay, die Kinder vor einer flimmernden Kiste zu parken, und sei es nur, um mal -gemütlich auszuschlafen. (Es bietet sich ein Programm mit viel Dezibel an, etwa "Die 1000 besten Explosionen aller Zeiten".)

Alles ist erlaubt, solange es ausnahmsweise passiert.

Problematisch wird diese Realpolitik erst, wenn sie nach außen dringt. Deshalb solltest du deine Kinder unter Androhung des Todes schwören lassen, niemals in der Schule von ihrem Medienkonsum zu erzählen. Ansonsten kann es nämlich sein, dass sie ihrem Lehrer auf die Nase binden: "Ich darf jeden Tag ausnahmsweise fünf Stunden zocken."

BETREUT

Übersetzt: Hurra, die Kinder sind weg!

Kein Gespräch unter Eltern wäre komplett, ohne dass das Wort "Betreuung" fällt. Das ist ein Begriff mit einer fast magischen Aura. Alles ist gut, solange die Kinder betreut sind.

Der Zauber der Betreuung entfaltet sich schon kurz nach der Geburt, wenn die Hebamme den kleinen Schreihals für die erste Nacht außer Hörweite bringt (puh, war auch höchste Zeit!). Ab dann wird die Brut weiter geschmeidig abgeschoben: erst in den Kindergarten mit Unter-3-Betreuung und danach in eine Ganztagsschule, die ihre Schüler optimalerweise erst um 23 Uhr entlässt. Orte mit Kinderbetreuung zu finden ist der Lebenszweck aller Eltern. Nur ein Fitnessstudio, das sie anbietet, kommt infrage, und das absolute Paradies aus Elternsicht ist ein Urlaubshotel mit "Mini-Club", wo die Kinder bis fünf Minuten vor dem Abflug weggesperrt sind. Der Typ aus "Psycho" hätte wesentlich mehr Opferauswahl gehabt, wenn er unter sein Motel-Schild "Mit Kids Club" geschrieben hätte.

Apropos "Mini-Club" im Urlaub: Um die kleinen Mitreisenden dort parken zu können, müssen sie meist ein gewisses Mindestalter haben, zum Beispiel acht Jahre. Sind sie jünger, ist es Essig für die Eltern mit ungestörtem DaiquiriSaufen am Pool. Die strikte Altersgrenze für die Kinderbetreuung setzt einiges an krimineller Energie frei. Wer sehen will, wie unverfroren Eltern lügen können, muss sich nur die Abschiebungsprozedur in einem Ferienclub angucken. Die läuft ungefähr so ab:

Die Mutter schubst ein kleines Wesen vor sich her, das sich mit Mühe und Not selbst auf den Beinen halten kann. An der Pforte zum "Mini-Club" steht, noch lächelnd, ein braungebrannter Animateur:

"Ja hallo, wie alt bis du denn?"

Die Mutter, mit dem Brustton der Überzeugung: "Der Finn ist gerade acht geworden, nicht wahr?"

Finn fällt der Schnuller aus dem Mund. Die Mutter lächelt etwas entschuldigend und befördert den Sohn mit einem leichten Tritt in die Arme des Animateurs und wendet sich ab. Wo geht's noch mal zur Bar?

Zurück zum Thema Betreuung. "Uns ist es sooo wichtig, dass die Kinder gut betreut sind" – dieses Mantra tragen alle Streber-Eltern gerne vor sich her. Es klingt immer so, als erwarteten sie, dass die Betreuung wahnsinnig pädagogisch wertvoll abläuft, nach dem Motto: Liebe Betreuungstante, wir überantworten Ihnen unser Kind nur, wenn Sie Erziehungswissenschaften in Harvard studiert haben und unserer Schneeflocke die Grundsätze der Thermodynamik nahebringen, - spielerisch natürlich.

In echt sind die Ansprüche an die Betreuung jedoch nicht so hoch. Sie lassen sich mit drei Worten zusammenfassen:

Kind. Ist. Weg.

Nur darauf kommt es an. Die Brut ist weg, und man kann wenigstens für ein paar Minuten den Luxus eines klaren Gedankens genießen. Denn mal ehrlich: Man kann auch zu viel Zeit mit seinen Kindern verbringen. Zwischendurch ist es nämlich ganz schön, nicht über die Frage nachsinnen zu müssen, ob man eine Unterhose mit Flammenwerfer bauen kann (- Es gibt keine dummen Fragen), oder sich irgendwelche Beleidigungs-Battles zwischen den Geschwistern anhören zu müssen, die im kollektiven Brüllen des Wortes "selber" gipfeln. Vater und Mutter müssen sich nicht schämen, wenn sie sagen: - "Ich brauche etwas Zeit für mich!"

Beim Thema Betreuung lautet das Motto: Das weg ist das Ziel. Deshalb spielt es für Eltern auch keine Rolle, was im Abschiebebereich passiert, solange das Gelände mit Selbstschussanlagen gegen Ausbruchsversuche gesichert ist. Was da konkret abgeht, ist ihnen wurscht. Betreuung bedeutet ohnehin meist nur, dass gebastelt wird, was wiederum heißt, dass die Kinder irgendwas mit Heißklebepistolen zusammenpappen, im Zweifel ihre eigenen Finger.

BRAUCHST DU AA ODER AAA?

Die existenzielle Frage an Weihnachten, Geburtstagen oder wann immer die Großeltern ihren Geschenke-Tsunami entfesseln

Ein Großteil der Gespräche bei Familienfesten besteht aus diesem Satz: "Brauchst du AA oder AAA?"

Hinter den kryptischen Kürzeln verbirgt sich – obwohl Kinder am Start sind – ausnahmsweise mal kein Fäkalwitz. Bei den Buchstaben handelt es sich um die Bezeichnungen von 1,5-Batterien nach IEC-Norm. Die Übersetzung für alte Menschen lautet:

AA = Walkman-Batterie

AAA = so wie eine Walkman-Batterie, nur kleiner

Was die Frage "AA oder AAA" so existenziell macht, ist, dass heutzutage jedes Geschenk Batterien braucht. Das Bilderbuch vom Bauernhof ist nicht nur ein Bilderbuch, sondern grunzt, wiehert und kräht dank eingebautem Soundchip lauter als der Beschenkte. Die gute alte Matchbox-Autobahn wird samt einem Höllengerät ausgeliefert, das die kleinen Flitzer elektrisch anschiebt (welches Kind wollte das schon noch mit der Hand machen?). Und ein Plüschhund ist nicht nur ein Plüschhund, sondern eine komplexe biomechanische Replika, die dank eingebauter Wasserpumpe sogar lebensecht Pipi macht. (Merke: Wenn ein Kuscheltier heute einen Knopf im Ohr hat, handelt es sich dabei meist um den Reset-Schalter.) Kurzum: Auf dem Gabentisch befindet sich nur lebloser Plastikschrott, bis jemand Munition vom Kaliber AA oder AAA ins Batteriefach einsetzt. Deshalb sollte auch immer ein Schraubendreherset bereitliegen; das ist an Heiligabend wichtiger ist als das Glöckchen, mit dem zur Bescherung geläutet wird.

Weil Batterien – warum auch immer – grundsätzlich nicht im Lieferumfang eines Spielzeugs enthalten sind, haben kluge Eltern stets einen Vorrat im Haus, der ausreichen würde, um eine deutsche Kleinstadt eine Woche lang mit Strom zu versorgen. Kein Witz: Der Batterieverbrauch einer Familie ist gigantisch. Gerade wenn die Kinder im Grundschulalter sind, wäre es einfacher, zu Weihnachten eine Palette Batterien zu verschenken mit dem Hinweis "Spielzeug nicht enthalten".

Ehrlicherweise muss man sagen, dass es vor allem die geächteten - JungsGeschenke sind, die so viel Strom fressen. Wir reden hier über Monstren wie die sprachgesteuerte Zimmer-Überwachungsdrohne mit integrierter Massenvernichtungswaffe für die nahende Zombie-Apokalypse. Die frisst einige AA, und manchmal sogar AA und AAA! Die Erbgutforschung ist zwar noch nicht so weit, doch in ein paar Jahren kommt bestimmt raus, dass Mädchen XYChromosomen haben und Jungs AA-Chromosomen.

Kinderlose würden die Batterienfrage leichtfertig abtun, nach dem Motto: AA oder AAA – was kann das schon für einen Unterschied machen? Die Antwort lautet: einen riesigen! Es ist der Unterschied zwischen einer schönen Bescherung und der Heul-Hölle. Wenn an Weihnachten der AAA-Vorrat zur Neige geht, heißt das: Die Drohne bleibt am Boden, die Familie ist den Zombiehorden schutzlos ausgeliefert, die Kinderäuglein füllen sich mit Tränen. In solchen Momenten ist schnelles Handeln gefragt! Dann müssen Energiezellen organisiert werden, und zwar ohne Rücksicht auf Schamgrenzen. Es soll Batteriejäger geben, die in ihrer Not sogar ins elterliche Schlafzimmer flitzen und aus "Mamas Taschenlampe" (Deutung der Kinder) die letzten Zellen rauspopeln. Was die Frage "AA oder AAA?" früher oder später wieder auf den (Nacht-)Tisch bringt.

CHILLEN

Sinngemäß: Ich bin zwangsjugendlich.

Wenn heutzutage die Mutter von der Charlotte mit der Mutter von der Anna-Lena redet, kann es durchaus sein, dass Sätze fallen wie: "Ach, am Wochenende chillen wir nur!"

Aber halt! Ist "chillen" nicht ein Wort aus der Jugendsprache der Nullerjahre? Korrekt. Leider denken viele Eltern, dass es immer noch ein hippes Szenewort ist – und dass sie selbst noch total jung und cool sind. Sie haben eben nicht das oberste Gesetz der Jugendsprache verstanden: Wenn Mama und Papa das Wort kennen, ist es nicht mehr cool.

(Continues…)


Excerpted from "Elterndeutsch"
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