Ellernklipp
In einem der nördlichen Harztäler, in Nähe der Stelle, wo das Emmetal in das flache Vorland ausmündet, lagen in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Dorf und Schloß Emmerode; jenseits des Dorfes aber, einige hundert Schritte weiter talaufwärts, wurd ein einzelnstehendes, hart in die Bergwand eingebautes Haus sichtbar, das in seiner Front ein paar Steinstufen und eine Vorlaube von wildem Wein und über der Tür ein Hirschgeweih zeigte. Hier wohnte Baltzer Bocholt, ein Westfälinger, der in jungen Jahren in Kur-Trier als Soldat gedient hatte, späterhin aber nach Emmerode gekommen und um seiner guten Führung willen erst ein gräflicher Heidereiter und einige Jahre später, durch Heirat mit des alten Erbschulzen Aleswant einziger Tochter, ein über seinen Stand hinaus vermöglicher Mann geworden war. Er hatte nun Haus und Hof und Amt und Frau, dazu den Respekt in Dorf und Schloß, und ging stolz und aufrecht einher und freute sich seines Glückes, bis er nach einer elfjährigen friedfertigen Ehe zum ersten Male den Unbestand alles Irdischen an sich selbst erfahren mußte. Die Frau starb ihm plötzlich und ruhte jetzt seit zwei Monaten erst an der Berglehne drüben, die, dreifach abgestuft, auf ihrer untersten Stufe den von Mauer und Stechpalmen umfaßten Kirchhof, auf ihrer mittleren die kleine Kapellenkirche zum Heiligen Geist und auf ihrer höchsten das zacken- und giebelreiche Schloß der alten Grafen von Emmerode trug.
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In einem der nördlichen Harztäler, in Nähe der Stelle, wo das Emmetal in das flache Vorland ausmündet, lagen in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Dorf und Schloß Emmerode; jenseits des Dorfes aber, einige hundert Schritte weiter talaufwärts, wurd ein einzelnstehendes, hart in die Bergwand eingebautes Haus sichtbar, das in seiner Front ein paar Steinstufen und eine Vorlaube von wildem Wein und über der Tür ein Hirschgeweih zeigte. Hier wohnte Baltzer Bocholt, ein Westfälinger, der in jungen Jahren in Kur-Trier als Soldat gedient hatte, späterhin aber nach Emmerode gekommen und um seiner guten Führung willen erst ein gräflicher Heidereiter und einige Jahre später, durch Heirat mit des alten Erbschulzen Aleswant einziger Tochter, ein über seinen Stand hinaus vermöglicher Mann geworden war. Er hatte nun Haus und Hof und Amt und Frau, dazu den Respekt in Dorf und Schloß, und ging stolz und aufrecht einher und freute sich seines Glückes, bis er nach einer elfjährigen friedfertigen Ehe zum ersten Male den Unbestand alles Irdischen an sich selbst erfahren mußte. Die Frau starb ihm plötzlich und ruhte jetzt seit zwei Monaten erst an der Berglehne drüben, die, dreifach abgestuft, auf ihrer untersten Stufe den von Mauer und Stechpalmen umfaßten Kirchhof, auf ihrer mittleren die kleine Kapellenkirche zum Heiligen Geist und auf ihrer höchsten das zacken- und giebelreiche Schloß der alten Grafen von Emmerode trug.
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by Theodor Fontane
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Overview

In einem der nördlichen Harztäler, in Nähe der Stelle, wo das Emmetal in das flache Vorland ausmündet, lagen in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Dorf und Schloß Emmerode; jenseits des Dorfes aber, einige hundert Schritte weiter talaufwärts, wurd ein einzelnstehendes, hart in die Bergwand eingebautes Haus sichtbar, das in seiner Front ein paar Steinstufen und eine Vorlaube von wildem Wein und über der Tür ein Hirschgeweih zeigte. Hier wohnte Baltzer Bocholt, ein Westfälinger, der in jungen Jahren in Kur-Trier als Soldat gedient hatte, späterhin aber nach Emmerode gekommen und um seiner guten Führung willen erst ein gräflicher Heidereiter und einige Jahre später, durch Heirat mit des alten Erbschulzen Aleswant einziger Tochter, ein über seinen Stand hinaus vermöglicher Mann geworden war. Er hatte nun Haus und Hof und Amt und Frau, dazu den Respekt in Dorf und Schloß, und ging stolz und aufrecht einher und freute sich seines Glückes, bis er nach einer elfjährigen friedfertigen Ehe zum ersten Male den Unbestand alles Irdischen an sich selbst erfahren mußte. Die Frau starb ihm plötzlich und ruhte jetzt seit zwei Monaten erst an der Berglehne drüben, die, dreifach abgestuft, auf ihrer untersten Stufe den von Mauer und Stechpalmen umfaßten Kirchhof, auf ihrer mittleren die kleine Kapellenkirche zum Heiligen Geist und auf ihrer höchsten das zacken- und giebelreiche Schloß der alten Grafen von Emmerode trug.

Product Details

ISBN-13: 9791041900879
Publisher: Culturea
Publication date: 12/19/2022
Pages: 166
Product dimensions: 7.44(w) x 9.69(h) x 0.35(d)
Language: German

About the Author

Th. Fontane wurde am 30.12.1819 in Neuruppin geboren. Er stammte aus einer in Preußen heimisch gewordenen Hugenottenfamilie. Der Vater war Apotheker. Fontane besuchte das Gymnasium Neuruppin (1832) und die Gewerbeschule Berlin (1833). 1836-1840 Apothekerlehre in Berlin. Fontane gab 1849 seinen Apothekerberuf auf; er arbeitete dann mit Unterbrechung bis 1859 als freier Mitarbeiter im Büro eines Ministeriums. Er lebte von 1855-1859 in England als Berichterstatter. Von 1860 bis 1870 arbeitete er als Redakteur der Berliner "Kreuz-Zeitung". 1870-1889 Theaterkritiker bei der "Vossischen Zeitung". 1876 Sekretär der Akademie der Künste Berlin und freier Schriftsteller. 1894 Dr. phil. h.c. Fontane starb am 20.9.1898 in Berlin.
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