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Overview
Product Details
ISBN-13: | 9783863612115 |
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Publisher: | Himmelstürmer Verlag |
Publication date: | 01/01/2012 |
Sold by: | CIANDO |
Format: | eBook |
Pages: | 200 |
File size: | 422 KB |
Age Range: | 14 - 18 Years |
Language: | German |
Read an Excerpt
Das Bett, in dem ich lag, war ungewohnt weich. Die glatte Bettwä-sche schmeichelte meiner Haut. Fingerspitzen glitten sanft über meine schweißnasse Brust, so dass sich die winzigen Härchen aufrichteten. „Hat es dir gefallen?“ Ihre Antwort war mir wichtig. Wenn sie negativ ausfiel, bedeutete das für mich, dass ich in nächster Zeit wieder mehr auf die Straße gehen musste. „Das wievielte Mal fragst du mich das jetzt schon?“ Maria richtete sich auf und drehte sich zu mir um. Ihre stahlgrauen Haare umrahmten ihr Gesicht. „Mein Schöner, ich gebe dir diese Antwort jetzt das letzte Mal.“ Ihre Hand spielte mit einer Strähne meines Haars. „Ich mag deine unkomplizierte Art. Ich mag deine Jugend. Ich bezahle dich gern und hole dich regelmäßig zu mir. Reicht dir das nicht?“ „Es tut mir leid, ich möchte es einfach nur wissen. Ich möchte gut sein.“ „Du bist gut, sonst wärst du nicht hier. Und wenn ich deiner ü-berdrüssig werde, sage ich es dir einfach. Mach dir da mal keine Sorgen.“ Sie kramte in ihrem Nachttisch herum und drückte mir einige Scheine in die Hand. „Ich möchte, dass du das nimmst und dafür andere Verpflichtungen sausen lässt. Der Gedanke, dass du dich nachts in irgendwelchen Clubs mit perversen Männern herumtreiben musst, behagt mir nicht.“ Ich musste lachen. „So pervers wie du glaubst, sind die gar nicht.“ „Na egal, du weißt, was ich meine. Halte dich einfach etwas zu-rück, ja? Und kauf dir mal eine neue Hose!“ Bei ihrem letzten Satz verspürte ich einen schmerzhaften Stich im Herz. Schnell sah ich auf die Scheine in meiner Hand. Es war mehr, als ich normalerweise an einem Tag verdiente. Den ersten Wunsch würde ich ihr erfüllen können. In letzter Zeit verbrachte ich meine Nächte oft mit angenehmen Dingen und musste nicht nach Kunden suchen, ab und zu setzte ich mich sogar in ein Cafe. Doch ich war nicht Herr über dieses Geld. „Wenn du möchtest, dass ich andere Kleidung trage“, ungewohnt rau kamen die Worte aus meinem Mund, „dann musst du sie mir schenken. Ich kann über das Geld, dass du mir gibst, nicht selbst bestimmen.“ „Ach, komm schon, Pedro, keiner weiß, wie viel ich dir gebe.“ „Nein, das wäre Verrat gegenüber meiner Familie. Das kannst du nicht verstehen!“ „Gut, vielleicht muss ich das auch nicht verstehen.“ Maria klang genervt. „Das ist wohl der Preis für deine Exotik. Ich akzeptiere das, und vielleicht gehen wir irgendwann mal zusammen einkaufen.“ Sie drehte mir den Rücken zu. „Massiere mir den Nacken, Pedro.“ Ich beugte mich über sie und legte meine Hände auf ihre nackten Schultern. Maria schloss die Augen, als ich mit sanften Bewegungen begann. Das schrille Gellen der Klingel weckte mich. Benommen öffnete ich die Augen und sah gerade noch, wie sich Maria aus dem Sessel, der dem Bett gegenüber stand, erhob. Sie schien die ganze Zeit, in der ich geschlafen hatte, da gesessen zu haben. Es lag kein Buch auf dem kleinen Tischchen. Wahrscheinlich hatte sie mich wieder beobachtet. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich sie dabei überrascht hätte. Einmal hatte ich mich sogar getraut, sie darauf anzusprechen. „Ich genieße deinen Anblick“, war ihre schlichte Antwort gewe-sen. Nicht dass es mir unangenehm war, angesehen zu werden. Ich verstand es nur nicht. Ich sah gern Sachen an, die ich schön fand, und dass jemand mich schön finden könnte, erschien mir abwegig. Andere Menschen fanden mich vielleicht anregend oder interessant, so wie man fremde Dinge nun mal interessant findet. Aber schön.? Die Schlafzimmertür öffnete sich einen Spalt und Maria sah her-ein. „Steh auf und zieh dich an. Ich möchte, dass du in fünf Minuten im Wohnzimmer bist.“ Sofort folgte ich ihrer Aufforderung. Während ich mich anzog, fiel mein Blick in den großen Spiegel mit dem vergoldeten Rahmen. Kurz hielt ich inne und musterte mich. Meine hellbraunen Haare fielen mir bis über die Schulterblätter. Meine helle Haut, die ich von meinem Vater geerbt hatte und sich von dem Rest meiner Familie unterschied, schimmerte sanft im Licht der untergehenden Sonne, die durch die Gardinen schien. Hellbraune, fast goldene Augen sahen mir aus einem klaren Gesicht entgegen, das, wenn man von dem leichten Bartschatten am Kinn absah, fast mädchenhaften anmutete. Ich strich mit dem Daumen über das kleine silberne Kreuz, das an einer Kette auf meiner Brust hing. Meine Aufmerksamkeit blieb an der Hose hängen, die Marias Missgunst erregt hatte. Sie hatte recht, diese Hose trug ich schon eine Weile, aber sie war sauber und ohne Löcher. Ich wollte mich deswegen nicht minderwertig fühlen. Immerhin war es nur eine Hose und sie erfüllte ihren Zweck. Verärgert zog ich mein Hemd über und verließ das Schlafzimmer. Aus der Küche vernahm ich leise Stimmen. Im Wohnzimmer war ich noch nie gewesen. Neugierig schaute ich mich um. Alles sah elegant und luxeriös aus. Es passte zu Maria und schien ihren Charakter widerzuspiegeln. Mein umherschweifender Blick blieb an einer Pflanze in einer Blumenampel hängen, deren Blätter welk aussahen. Ich trat heran und befühlte die traurig herabhängenden Blätter. Genau in diesem Moment öffnete sich die Tür. „Mama, du hättest mir sagen sollen, dass du Besuch hast“, erklang eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und erblickte Marias Ebenbild, nur etwa dreißig Jahre jünger. „Carla, das ist Pedro.“ Maria stellte ein Tablett mit einer Teekanne und zwei Tassen auf dem Tisch ab. „Er leistet mir ab und zu Gesell-schaft.“ Carlas Blick war einfach göttlich, eine Mischung aus Erstaunen und Unglauben umspielten ihr Gesicht. „Pedro. Meine Tochter.“ Maria schaute mich fragend an und mir wurde bewusst, dass ich noch immer meinen Arm erhoben hatte und die Blätter zwischen meinen Fingern hielt. „Ich glaube, die Pflanze braucht Wasser“, sagte ich entschuldi-gend. „Wenn du nicht aufpasst, wird sie eingehen.“ Carlas verwirrter Blick nahm noch eine Nuance zu. Irritiert wech-selten ihre Augen zwischen mir und ihrer Mutter hin und her. Zu gern hätte ich jetzt ihre Gedankengänge gelesen. Zwischen mir und Maria war wirklich keine Gemeinsamkeit zu erkennen. Sie, die fünfundfünf-zigjährige elegante Geschäftsfrau und ich, der neunzehnjährige Typ, der gerade ihre Zimmerpflanzen begutachtete. Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Danke, Pedro, aber darum wird sich morgen meine Putzfrau kümmern.“ Marias Blick wanderte unmissverständlich zur Tür. Verunsichert ließ ich meine Hand sinken. „Äh, ich muss jetzt gehen. Tut mir leid, Carla, dass ich sie nicht besser kennen lernen kann, aber vielleicht treffen wir uns ein anderes Mal.“ Während sie mich weiterhin ungläubig musterte, trat sie einen Schritt zur Seite, um mich vorbeizulassen. „Ich melde mich bei dir, Pedro. Bis dann.“ Marias eisig blaue Au-gen zeigten mir unmissverständlich, dass es höchste Zeit für mich wurde, zu verschwinden.