Die Katze riecht die Lunte: Ein Fall für Mrs. Murphy

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Overview

Stadtfest in Crozet im schönen Monat Mai: Bei der alljährlichen »Schlacht« in Gedenken an den Bürgerkrieg gibt es dieses Jahr ein sehr reales Opfer zu beklagen. Millionär Sir H. Vane-Tempest wird von drei Kugeln durchbohrt. Einige Tage später ereilt Bauunternehmer Tommy Van Allen ein ähnliches Schicksal. Was hat die beiden Männer verbunden? Privatdetektivin Mary Minor »Harry« Haristeen und ihre tierischen Spürnasen – allen voran Katze Mrs. Murphy – gehen der Sache auf den Grund.

 

Alle Fälle der Mrs.-Murphy-Erfolgsserie gibt es jetzt als E-Books bei Ullstein!


Product Details

ISBN-13: 9783843715881
Publisher: Ullstein Ebooks
Publication date: 04/06/2018
Series: Ein Mrs.-Murphy-Krimi , #7
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 400
File size: 10 MB
Language: German

About the Author

About The Author
Rita Mae Brown, geboren in Hanover, Pennsylvania, wuchs in Florida auf. Sie studierte in New York Filmwissenschaft und Anglistik und war in der Frauenbewegung aktiv. Berühmt wurde sie mit dem Titel Rubinroter Dschungel und durch ihre Romane mit der Tigerkatze Sneaky Pie Brown als Co-Autorin. Weitere Informationen finden Sie unter: ritamaebrown.com

Rita Mae Brown, geboren in Hanover, Pennsylvania, wuchs in Florida auf. Sie studierte in New York Filmwissenschaft und Anglistik und war in der Frauenbewegung aktiv. Berühmt wurde sie mit dem Titel Rubinroter Dschungel und durch ihre Romane mit der Tigerkatze Sneaky Pie Brown als Co-Autorin.


Sneaky Pie Brown ist Co-Autorin von Rita Mae Brown. Beide leben in Crozet, Virginia.

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Betörender Fliederduft waberte über das Weidegras. Mrs. Murphy war auf Rose Hill, der Farm der alten Tally Urquhart, in den verlassenen Nebengebäuden auf nächtlicher Jagd. Das Herzstück der Farm, die früher ein bedeutendes Gut gewesen war, befand sich nach wie vor in tadellosem Zustand. Aufgrund ihres hohen Alters sowie steigender Steuern und Löhne sah sich Thalia »Tally« Urquhart wie so viele ihresgleichen gezwungen, die abseits gelegenen Gebäude sich selbst zu überlassen.

Eine große aus Stein errichtete Scheune, deren Mittelgang so breit war, dass vier Heuwagen nebeneinander Platz fanden, stand inmitten kleiner anderthalbstöckiger Steinhäuser mit Schieferdächern. Die Gebäude, wenngleich von zerbrochenen Fensterscheiben zernarbt, waren so solide konstruiert, dass sie trotz der in ihren Schornsteinen nistenden Vögel Bestand haben würden. Die Scheune mit ihren Stützbalken aus ganzen Baumstämmen würde dieses Jahrhundert überstehen und das nächste ebenfalls.

Von den Gebäuden blätterte die Farbe ab und legte ein warmes Grau darunter frei, das hie und da einen rosagrauen Schimmer aufwies.

Die Tigerkatze schnupperte in der Luft; tiefe Wolken und Nebel näherten sich rasch von Westen; sie glitten die Blue Ridge Mountains hinab wie Karamellsirup auf einem Eisbecher.

Gewöhnlich ging Mrs. Murphy nahe ihrer eigenen Farm auf Jagd. Oft wurde sie von Pewter begleitet, die ungeachtet ihres Umfangs eine eifrige Mäusefängerin war. Heute Abend wollte Murphy allein jagen. Dabei konnte sie so richtig abschalten. Sie liebte es, regungslos auf die Mäuse zu warten, die in den verrottenden Jutefuttersäcken umherhuschten und deren winzige Krallen auf den Balken des Heubodens umhertappten.

Da sich niemand um die urquhartschen Scheunen kümmerte, war die Mäusejagd ausgesprochen ergiebig. Getrocknete Maiskörner und anderes Getreide zogen die kleinen Räuber ebenso an wie die Scheune selbst, die sich bestens für die Aufzucht junger Mäuse eignete.

Ein modriges Kummet aus den späten 1930er Jahren hing vergessen an der Wand der Gerätekammer; die Maultiere, die es einmal getragen hatten, waren längst in die ewigen Maultiergründe eingegangen.

Mrs. Murphy brach die Mäusejagd ab, um die Anfang des neunzehnten Jahrhunderts erbaute Scheune zu inspizieren. Wie schön die Farm einst gewesen sein musste. Mrs. Murphy war stolz auf ihre Kenntnisse der Menschengeschichte, die von den Zweibeinern in ihrem Aktualitätsbestreben oft vernachlässigt wurde. Außerdem, sinnierte sie, was heute aktuell ist, ist morgen aus der Mode.

Wie die meisten ihrer Artgenossen blickte die Tigerkatze über den Tag hinaus.

Ihr ureigener Mensch, Mary Minor Haristeen, genannt Harry, die junge, hübsche Posthalterin von Crozet, Virginia, interessierte sich sowohl für Geschichte als auch für das Verhalten der Tiere. Sie verschlang Bücher und hatte ihre Tierkenntnis am Virginia Polytechnic Institute in Blacksburg und dem Marion-DuPont-Scott-Zentrum für Pferdeforschung in Leesburg, Virginia, vertieft. Harry studierte sogar die Etiketten auf den Trockenfutterpackungen, um sich zu vergewissern, dass die Katzen mit genügend Nährstoffen versorgt wurden. Sie kümmerte sich mit Liebe und Sachverstand um ihre zwei Katzen, einen Hund und drei Pferde.

Rings um die Gebäude brachen wie eh und je die Blumen hervor. Die riesigen Fliedersträucher erblühten jedes Frühjahr. So wurde der traurige Anblick der verfallenden alten Stätte durch die kräftige Flora gemildert.

Die Katze trat aus der Scheune, betrachtete die zunehmenden Abendwolken und beschloss, nach Hause zu eilen, ehe der Nebel dichter wurde. Zwei Bäche und ein mittelhoher Hügelkamm bildeten die größten Hindernisse. Sie konnte die sechs Kilometer trabend in einer Stunde zurücklegen; in noch kürzerer Zeit, wenn sie rannte. Mrs. Murphy konnte mühelos sechs Kilometer rennen. Ein gesunder Jagdhund brachte es auf sechzig Kilometer am Tag. So gern sie rannte, sie war heilfroh, kein Jagdhund zu sein. Oder überhaupt ein Hund. Mrs. Murphy konnte Hunde gut leiden, betrachtete sie jedoch meistenteils als niedere Spezies, mit Ausnahme der Corgihündin Tucker, mit der sie zusammenlebte und die einer Katze beinahe ebenbürtig war. Das würde sie Tucker natürlich nicht auf die Nase binden ... niemals.

Sie trabte fort von dem magischen Ort, über die lang gestreckte, flache Weide, die Tally Urquhart einst als Flugplatz gedient hatte. In ihren Sturm- und Drangjahren hatte sie die Bewohner von Mittelvirginia damit schockiert, dass sie Flugzeuge flog. Dass sie nichts vom Heiraten hielt, hatte ein Übriges getan.

Tally Urquhart war Mim Sanburnes Tante. Mim war in den Rang der unangefochtenen Anführerin der Gesellschaft von Crozet aufgestiegen, als ihre Tante diese Stellung vor zwanzig Jahren aufgegeben hatte. Mrs. Murphy sagte Mim gern kichernd ins Gesicht: »Ah, willkommen, Ritterin der Schwafelrunde.« Da Mim kein Kätzisch verstand, empfand die Grande Dame ihre Worte nicht als Beleidigung.

Auf der anderen Seite des Flugplatzes erstreckte sich ein Haferfeld, dessen Halme soeben durch die Erde spitzten, bis hin zum ersten Bach.

Dort blieb die Katze stehen. Die Wolken senkten sich, die Feuchtigkeit war fühlbar. Mrs. Murphy meinte ein Grollen zu hören. Die Sinne rasiermesserscharf, blickte sie in jede Richtung, auch nach oben. Eulen waren tödlich bei dieser Witterung.

Das Grollen kam näher. Mrs. Murphy kletterte auf einen Baum – nur für alle Fälle. Über ihr tauchten zwei Räder aus den Wolken auf. Sie sah ein einmotoriges Flugzeug landen, nachsetzen und dann zur Scheune rollen. Unmittelbar vor dem mächtigen Tor blieb es stehen, vierhundert Meter von Mrs. Murphy entfernt.

Eine schlanke Gestalt sprang aus dem Flugzeug, um das Scheunentor zu öffnen. Der Pilot blieb im Cockpit, und als das Tor aufging, tuckerte das Flugzeug in die Scheune. Der Motor wurde abgestellt. Mrs. Murphy sah jetzt zwei Gestalten, eine bedeutend größer als die andere. Sie konnte ihre Gesichtszüge nicht erkennen; sie hatten die Kragen ihrer Trenchcoats hochgeschlagen und waren halb abgewandt, während sie mit den Windstößen kämpften. Gerade als die Menschen sich gegen je eine Torhälfte stemmten und sie schlossen, öffnete der Himmel seine Schleusen.

Ein dicker Regentropfen platschte auf Mrs. Murphys Kopf. Nass zu werden war ihr zuwider, trotzdem wartete sie, um die beiden Menschen die Straße hinunterrennen zu sehen, an den Häusern vorbei. In der Ferne meinte sie einen Motor starten zu hören.

Verärgert, weil sie nicht den Farmweg entlanggelaufen war und so womöglich etwas verpasst hatte, kletterte sie hinunter und rannte im Eiltempo nach Hause. Sie hätte in der urquhartschen Scheune übernachten können, aber Harry wäre außer sich, wenn sie aufwachte und Mrs. Murphy nicht auf ihrem Bett vorfand.

Als sie eine Dreiviertelstunde später die hintere Veranda erreichte, war sie völlig durchnässt. Sie schob sich durch die Tierpforte, schüttelte sich zweimal in der Küche, und als die Schränke hinreichend bespritzt waren, setzte sie ihren Weg ins Schlafzimmer fort.

Tucker schnarchte auf dem Boden am Fußende des Bettes. Pewter hatte sich neben Harry gekuschelt. Die beleibte graue Katze schlug ein leuchtend grünes Auge auf, als Mrs. Murphy aufs Bett sprang.

»Leg dich bloß nicht neben mich. Du bist ganz nass.«

»Es hat sich gelohnt.«

Da gingen beide Augen auf. »Was hast du gefangen?«

»Zwei Feldmäuse und eine Spitzmaus.«

»Lügnerin.«

»Wozu sollte ich mir das wohl ausdenken?«

Pewter schloss beide Augen und schnippte ihren Schwanz über die Nase. »Weil du immer in allem die Beste sein musst.«

Die Tigerkatze ignorierte diesen Hinweis, schlich ans Kopfende des Bettes, hob die Wolldecke an und schlüpfte darunter, blieb aber auf der Steppdecke. Wenn sie sich unter alle Decken direkt aufs Laken gelegt hätte, wäre Harry womöglich beim Umdrehen auf das nasse Betttuch und die nasse Katze gestoßen. In der Mitte war Mrs. Murphy besser aufgehoben, und schneller trocknen würde sie auf diese Weise sowieso.

Pewter sagte nichts, doch sie hörte ein gedämpftes »Hihi«, bevor sie wieder einschlief.

CHAPTER 2

Die schrägen Strahlen der Nachmittagssonne ergossen sich über die Weiden von Harrys Farm. Die weit offene Tür zum Heuboden rahmte die schlafende Mrs. Murphy ein. Die Katze hatte sich auf den Rücken plumpsen lassen, ihr creme-beiger Bauch sog die Sonnenwärme ein. Ihr Schwanz wiegte sich sachte von einer Seite zur anderen, als würde er in einer Flut von Sonnenlicht treiben.

Simon, das Opossum, schlief zu einer grauen Kugel zusammengerollt am Eingang seines aus alten Heuballen errichteten Nests. Eine abgetragene Kinnkette glitzerte im Innern seiner Höhle. Simon schleppte gern glänzende Gegenstände ab, aber auch Bänder, Handschuhe, sogar alte Zeitungsfetzen.

Tucker schlief unten im Mittelgang des Stalls. Bei jedem Ausatmen flog eine Traube winzig kleiner Insekten auf und ließ sich dann wieder auf ihren Schultern nieder.

Der Mai, neben dem farbenfrohen Oktober gewöhnlich der schönste Monat in Mittelvirginia, blieb dieses Jahr bemerkenswert kühl; die Temperatur hielt sich bei zehn, fünfzehn Grad. Vor einer Woche, in den letzten Apriltagen, war ein Schneesturm von den Blue Ridge Mountains herabgefegt; er hatte die schwellenden Knospen zugedeckt und die Narzissen und Tulpen erfrieren lassen. Das alles war vergessen, als die Judasbäume blühten und der Hartriegel saftig weiß oder rosa auszuschlagen begann. Das Gras wurde grün.

An diesem Nachmittag konnten die Tiere die Augen nicht offen halten. Zuweilen brachte ein abrupter Jahreszeitenwechsel sämtliche Lebewesen vollkommen aus dem Tritt. Sogar Harry, sonst vor Tatendrang kaum zu bremsen, döste in der Sattelkammer. Sie war besten Willens, das Sattelzeug zu reinigen, ein eintöniges Unterfangen, das dem Jahreszeitenwechsel vorbehalten war. Harry hatte viel vor an diesem Morgen, aber sie war eingeschlafen, bevor sie noch das Zaumzeug auseinander genommen hatte.

Die Farm, die ihre verstorbenen Eltern ihr vermacht hatten, betrieb Harry allein – sofern es als »allein« durchging, wenn man geschieden war und den Exmann häufig um sich hatte. Die Farmarbeit, heutzutage durch behördliche Vorschriften erschwert, warf genug Geld ab, um die Steuern abzudecken. Für Essen und Kleidung war Harry auf ihre Anstellung im Postamt von Crozet angewiesen.

Harry, eine Frau in den Dreißigern, war sich ihrer Reize nicht bewusst. Ihr einziges Zugeständnis an weibliche Eitelkeit war ein ordentlicher Haarschnitt. Sie lebte in Jeans, T- Shirts und Cowboystiefeln. Ihre Cowboystiefel trug sie sogar zur Arbeit. Da das Postamt von Crozet klein und abgelegen war, brauchte sie kein Karriere-Outfit.

Harry maß Erfolg am Lachen, nicht am Geld. Sie war ungemein erfolgreich. Wenn sie nicht mit anderen Menschen lachte, dann lachte sie mit der allzeit geistreichen Mrs. Murphy, mit Tucker oder mit Pewter, der Katze, die zum Essen kam.

Pewter, die sich auf Harrys Schoß zusammengerollt hatte, träumte von Crème brûlée. Andere Katzen träumten von Mäusen, Maulwürfen, Vögeln, der gelegentlichen Spinne. Pewter beschwor Bilder von Filet Wellington, Kartoffelbrei, frischem Brot mit Butter und ihrer absoluten Lieblingsspeise, Crème brûlée. Sie hatte die Kruste gern dünn und knusprig.

Ein leises Surren in der Ferne veranlasste Mrs. Murphy, ihr Ohr in diese Richtung zu schnippen. Das wunderliche Geräusch kam näher. Sie schlug ein Auge auf und ließ den Blick über die lange Lehmstraße schweifen, die mit Wasserpfützen vom nächtlichen Regen gesprenkelt war. Sie streckte sich, stand aber nicht auf.

Das kehlige Dröhnen klang nach einer großen Katze, die ihr Territorium absteckt. Murphy hörte deutlich das Knirschen von Reifen auf grobem Kies. Neugierig hob sie den Kopf, richtete sich dann auf, streckte sich von vorne nach hinten und blinzelte im Sonnenlicht.

Auch Pewter hob den Kopf.

Tucker verharrte im Tiefschlaf.

Mrs. Murphy kniff die Augen zusammen und erblickte einen glänzenden schwarzen Wagen, der die ferne Kurve nahm.

»Wir kriegen Besuch.«

Unten hörte niemand auf sie. Mrs. Murphy beugte sich vor und streckte den Kopf vom ersten Stock herunter, als Harrys Nachbar, Blair Bainbridge, am Steuer eines schwarzen Porsche 911 Turbo in die Zufahrt einbog.

Tucker bellte. Mrs. Murphy lachte in sich hinein – »Hunde!« –, als sie zur Leiter schlenderte. Das Erklimmen und Herabsteigen von Leitern war eine ihrer Paradeübungen. Letzteres war schwerer zu lernen gewesen. Der Trick bestand darin, nicht nach unten zu gucken.

Sie trottete durch den staubigen Mittelgang zu Blair hinaus. Harry wachte auf, als Pewter ihr das Gesicht abschleckte. Tucker schnaubte, entrüstet über diese Ruhestörung, und trat ins Sonnenlicht.

Blair grinste. »Hallo, Mrs. Murphy.«

»Hallo.« Sie rieb sich an seinem Bein.

»Jemand zu Hause?«, rief Blair.

»Bin sofort da«, antwortete Harry schlaftrunken.

Die Tigerkatze schritt um das niedrige, schnittige Gefährt herum. »Das hat eine Katze entworfen.«

»Wieso?« Tucker beäugte das Auto ohne große Begeisterung, aber Tucker bekundete nie große Begeisterung, wenn man sie gerade aufgeweckt hatte.

»Weil es wunderschön und kraftvoll ist.« »Du hast Minderwertigkeitskomplexe, stimmt's?«

Harry ging hinaus, dann blieb sie abrupt stehen. »Wunderschön!«

»Soeben geliefert.« Blair lehnte sich gegen den abgeschrägten vorderen Kotflügel. »Dafür lohnt sich der ganze Mist, den ich mache.«

»Das Leben als Model kann nicht so schrecklich sein.«

»Aber auch nicht so toll. Es ist nichts ...« – er hielt inne – »Solides. Es ist oberflächlich.« Er wedelte abschätzig mit der Hand. »Und früher oder später bin ich weg vom Fenster. Es ist gnadenlos.«

»Ich weiß nicht. Du bist zu streng mit dir. Immerhin hast du dir diesen Wagen damit verdient. Ich glaube, etwas so Schönes habe ich noch nie gesehen. Nicht mal der Aston Martin Volante kann da mithalten.«

»Du magst den Aston Martin?« Er hob die dunklen Augenbrauen.

»Und wie. Nicht so sehr wie Pferde, aber ich liebe ihn. Der Volante ist schmuck, aber man sollte gleich einen Mechaniker dazu kaufen. Der hier ist zuverlässiger.«

»Deutsch.«

»Eben.« Sie lächelte.

»Lust auf eine Spritztour?«

»Ich dachte schon, du fragst mich gar nicht.« Sie wandte sich an die beiden Katzen und den Hund: »Ihr haltet die Stellung.«

»Ja, ja«, murrte Mrs. Murphy. »Ich finde, wir sollten alle eine Spritztour machen.«

»Kein Platz«, bemerkte die vernünftige Tucker.

»Ich brauch nicht viel Platz – im Gegensatz zu dir.«

»Was willst du damit sagen?«

»Nichts.« Mrs. Murphy streckte den Schwanz senkrecht in die Höhe und tänzelte zum Haus, während Blair zurücksetzte. Mrs. Murphy fand das Baritongeräusch perfekt, nicht zu tief und schön samtig.

»Nur hundert Turbos werden jedes Jahr für den US-Markt produziert«, sagte Blair, als er das Lenkrad ausrichtete.

Pewter watschelte zum Haus. Sie würdigte den 110000-Dollar-Verbrennungsmotor kaum eines Blickes. »Lauf nicht so schnell«, schalt sie ihre Gefährtin.

Um sie zu ärgern, sprang die Tigerkatze anmutig auf die umzäunte Veranda und stieß mit der Pfote die unverriegelte Fliegentür auf.

»Ich hasse sie«, murmelte Pewter.

»Ich auch.« Tucker ging neben der grauen Katze her. »Die größte Angeberin seit dem großen Zampano.«

»Das hab ich gehört.«

»Uns doch egal«, meinte Tucker.

»Langweilig.« Mrs. Murphy duckte sich durch das Tiertürchen in die Küche.

»Hat sie gesagt, ich bin langweilig?«

»Nein, Pewter, sie hat gemeint, uns ist langweilig.«

»Im Mai passiert aber auch nie was.«

Mrs. Murphy steckte den Kopf heraus. »Blair Bainbridge hat einen Porsche Turbo gekauft. Das nenne ich ein bedeutendes Ereignis.«

Pewter und Tucker, die jetzt flotter gingen, erreichten die Fliegentür. Die Corgihündin setzte sich, während die Katze die Tür öffnete.

»Das zählt nicht.« Pewter stieß die Tür weit auf.

Mrs. Murphy verdrückte sich in die Küche. Pewter sauste als Erste durch die Tierpforte.

»Was für ein Ereignis würdet ihr euch denn wünschen?«, fragte Mrs. Murphy.

»Dass ein Fleischtransporter vor dem Postamt umkippt.« Tucker wedelte mit ihrem nicht vorhandenen Schwanz.

»Wisst ihr noch, wie an Halloween der Menschenkopf in einem Kürbis steckte?« Pewters Pupillen weiteten sich.

»Ekelhaft!« Mrs. Murphy erinnerte sich an das grausige Ereignis, das ein paar Jahre zurücklag.

»Wieso ekelhaft? Ich hab ihn gefunden, nicht du.«

»Ich mag nicht daran denken.« Mrs. Murphy leckte hingebungsvoll ihre Vorderpfoten, dann fuhr sie sich damit übers Gesicht.

Sie betrachtete die Nordseite des Stalls, die breite, flache Seite, von der die Farbe abplatzte. Eine gemalte Coca-Cola-Reklame mit schwarzem Hintergrund blätterte stellenweise ab.

(Continues…)


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