Das Gemälde der Tänzerin

Ein altes Hotel, der mysteriöse Tod eines Zimmermädchens und ein verschollenes Gemälde
Helena hat alles verloren: Ihre Zukunft als talentierte Ballerina, ihre große Liebe und die Unabhängigkeit. Inzwischen ist sie arbeitslos und lebt am Existenzminimum. Als sie endlich einen Job als Zimmermädchen erhält, scheint sich das Schicksal zu wenden. Nur soll sie ausgerechnet in dem Schweizer Hotel arbeiten, dessen Besitzer vor vielen Jahren ihr Leben zerstört hat. Doch Helena hat keine Wahl, sie braucht den Job. Eines Tages erfährt sie im Hotel von dem tragischen Schicksal eines 1942 ermordeten Zimmermädchens. Der Mord scheint mit einem verschollenen Gemälde zusammenzuhängen. Helena beschließt, dem Rätsel auf den Grund zu gehen und das Gemälde zu suchen, doch auch der attraktive Krimiautor Noah ist ihm bereits auf der Spur. Als Noah Helena um einen Gefallen bittet, droht ein jahrelang gehütetes Geheimnis ans Licht zu kommen.

Meinungen zum Buch:
Ein Buch was einen Eindruck hinterlässt, und welches ich nicht so schnell vergessen werde. (Rezensentin auf Vorablesen)
Dieser Roman hat mich wirklich von der ersten Minute an gefesselt, es hat mir richtig Spaß gemacht, das Leben der Familien zu erkunden und hinter das Geheimnis zu kommen. Ich war sogar ein bisschen traurig, dass das Buch nun zu Ende war. Diese Autorin muss ich mir unbedingt merken! (Rezensentin auf Vorablesen)
Dieses Buch macht süchtig und ich war nicht fähig, mit dem Lesen aufzuhören. Es ist wirklich ein niveauvoller Bestseller mit viel Humor, Ironie und Kritik. (Rezensentin auf Vorablesen)
Von Christine Jaeggi sind bei Forever by Ullstein erschienen:
Das Geheimnis der Muschelprinzessin
Unvollendet
Das Gemälde der Tänzerin

1130526121
Das Gemälde der Tänzerin

Ein altes Hotel, der mysteriöse Tod eines Zimmermädchens und ein verschollenes Gemälde
Helena hat alles verloren: Ihre Zukunft als talentierte Ballerina, ihre große Liebe und die Unabhängigkeit. Inzwischen ist sie arbeitslos und lebt am Existenzminimum. Als sie endlich einen Job als Zimmermädchen erhält, scheint sich das Schicksal zu wenden. Nur soll sie ausgerechnet in dem Schweizer Hotel arbeiten, dessen Besitzer vor vielen Jahren ihr Leben zerstört hat. Doch Helena hat keine Wahl, sie braucht den Job. Eines Tages erfährt sie im Hotel von dem tragischen Schicksal eines 1942 ermordeten Zimmermädchens. Der Mord scheint mit einem verschollenen Gemälde zusammenzuhängen. Helena beschließt, dem Rätsel auf den Grund zu gehen und das Gemälde zu suchen, doch auch der attraktive Krimiautor Noah ist ihm bereits auf der Spur. Als Noah Helena um einen Gefallen bittet, droht ein jahrelang gehütetes Geheimnis ans Licht zu kommen.

Meinungen zum Buch:
Ein Buch was einen Eindruck hinterlässt, und welches ich nicht so schnell vergessen werde. (Rezensentin auf Vorablesen)
Dieser Roman hat mich wirklich von der ersten Minute an gefesselt, es hat mir richtig Spaß gemacht, das Leben der Familien zu erkunden und hinter das Geheimnis zu kommen. Ich war sogar ein bisschen traurig, dass das Buch nun zu Ende war. Diese Autorin muss ich mir unbedingt merken! (Rezensentin auf Vorablesen)
Dieses Buch macht süchtig und ich war nicht fähig, mit dem Lesen aufzuhören. Es ist wirklich ein niveauvoller Bestseller mit viel Humor, Ironie und Kritik. (Rezensentin auf Vorablesen)
Von Christine Jaeggi sind bei Forever by Ullstein erschienen:
Das Geheimnis der Muschelprinzessin
Unvollendet
Das Gemälde der Tänzerin

5.99 In Stock
Das Gemälde der Tänzerin

Das Gemälde der Tänzerin

by Christine Jaeggi
Das Gemälde der Tänzerin

Das Gemälde der Tänzerin

by Christine Jaeggi

eBook1. Auflage (1. Auflage)

$5.99 

Available on Compatible NOOK devices, the free NOOK App and in My Digital Library.
WANT A NOOK?  Explore Now

Related collections and offers

LEND ME® See Details

Overview

Ein altes Hotel, der mysteriöse Tod eines Zimmermädchens und ein verschollenes Gemälde
Helena hat alles verloren: Ihre Zukunft als talentierte Ballerina, ihre große Liebe und die Unabhängigkeit. Inzwischen ist sie arbeitslos und lebt am Existenzminimum. Als sie endlich einen Job als Zimmermädchen erhält, scheint sich das Schicksal zu wenden. Nur soll sie ausgerechnet in dem Schweizer Hotel arbeiten, dessen Besitzer vor vielen Jahren ihr Leben zerstört hat. Doch Helena hat keine Wahl, sie braucht den Job. Eines Tages erfährt sie im Hotel von dem tragischen Schicksal eines 1942 ermordeten Zimmermädchens. Der Mord scheint mit einem verschollenen Gemälde zusammenzuhängen. Helena beschließt, dem Rätsel auf den Grund zu gehen und das Gemälde zu suchen, doch auch der attraktive Krimiautor Noah ist ihm bereits auf der Spur. Als Noah Helena um einen Gefallen bittet, droht ein jahrelang gehütetes Geheimnis ans Licht zu kommen.

Meinungen zum Buch:
Ein Buch was einen Eindruck hinterlässt, und welches ich nicht so schnell vergessen werde. (Rezensentin auf Vorablesen)
Dieser Roman hat mich wirklich von der ersten Minute an gefesselt, es hat mir richtig Spaß gemacht, das Leben der Familien zu erkunden und hinter das Geheimnis zu kommen. Ich war sogar ein bisschen traurig, dass das Buch nun zu Ende war. Diese Autorin muss ich mir unbedingt merken! (Rezensentin auf Vorablesen)
Dieses Buch macht süchtig und ich war nicht fähig, mit dem Lesen aufzuhören. Es ist wirklich ein niveauvoller Bestseller mit viel Humor, Ironie und Kritik. (Rezensentin auf Vorablesen)
Von Christine Jaeggi sind bei Forever by Ullstein erschienen:
Das Geheimnis der Muschelprinzessin
Unvollendet
Das Gemälde der Tänzerin


Product Details

ISBN-13: 9783958183742
Publisher: Forever
Publication date: 05/06/2019
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 350
File size: 3 MB
Language: German

About the Author

Christine Jaeggi, geboren 1982, lebt mit ihrem Partner in der Schweizer Stadt Luzern. In ihrer Freizeit treibt sie gerne Sport, liest viel und – schreibt! Für ihren Debütroman "Fatale Schönheit" wurde sie 2015 mit dem ersten e-ditio Independent Publishing Award ausgezeichnet. Sie schreibt spannende Liebesgeschichten, in denen familiäre Beziehungen eine große Rolle spielen, und lässt gerne historische Begebenheiten einfließen. 

CHRISTINE JAEGGI, geboren 1982, lebt mit ihrem Partner in der Schweizer Stadt Luzern. In ihrer Freizeit treibt sie gerne Sport, liest viel und – schreibt! Für ihren Debütroman »Fatale Schönheit« wurde sie 2015 mit dem ersten e-ditio Independent Publishing Award ausgezeichnet. Sie schreibt spannende Liebesgeschichten, in denen familiäre Beziehungen eine große Rolle spielen, und lässt gerne historische Begebenheiten einfließen. 

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Luzern, Mittwoch, 20. Juni 2018

Helena

Helena unterdrückte den Impuls laut loszulachen, obwohl ihr eigentlich zum Heulen zumute war. Welche Ironie des Schicksals! Da hatte sie endlich Aussicht auf einen Job, und dann das!

»Die Stelle ist wirklich im Hotel Kronenberg?«, fragte sie, um sich zu vergewissern, dass sie Frau Lutz – ihre Personalberaterin hier im RAV, dem regionalen Arbeitsvermittlungszentrum – richtig verstanden hatte.

Diese strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die ihr der brummende Ventilator alle zehn Sekunden erneut in die Stirn wehte. »Genau.«

»Unglaublich«, murmelte Helena, was Frau Lutz stirnrunzelnd quittierte.

»Frau Saxer«, begann sie mit warnendem Unterton. »Andere Möglichkeiten haben Sie nicht. Ich weiß, Sie möchten wieder als Verkäuferin arbeiten, doch diese Stellen sind momentan rar. Seit die Modekette Jewel so viele Filialen schließen und Mitarbeiter entlassen musste, ist ...« Ruckartig wandte sie sich zum Ventilator. »Dieses Gerät treibt mich noch in den Wahnsinn!« Sie stellte ihn so ein, dass er sich nicht mehr drehte und stattdessen nur in eine Richtung – Helenas Richtung – blies. Vorsichtig rückte Helena ihren Stuhl etwas nach rechts, um dem Wind zu entgehen und hörte Frau Lutz aufmerksam zu.

»Jedenfalls ist die Situation seither höchst prekär. Dazu kommt, dass sich gewisse Geschäfte sogar Verkaufsroboter anschaffen, wodurch unqualifizierte Leute wie Sie ihre Stelle verlieren.«

Helena schluckte. Selbst für sie klang es nach wie vor absurd, entsprach aber leider der Wahrheit. Ihre ehemalige Chefin war eine Trendsetterin und wollte auch technologisch einen Schritt weiter sein als andere Kleidergeschäfte. Deshalb hatte sie sich einen Verkaufsroboter angeschafft – ein blödes Ding aus weißem Kunststoff.

Helena konzentrierte sich wieder auf Frau Lutz, die ihr gerade einen Vortrag hielt.

»Unser Ziel ist Ihre rasche Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Deshalb unterstützen wir Sie ja auch in jeder Form. Aber im Gegenzug verlangen wir, dass Sie Ihren Pflichten nachkommen. Dazu gehört auch, nicht wählerisch zu sein und sich für jede zumutbare Stelle zu bewerben! Auch als Zimmermädchen!«

Helena nickte schnell. »Ja, ich weiß. Ich habe wirklich kein Problem damit, Zimmer zu putzen. Nur nicht im Hotel Kronenberg.«

Frau Lutz rückte ihre Brille zurecht. »Was haben Sie gegen das Kronenberg? Es ist ein Fünf-Sterne-Nobelhotel.«

Helena starrte auf eine Reihe schief stehender Ordner auf dem Schreibtisch, die jederzeit umfallen konnten. Die Inhaber des Kronenbergs haben vor vielen Jahren mein Leben zerstört, hätte sie am liebsten gesagt, murmelte stattdessen aber ein bedeutungsloses »eigentlich nichts«, was Frau Lutz aufseufzen ließ.

»Frau Saxer, Sie sind jetzt schon fast drei Monate auf Arbeitssuche. Obwohl, wenn ich es mir recht überlege, sind es bereits fünf, wenn wir die zwei Monate dazuzählen, die Sie noch bei Graziella angestellt waren. Außer einer nicht abgeschlossenen Tanzausbildung können Sie nichts vorweisen. Aber ohne Ausbildung und Qualifikationen sind Sie schwer vermittelbar auf dem Arbeitsmarkt. Deshalb müssen Sie sich für diesen Job bewerben, sonst kürzen wir Ihnen das Taggeld. Abgesehen davon ist noch nicht klar, ob Sie die Stelle überhaupt erhalten.« Sie schob Helena das Stelleninserat zu. »Falls ja, könnten Sie sofort beginnen. Ein Glücksfall!«

»Ja, ein Glücksfall«, sagte Helena wenig motiviert und faltete das Inserat zusammen. »Ich werde mich bewerben.« Sie würde dadurch zwar ihr Versprechen nicht einhalten, das sie den Kronenbergs vor langer Zeit gegeben hatte, aber darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Im Moment ging es nur darum, wieder Geld zu verdienen.

* * *

Schwitzend radelte Helena eine Stunde später über die Langensandbrücke. Ein Zug ratterte darunter durch, Autos fuhren an ihr vorbei, und die Sonne brannte in voller Stärke auf ihren Kopf. Doch sie nahm das Treiben um sie herum kaum wahr, ihre Gedanken drehten sich gänzlich um die Stelle im Kronenberg. Sie hatte ihre elektronische Bewerbung vorhin im Informationszentrum des Arbeitshilfswerks abgeschickt und blickte dem Ganzen mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits hoffte sie den Job zu bekommen, andererseits hatte sie Angst vor den Kronenbergs. Wenigstens erkannte man sie aufgrund ihres Namens nicht mehr, sie war inzwischen Helena Saxer, nicht mehr Lena Arnold. Sie hatte immer gewusst, dass es eines Tages nützlich sein würde, den Namen ihres Ex-Mannes nach der Scheidung zu behalten. Nichtsdestotrotz, das Risiko einer Begegnung mit den Kronenbergs blieb bestehen, wenn auch ihre kurzen Recherchen zuvor im Internet des Arbeitshilfswerks sie ein wenig beruhigt hatten. Die alte Hexe Irmgard Kronenberg lebte längst nicht mehr, und deren Schwiegertochter Agnes Kronenberg kümmerte sich hauptsächlich um ihre sozialen Projekte. Ihr Sohn Ralph, den Helena am meisten fürchtete, hatte die Leitung des Hotels seinem Sohn übertragen und war nun als Direktor der ganzen Hotelkette Kronenberg Luxury Hotels tätig, deren Hauptsitz in Zürich lag. Gut möglich, dass sie ihm gar nie begegnen würde. Und wenn doch? Wie würde seine Reaktion ausfallen?

Helena trat in die Pedale und vergaß ihre Sorgen mit dem Fahrtwind. Sie fuhr an ihrer Wohnstraße vorbei Richtung Einkaufscenter im Schönbühlquartier. Obwohl es näher gelegene Lebensmittelgeschäfte gab, nahm sie den Umweg in Kauf, weil der Discounter im Einkaufscenter wesentlich billiger war als die anderen Geschäfte.

Als sie wenig später mit ihrer Einkaufsliste den Laden betrat, empfing sie eine angenehme Kühle, aber bei dem Gedanken an ihr streng kalkuliertes Einkaufsbudget und die hohen Preise geriet sie sofort wieder ins Schwitzen. Sie nahm ihr uraltes Nokia-Klapphandy hervor und öffnete die Taschenrechnerfunktion. Beim Obst machte sie den ersten Halt. Eine ältere Frau tastete die Mangos ab und legte sich zwei Stück in den Einkaufswagen, ehe sie die Bananen inspizierte. Helena überflog die Preise auf den Schildchen und erschrak. Fast fünf Franken für ein Körbchen Erdbeeren oder Himbeeren! Die Blaubeeren kosteten sogar über sechs! Auch der Preis für die Pfirsiche und Aprikosen lag noch immer hoch. Helena schluckte ihren Frust hinunter. Wie jedes Mal stieg der Wunsch in ihr auf, einmal nicht auf das Geld achten zu müssen und all das in den Korb zu legen, was ihr Herz begehrte. Aber im Moment musste sie froh sein, wenn sie überhaupt etwas kaufen konnte.

Kurze Zeit später verließ sie den Laden und kam an einer Filiale von Jewel vorbei, dem Kleidergeschäft, das Frau Lutz vorhin erwähnt hatte. Es war kaum zu übersehen, dass es sich um dessen letzte Tage handelte, riesige gelbe Plakate priesen es an: Total Liquidation! Alles muss raus! Jetzt oder nie!

Helena erhaschte einen Blick auf einen Tisch voller zerwühlter Kleidungsstücke und erinnerte sich an ihre Arbeit bei Graziella. Sie hatte den Job gemocht. Es gefiel ihr, die Kundinnen zu beraten, die Schaufensterpuppen anzukleiden und die Klamotten am Abend wieder schön zusammenzufalten. Nun bediente ein Roboter die Kasse und kümmerte sich um die Kunden. Die Aufgaben, die er noch nicht bewerkstelligen konnte, erledigte ihre ehemalige Arbeitskollegin, die mit ihren erst zwanzig Jahren billiger war als Helena mit fünfunddreißig.

Gerade als sie weitergehen wollte, streifte ihr Blick ein dunkelrotes Sommerkleid aus Jersey, das an einer Kleiderstange mit der Beschilderung 70% Liquidationsrabatt hing. Sie spähte auf das Preisschild. Abzüglich Rabatt kostete das Kleid noch immer zwölf Franken. Für viele Leute ein Schnäppchen, aber für sie ein Vermögen.

Sie wandte sich ab und wollte gehen, als ihr plötzlich ihr müdes und blasses Gesicht in einem Spiegel entgegenstarrte. Hilfe! Bin das wirklich ich? Sie trat näher. Fältchen zeigten sich auf der Stirn und um die Augen und Mundwinkel herum. Und hatte sie schon immer solche Augenringe gehabt oder lag das nur an dem grellen Licht? Wenigstens ihr leicht gewelltes, hellbraunes Haar, das sie nackenlang trug, sah hübsch aus. Erst kürzlich hatte es ihre Mutter, eine Friseurin, geschnitten. Von ihren einst hüftlangen Locken hatte sich Helena während der Schwangerschaft vor sechzehn Jahren getrennt und trug seither den praktischen Kurzhaarschnitt. Dabei hatte man sie gerade für ihr Haar immer bewundert. Die schöne Helena mit den Seidenlocken und den azurblauen Augen, hatte sie einst ein Tanzlehrer beschrieben. Doch jetzt war sie weit entfernt von der bezaubernden Ballerina. Wenigstens strahlte sie durch ihre gerade Haltung und den hocherhobenen Kopf noch immer eine gewisse Anmut aus. Die jahrelang antrainierte Grazie war ihr nie verloren gegangen, auch wenn sie das Leben oft niedergedrückt hatte. Richtig getanzt hatte sie aber seit Jahren nicht mehr, und auf Spitze würde sie es ohnehin nicht mehr beherrschen, dazu gehörte hartes Training. Nur gelegentlich ertappte sie sich dabei, wie sie ein paar leichte Tanzschritte durchführte wie ein Demi oder Grand-plié. Manchmal drehte sie auch eine Pirouette oder machte einen Pas de chat. In ihren Gedanken aber schwebte sie über das Parkett und vollführte ein Fouetté en tournant, wie früher, als sie in Höchstform gewesen war; ein überschlankes biegsames Muskelpaket. Dazu summte sie die Melodien von Tschaikowsky oder Adolphe Adam aus ihren Lieblingsballetten Nussknacker, Schwanensee und Giselle, stellte sich vor, was wäre, wenn sie noch einmal ... »Ach Helena«, sagte sie zu ihrem Spiegelbild, bevor sie ging. »Du bist eine Traumtänzerin.«

CHAPTER 2

Mexiko/Tulum, Donnerstag, 21. Juni 2018

Noah

Kraftvoll paddelte Noah vor die sich aufbauende Welle, sprang auf das Brett und ritt wie in Trance über das rauschende Wasser. Er liebte das Gefühl, mit dem Ozean vereint zu sein und dessen Stärke zu spüren. So nahm er eine Welle nach der anderen, bis allmählich die Dämmerung einsetzte und seine Glieder immer schwerer wurden. Zeit für ein großes Steak und einen Cuba Libre!

Die starke Atlantikströmung hatte ihn ein gutes Stück die Küste hinabgetrieben, sodass er einige Meter am Strand zurücklaufen musste. Ab und zu schwappte eine Welle über seine Füße, und der Wind trug ihm feine Tröpfchen Salzwasser ins Gesicht. Die untergehende Sonne wärmte ihn mit ihren letzten Strahlen und färbte das Meer in einen schillernden Orange-Ton.

Als er sich seinem Bungalow näherte, huschten zwei Agutis – riesige Nagetiere – an ihm vorbei und verschwanden blitzartig im Gebüsch. Von weither vernahm er schwach die Klänge einer Mariachigruppe, die in einem der großen Hotelresorts ihren Auftritt hatte. Ansonsten dominierten das Meeresrauschen, das Geschrei der Möwen und das Fiepen der Vögel aus dem Palmenwald.

Nachdem er sich ein Steak und einen Maiskolben gegrillt und verspeist hatte, schaute er kurz im Hotel vorbei. Nur um sich zu vergewissern, dass Alejandro, sein Assistent, alles unter Kontrolle hatte. Vielleicht sollte er ihn zum neuen Manager befördern und dafür selbst etwas kürzer treten? Dann hätte er noch mehr Zeit für seine Romane. Alejandro und das Team führten das Despacito schließlich ganz nach seinen Vorstellungen. Noah hatte die kleine Hotelanlage in Tulum an der Riviera Maya, einem der schönsten Küstenstreifen an der Karibikküste Mexikos, vor ein paar Jahren aufgebaut. Das Despacito verfolgte ein anderes Konzept als die riesigen Luxusresorts in der Umgebung. Im Vordergrund standen die Natur und die Möglichkeit für die Gäste, dem hektischen Alltag zu entfliehen und vereint mit der Natur zu sich selbst zu finden. Störfaktoren wie TV-Geräte, Animationsshows und dergleichen gab es im Despacito nicht. Auch keine Tennisplätze, Fitnesscenter und wasserverschwendende Swimmingpools. Die Bungalows waren schlicht, und das Restaurant bot urmexikanische Speisen anstelle von Haute Cuisine.

Noah selbst lebte etwa fünfzehn Minuten vom Hotel entfernt, in einem von Kokospalmen umgebenen Bungalow direkt am Meer. Das schlichte Häuschen besaß nur zwei kleine Zimmer, Kochnische, Bad und eine Veranda. Kein Luxus, aber für ihn das Paradies. Was brauchte er mehr als den Ozean, der ihm das Gefühl von Freiheit verlieh? Und die Ruhe, die er für seine Bücher benötigte.

Mit einem Cuba Libre und dem Notebook legte er sich in die Hängematte. Die Wellen schäumten kräftig auf, Palmenblätter raschelten. Wiedermal ein perfekter Abend, dachte er. Fehlte nur noch Seda, aber sie war zurzeit in Monterrey bei ihren Eltern. Wenigstens konnte er sich nun seinem neuen Thriller widmen. »Eigentor« lautete der Arbeitstitel und war sein sechstes Buch. Alle fünf davor hatten es auf die Bestsellerlisten geschafft, zwei waren bereits verfilmt worden, für ein drittes entstand momentan ein Drehbuch. Dass er es einmal so weit schaffen würde, hätte er nie zu träumen gewagt. Allerdings war ihm auch keine Karriere als Schriftsteller, sondern als Direktor eines der Kronenberg Hotels vorbestimmt gewesen. Nur mit viel Mühe hatte er dem entgehen können. Zuletzt war es aber sein Idealismus gewesen, der ihn vor zwölf Jahren nach Mexiko getrieben hatte.

Gerade als er das Notebook starten wollte, klingelte sein Handy und er zog es aus der Tasche seiner Shorts. Für gewöhnlich hatte er es beim Schreiben nicht dabei, aber heute erwartete er einen Anruf von Seda. Sie hatte ihm am Nachmittag bereits geschrieben, dass sie ihm etwas Wichtiges mitteilen müsse. Doch es war nicht Seda, stellte Noah beim Blick auf das Display fest, sondern sein Vater. Seltsam. Für gewöhnlich rief ihn nur seine Mutter an, allerdings nicht um diese Uhrzeit. In der Schweiz war es mitten in der Nacht. Mit unguter Vorahnung ging er ran. »Ja, Vater?«

»Hallo, Noah.« Die sonst schroffe Stimme seines Vaters klang sehr ruhig, was Noahs missliches Gefühl verstärkte. Es gab nur eine Erklärung: Etwas Schlimmes musste passiert sein.

CHAPTER 3

Luzern, Donnerstag, 28. Juni 2018

Helena

Nervosität äußerte sich bei Helena nicht nur durch ein schneller pochendes Herz, sondern auch in der Form eines eigenartigen Kribbelns im linken Handgelenk. Schon früher vor den Ballettauftritten hatte sie damit zu kämpfen gehabt. Und jetzt, als sie sich dem Kronenberg näherte, kam es ihr vor, als würden tausende feine Nadeln in ihr Handgelenk stechen. Mit jedem Schritt verstärkte sich das unangenehme Gefühl. Sie ging an der Seepromenade entlang, zwischen einer Allee von Kastanienbäumen, die ein schattenspendendes Baumdach bildeten, vorbei an prachtvollen Jugendstilhotels, dem Casino, dem Tennisplatz beim Tivoli. Als sie das schmiedeeiserne Eingangstor des Kronenbergs erreichte, blieb sie stehen und atmete tief durch. Die Gitterstäbe waren mit einem Monogramm, einem großen K, verziert. An das Tor grenzten hohe Steinmauern, hinter denen sich kräftige Birken erhoben. Obwohl das Tor leicht offen stand, zögerte Helena kurz und bewunderte von hier aus die alten Mauern des imposanten Herrschaftsbaus. Dann straffte sie die Schultern und betrat den Hotelpark. Kieselsteinchen knirschten unter ihren Schuhen, als sie sich dem Gebäude näherte. Vor dem Terrassencafé blieb sie stehen und fragte sich plötzlich, ob es klug wäre, das Hotel durch den Hintereingang zu betreten. Am Ende würde sie sich noch verirren und musste jemanden vom Servicepersonal fragen, wie zum Beispiel die junge Frau mit dem blonden Pferdeschwanz, die sie gerade arrogant musterte.

Sie eilte um das Gebäude herum zum Haupteingang bei der Haldenstraße. Direkt vor dem überdachten Eingangsbereich stand ein schwarzer, glänzender Wagen. Ein Hotelpage in blauer Uniform lud Gepäck hinein, während ein Mann mit Chauffeursmütze einem asiatischen Geschäftsmann die Wagentür öffnete.

Unsicher betrat Helena die drei breiten Treppenstufen. Sofort öffnete sich die automatische Eingangstür und ließ sie eintreten in eine andere Welt. Ehrfürchtig schaute sie sich in der Lobby um, die an Prunk kaum zu übertreffen war. Der gewienerte, hellgraue Steinboden – war das Marmor? – glänzte so stark, dass sich die Lichter des riesigen Kristallleuchters an der Decke darin spiegelten. Farblich war alles perfekt aufeinander abgestimmt; von den rauchgrauen und cremefarbenen Chintzsesseln bis hin zu den hohen, mit weißen Lilien gefüllten Porzellanvasen. Als Helena den Empfang ansteuerte, musste sie drei Geschäftsmännern ausweichen, die so vertieft in ihre Unterhaltung waren, dass sie sie nicht sahen. Am Empfang stand eine Dame in geblümtem Seidenkleid und sprach mit dem Rezeptionisten. Helena stellte sich hinter sie und schnappte ungewollt ihre Worte auf.

»Wie tragisch!«, rief die Dame. »Noch vor zwei Wochen habe ich mit ihm telefoniert.« Sie sprach gut Deutsch, aber mit starkem englischen Akzent.

(Continues…)


Excerpted from "Das Gemälde der Tänzerin"
by .
Copyright © 2019 Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin.
Excerpted by permission of Ullstein Buchverlage.
All rights reserved. No part of this excerpt may be reproduced or reprinted without permission in writing from the publisher.
Excerpts are provided by Dial-A-Book Inc. solely for the personal use of visitors to this web site.

From the B&N Reads Blog

Customer Reviews