Blinder Eifer (Rainbow's End)

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Overview


Blinder Eifer - Drei tote Frauen und kein Mörder ... Es war ein kalter, grauer Februarnachmittag, und niemandem fiel auf, dass die junge Frau von ihrer Besichtigungstour in Old Sarum nicht zurückgekommen war. Erst am nächsten Morgen findet man Angela Hope - tot in einer Latrine. Alles sieht nach einem tragischen Unfall aus. Nur Inspektor Jury hat seine Zweifel. Denn kurz zuvor sind bereits zwei andere Frauen unter mysteriösen Umständen gestorben. Eine Stickerin brach in der Kathedrale von Exeter zusammen, eine ältere Dame in der Londoner Tate Gallery. Immer mehr drängt sich Jury der Verdacht auf, dass Angelas Tod kein Zufall war, sondern Teil einer ganzen Kette rätselhafter Todesfälle. Denn die drei Opfer hatten eines gemeinsam: Sie waren alle kurz vor ihrem Tod in Santa Fe.
Während die Polizei und Jurys alter Freund Melrose Plant die Nachforschungen in London weiterführen, macht Inspektor Jury sich auf in den amerikanischen Südwesten. Dort glaubt er das entscheidende Puzzlestück finden zu können, um hinter das Geheimnis der mysteriösen Todesserie zu kommen.
Mit "Blinder Eifer" erweist sich Martha Grimes einmal mehr als Königin des Spannungsromans. Auf unvergleichliche Weise entfaltet sie ein wahres Panoptikum an Menschen mit dem leisen Hang zur Exzentrik und zum Spleen: ein wahres Feierwerk der Erzählkunst - hinreißend ironisch und faszinierend abgründig.



Product Details

ISBN-13: 9783894805784
Publisher: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
Publication date: 06/15/2000
Series: Ein Inspektor-Jury-Roman , #13
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 480
File size: 584 KB
Language: German

About the Author

About The Author

Martha Grimes has come a long way since her first Richard Jury mystery was plucked from the publishing house slush pile. There are now more than twenty novels in the bestselling series that stars Scotland Yard Superintendent Richard Jury, including Vertigo 42 (with a tip of the derby to Alfred Hitchcock’s famous movie Vertigo), The Black Cat, and The Blue Last. Grimes is also the author of the novels Foul Matter, Fadeaway Girl, and others. In 2012, she won the Grand Master Award from The Mystery Writers of America.

Hometown:

Washington, DC and Santa Fe, NM

Date of Birth:

May 2, 1931

Place of Birth:

Pittsburgh, Pennsylvania

Education:

B.A., M.A., University of Maryland

Read an Excerpt

1
I
Wie die Männer zu Werke gingen, konnte er sich ja vorstellen, aber die Frauen? Da mußte Trevor lächeln, wahrhaftig. Die Latrinen waren große rechteckige Schächte, und kein dezentes Schild führte einen zu Damen/Herren. Lachend lief er den Festungswall entlang und rauchte die erste Zigarette für heute. Er versuchte, sie sich einzuteilen, nicht mehr als zehn pro Tag. Ganz schön hart. Da half einem schon, wenn man Sinn für Humor hatte. Er begann wieder über die Latrinen nachzudenken. Nein, hier galt die Parole "Eine für alle, alle für eine", egal, ob man die Hosen herunterlassen oder die Röcke hochheben mußte. Trevor machte sich einen Spaß daraus. Immer wenn er am Ausfalltor oder am Palast des Bischofs anhielt, versuchte er, sich in die Zeit der Römer zurückzuversetzen, so zu tun, als sei er einer von ihnen. Manchmal ein Palastwächter, manchmal ein Bäcker im Backhaus - er konnte sich gut in die Rollen hineindenken. Denn er betrachtete sich als Studiosus der Geschichte. Wenn die Dinge in seiner Jugend auch nur ein wenig anders verlaufen wären, wäre er zur Universität gegangen und hätte Geschichte studiert. Da wäre er vielleicht sogar berühmt geworden. Aber Schwamm drüber. Hat nicht sollen sein. Da mußte er eben für sich studieren. Hatte ja jede Menge Zeit, jetzt, wo er in Rente war und zwei Tage die Woche hier Eintrittskarten verkaufte. Darüber hinaus hatte er mehrmals pro Woche seine kleine Gruppe zur Führung. Aber nur im Sommer, wenn die vielen Touristen nach Salisbury kamen. All das konnte einen Mann schon gut auf Trab halten. Und zudem kam man aus dem Haus und der Frau nicht in die Quere. Aus dem Haus zu kommen, das war ein Segen.
Nun befand er sich über dem Palast des Bischofs Roger, so hoch, daß er den Nordwind voll abkriegte. Er zog sich den Kragen enger um den Hals und vergrub die Hände, ohnehin in Wollhandschuhen, tief in den Taschen. Es war Februar und zu dieser Stunde natürlich lausekalt. Nicht, daß er jetzt hier sein mußte, natürlich nicht. Und es stimmte, der Februar war ein grimmiger, rauher Monat. Konnte ganz schön deprimierend sein, wenn man sich zu sehr davon beeindrucken ließ.
Ein Sturm zog auf. Trevor roch den Regen, lange bevor er das Grollen hörte. Es war diese eigenartige Stunde kurz vor der Morgendämmerung. Er liebte den Anblick des ersten schmalen goldenen Saums am Horizont, der die fernen Hügel hinter Salisbury leuchten ließ wie Eishügel. Trev dachte an die Eiszeit. Vor hunderttausend Jahren bestand die Oberfläche der Erde größtenteils aus Eis. Er versuchte sich eine in Eis eingeschlossene Welt auszumalen. Er versuchte sich ein Bild von "vor einhunderttausend Jahren" zu machen. Aber sosehr er seinen alten Kopf anstrengte, er vermochte sich keine solchen Entfernungen in Raum und Zeit vorzustellen. Meine Güte, das gelang ihm ja nicht mal für die Entfernung von hier nach Salisbury.
Freddie Lake, mit dem er im Kartenkiosk arbeitete, mochte den Job nicht, er fand ihn langweilig, tagein, tagaus immer das gleiche. Nichts zu sehen als dämliche kaputte Mauern und Touristen. Aber schlußendlich brauchte man in jedem Job eine gehörige Portion Humor und Phantasie, in dem hier allemal. Das sagte er ja immer zu Freddie: Was dir fehlt, alter Junge, ist Phantasie.
Weit in der Ferne blitzte es, ein eindrucksvoller Anblick. Der Regen war immer noch ziemlich weit weg. Aber er würde kommen. Schwer, hier Entfernungen abzuschätzen. Wieder erhellte ein Lichtstrahl den Turm der Kathedrale von Salisbury. Bildschön, wenn man - wie er - einen Blick für das Kunstzeugs hatte. Wenn er sich nicht für Geschichte begeistert hätte, hätten es die schönen Künste sein müssen, dann hätte er eine künstlerische Laufbahn eingeschlagen. Ja, er wußte diese Sonnenaufgänge zu genießen, auch die Sonnenuntergänge. Nun beobachtete er, wie der goldene Streifen trügerischen Lichts milchig wurde, sich auflöste und beinahe verschwand. O doch, er wußte auch die Natur zu schätzen, schon immer.
Er drückte die Zigarette aus - hätte er doch bloß mit dem Anzünden noch ein wenig gewartet -, blies sich auf die Hände und bewegte sie wie einen Blasebalg. Die Finger würden ihm abfrieren, wenn er die Eintrittskarten ausgab. Aber heute würden eh nicht viele Touristen kommen, nicht im Februar.
Trevor langte bei einer der Latrinen an, über die er sich so amüsiert hatte. Wer weiß, was für Ausdrücke sie im Mittelalter für Aborte gehabt hatten. Es gab mehrere auf der gesamten Anlage, der hier war innerhalb der Mauer und vermutlich für die Wachen bestimmt gewesen. Da mußte er immer lachen. Plumpsklos! Er ging ein paar Meter den Hügel hinunter und kam zu dem Eisengeländer, das man um das große rechteckige Loch errichtet hatte, damit die Leute nicht hineinfielen. Oder hineinpißten. Ha, ha.
Er beugte sich über das Geländer und schaute so weit hinunter, wie er konnte. O Gott, man stelle sich vor, an einem Februarmorgen aus dem Bett zu steigen und mit nackten Füßen über die eiskalten gepflasterten Wege zu tapern, bis man zu diesem Loch kam. Trev überlegte, warum es so lange gedauert hatte, Wasserklosetts zu erfinden. So toll war die Erfindung ja nun auch wieder nicht. Man mußte nur an einer dämlichen Kette ziehen, und in der Toilette in seinem Haus sogar mehr als einmal.
Er kniff die Augen zusammen und beugte sich noch ein wenig weiter vor. Seine Augen waren auch nicht mehr das, was sie mal waren. Er konnte sich also irren.
Er irrte sich nicht: In der tiefen Dunkelheit unten auf dem Grund lag etwas. Er versuchte sich einzureden, daß es keine Leiche sein konnte, dort unten doch nicht, aber er wußte, es war eine.
Trevor fuhr so abrupt auf, daß er beinahe gestolpert wäre, rückwärts allerdings. Er fing an zu schreien und wußte gleichzeitig, es war sinnlos. Innerhalb einer Meile gab es niemanden, der ihn hätte hören können. Er drehte sich um und ging im Kreis, als ob er ein Ritual brauchte, das ihm sagte, was zu tun sei. Na los, alter Junge, sei kein Waschlappen und benutz deinen Grips, darauf kommt's jetzt an. Klapp nicht zusammen wie ein altes Weib. Natürlich, das Kartenhäuschen. Da war ein Telefon. Von dort konnte er im Krankenhaus anrufen, nein, bei der Polizei. Wer auch immer da unten lag, der brauchte keinen Krankenwagen mehr, dazu war's zu spät.
Er rannte los und blieb nur einmal kurz stehen, um sich mit zitternden Händen eine Zigarette in den Mund zu stecken. Diese Fluppen, die bringen mich noch mal ins Grab.
II
Trevor Hastings stand im Rampenlicht, und nach den anfänglichen Schrecksekunden wollte er es jetzt auch auskosten. Erst als Detective Chief Inspector Rush von der Kripo in Wiltshire in schwarzem Auto und schwarzem Regenmantel auftrat, wurde Trevor nervös. Der Mann zog den Regenmantel so eng um sich zusammen, daß er aussah wie ein Exhibitionist. Aber DCI Rush entblößte nichts, weder seinen Körper noch etwas in seinem Gesicht.
Und Trevor begriff erst, nachdem Rush eine Reihe schmallippiger Fragen an ihn gestellt hatte: Er wurde verdächtigt! Daß er die Leiche hier entdeckt hatte, machte ihn verdächtig! Dabei hatte er doch nur seine Bürgerpflicht getan und die Polizei gerufen. Er hätte auch einfach abhauen können. Von wegen telefonieren, er hätte sich in seinen Mini setzen und wegfahren können. Wäre er ja wohl auch, wenn er den da unten runtergeschubst hätte? Keine Frage.
Wie dem auch sei, Trevor wurde gebeten - nein, ihm wurde befohlen -, an Ort und Stelle zu bleiben. Als wäre er ein dämlicher Hund. Platz! Der Pathologe war mit seiner Untersuchung noch nicht fertig, es hatte verdammt lange gedauert, die Leiche aus ihrem Höhlengefängnis hochzuwinden. Eine Latrine, hatte Trevor ihnen gesagt. Das hier war ein römisches Fort, das hier war Old Sarum, waren sie etwa noch nie hier gewesen? Herr im Himmel, die Geschicke des Landes lagen in Händen von Leuten, die keine Ahnung von Geschichte hatten. DCI Rush hieß ihn, "sich zur Verfügung zu halten", solche Sprüche machten die Bullen doch, kurz bevor sie einen einbuchteten. Verdammter Mist!
Trevor begab sich in den Kartenkiosk, um sich aufzuwärmen. Sollten sie doch draußen auf dem vereisten Gras rumtrampeln und sich Frostbeulen holen. Ehrbare Bürger herumzukommandieren! An dem armseligen Haufen Knochen hätten sie doch gleich erkennen können, daß der Mensch da unten schon eine Zeitlang, möglicherweise seit Tagen, tot und nicht heute morgen über das Geländer gestoßen worden war.
Er stampfte mit den Füßen auf, damit seine Zehen warm wurden. Er war eher wütend als ängstlich. So eine Frechheit! Diese blöden Bullen waren unfähig, über ihren Tellerrand zu sehen. Wahrscheinlich lag die Leiche schon mehrere Tage dort. Ein, zwei Tage mit Leichtigkeit, denn es war ja nur eine Handvoll Besucher dagewesen. Schließlich war Februar, und die paar Touristen, die um diese Zeit überhaupt in diese Gegend kamen, schauten sich lieber Stonehenge an, mit Old Sarum hatten die nichts am Hut. Dabei fand Trevor letzteres viel interessanter. Jetzt wurde er auch noch wütend auf die Touristen. Wenn sie sich in Old Sarum statt in dem dämlichen Stonehenge herumgetrieben hätten, dann wären ihm die dummen Unterstellungen der Herren Polizisten aus Wiltshire erspart geblieben.
Trevor blies sich in die Hände. Aber wenigstens hatte er jetzt wirklich mal was zu erzählen und stand noch dazu im Mittelpunkt. Da würde die Alte aber die Segelohren spitzen, soviel war sicher! "Äh, hab ganz vergessen, dir zu erzählen, daß ich eine Leiche in Old Sarum gefunden habe. Muß in eine Latrine gefallen sein." Er würde nicht mal von seinem Daily Mirror aufschauen, wenn er ihr das sagte. Locker vom Hocker, als tauchten in Old Sarum jeden Tag Leichen auf. Dann sähe sie sich zur Abwechslung vielleicht endlich mal verpflichtet, ihm zuzuhören.
Detective Chief Inspector Rush fühlte sich Trevor gegenüber zu nichts verpflichtet, am allerwenigsten zu einer Entschuldigung, als der Pathologe festgestellt hatte, daß die Frau seit mindestens zwölf Stunden tot war. Er erzählte es ihm draußen im Stehen vor dem Kiosk, den schwarzen Mantel immer noch eng um sich geschlungen, die Schultern eingezogen, die Augen glanzlos, dunkel. Knallhart, der Typ, dachte Trevor bei der Mitteilung des Chief Inspectors.
"Zwölf bis vierzehn Stunden, da hätte sie gestern am späten Nachmittag hiergewesen sein müssen. Falls sie eine Besucherin war. Erinnern Sie sich an sie?"
"Wie das? Hab sie ja bis jetzt noch nicht gesehen." Für diese Retourkutsche gratulierte Trevor sich innerlich. Das Spiel konnten auch andere spielen.
Aber Chief Inspector Rush sah nicht so aus, als ob er Spielchen spielte, wie er da im grellen Licht eines Blitzes stand, der gespenstische Schatten über sein Gesicht warf. Er schien abzuwägen, ob man einem Nichtpolizisten den Anblick der Leiche zumuten konnte. "Dann kommen Sie mal mit."
Trevor tat es leid, daß er den Mund aufgemacht hatte.

Merkwürdig, dachte er, als er mit den anderen in dem fahlen grauen Licht stand und auf den Körper der toten Frau hinunterschaute. Merkwürdig, daß sie nicht, hm, toter aussieht. Nach so einem Sturz! Sie lag mit dem Gesicht nach unten, so daß man nur die eine Seite sehen konnte. Wenn sie nicht die Blutergüsse auf der Wange gehabt und den Unterarm so komisch abgewinkelt hätte, hätte man meinen können, sie . . . hm, sie schliefe. Trevor haßte es immer, wenn Leute eine Leiche so beschrieben. Wie zum Beispiel Mavis: "Als ob er schlief, so natürlich sah er aus." Aber bei der toten Frau traf das zu. Dabei wußte er, daß in den Jeans und der Jacke nur kaputte Knochen steckten. Trevor nickte, räusperte sich und versuchte, so ruhig zu reagieren wie der Polizist. Er sagte: "Ja. Sie kam, kurz bevor es dunkel wurde."
"Und Ihnen ist nicht aufgefallen, daß sie nicht wieder weggegangen ist?" fragte Rush.
"Warum sollte es?" knurrte Trevor. "Wir verkaufen den Leuten Eintrittskarten, wir wischen ihnen nicht den Hintern ab."
Rushs Augenbrauen schoben sich einen Millimeter in die Höhe, aber er sagte nichts.
Trevor zeigte auf einen kurzen Pfad mit heruntergetretenem Gras, der hügelaufwärts von der Latrine wegführte. "Sehen Sie dort? Die ausgetretenen Stellen? Da kürzen die Leute gern den Weg nach oben ab. Gefährlich, kann ich Ihnen sagen. Mich überrascht immer wieder, daß nicht mehr ausrutschen und das Gleichgewicht verlieren. Ist mir selbst schon ein-, zweimal passiert."
Rush schaute sich die Fußspuren im Gras genau an. Nach einer Weile sagte er: "Ich glaube nicht, daß es so war. Sie ist entweder hineingefallen oder -gestoßen worden." Weiter ließ er sich nicht aus.
Ach, du Klugscheißer, dachte Trev, wie willst du das rauskriegen? Sollte mir den Atem sparen, sonst kann ich hinterher mein Porridge nicht mehr kaltpusten. Sagt Mavis jedenfalls immer. Und Trev mußte ihr ausnahmsweise recht geben. Er verschränkte die Arme fest vor der Brust. Wehe, wenn DCI Rush ihm noch eine Frage stellte!
Tat er prompt. "Können Sie sich daran erinnern, wer sonst noch hier war und zur gleichen Zeit eine Eintrittskarte gekauft hat? Oder so einen National-Trust-Ausweis?"
"Eine Mitgliedskarte des 'Freundeskreises', meinen Sie." Trevor betrachtete die auf dem Bauch liegende Gestalt. "Hm, wahrscheinlich schon ein halbes Dutzend, aber so aus der Lamäng muß ich sagen, erinnere ich mich an niemand Besonderen. Vielleicht erinnert sich Freddie an etwas." O Gott, diese Bande war ja wild entschlossen, aus der Sache ein, wie sie es nannten, Gewaltverbrechen zu machen.
Das arme Mädchen. Abgenippelt, nur weil sie einen falschen Schritt getan hatte. Das vermutete er zumindest, egal, was dieser jämmerliche Haufen hier glaubte. Man würde ja sehen. Man weiß doch nie, wann man dran ist. Wacht morgens auf, putzmunter, alles paletti, und bei Einbruch der Nacht ist man hinüber.
Nun ging die Sonne richtig auf. Er schaute zur Stadt hinab, die in der Ferne im Morgendunst lag. Von den Giebeldächern und den dicht an dicht stehenden Schornsteinen stieg Nebel auf. Die Sonne wob einen Lichtschleier um den Turm der Kathedrale, der ein paar Augenblicke lang aussah wie in Silber getaucht.
Hübsch, dachte Trev und bekam DCI Rushs Worte nur halb mit. "Entschuldigung. Was?"
"Sie war Amerikanerin."
Trevor fand, der Bulle sagte das sehr nachdenklich. "Ja, und? Das ist in Old Sarum nichts Besonderes. Jedenfalls nicht so, als ob man einen Brontosaurus träfe. Amerikaner kommen massenhaft hierher."
Rush überlegte noch ein wenig und sagte schließlich: "Dann wollen wir Sie nicht länger festhalten."
Bevor Trevor antworten konnte, hatte Rush sich umgedreht und redete mit dem Arzt. Der Ärztin, bemerkte Trev nun. Eine Frau, ach, du lieber Himmel!
Nun schien die Sonne heller, umgab die Silhouette eines am Rand der Latrine stehenden Polizisten mit einem Schimmer. Als ob sie alle abwechselnd pinkeln gingen, dachte Trev. Er zog den Kragen seines Anoraks hoch und ging den Abhang hinunter. Na gut, heute würden sie wohl keine Eintrittskarten mehr verkaufen. Er mußte zugeben, er bedauerte beinahe, daß er gehen mußte, weg von dem Drama, zurück zu seinem uralten Mini, seinem Reihenhäuschen (Wohnzimmer und Küche unten, Schlafzimmer, Gästezimmer oben, die Kinder waren aus dem Haus) unter tausend anderen Reihenhäuschen und zu der schwachen Glühbirne, die Mavis immer in seine Leselampe schraubte, weil sie ja an allen Ecken und Enden sparte.
Er blieb stehen, um sich seine dritte Zigarette anzuzünden. Heute erlaubte er sich mal ein, zwei mehr als sonst, schließlich war es ein verdammt aufregender Morgen gewesen. Als er das Streichholz wegwarf und weiterging, überlegte er sich noch einmal, was er Mavis erzählen wollte. Da würde sie aber aufhorchen, wenn sie hörte, daß eine Polizeiärztin dabeigewesen war. Daß eine Dame in diese Grube stieg und dort an einer Leiche herumfummelte!
Heutzutage mischten die Frauen ja überall mit.

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