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. Casting Man kennt es unter Vorstellungsgespräch, Casting oder Job Day, egal wie man es nennt, man muss sich für einen Arbeitgeber interessant machen. Das Wort Casting erinnert allerdings immer zu sehr an das Fernsehprogramm am Samstagabend. An dem sich unzählige vor den Fernseher setzen, um anderen dabei zuzusehen, wie sie versuchen, ihren Traum wahr zu machen. Vielleicht weil ihr eigens Leben nicht interessant genug ist. Deshalb benutze ich einen anderen Ausdruck und zwar Job Day. Beim eintägigen Job Day´s entscheiden die Reiseveranstalter, wer im sonnigen Süden arbeiten darf. Mein erster Job Day war ein Misserfolg, ich hatte aber bei andern Veranstaltern genug Bewerbungen laufen. Ich folgte im November der zweiten Einladung in die Zentrale eines Reiseveranstalters, um mich casten zu lassen. 15 Leute, das heißt 14 Mädels und ich. So ziemlich als erstes wurde ein Film über einen ganz normalen Tag als Animateur gezeigt. Von morgens um acht bis nachts nach den Proben. Es war ein Extremfall, der gezeigt wurde, dennoch wurde steif und fest behauptet, das Leben eines Animateurs sei jeden Tag so und es gebe fast keine Freizeit. So in etwa wie die Fernsehbeiträge über diese Arbeit. An jenem Tag war auch ein Filmteam anwesend. Ein kleiner Sender aus der Gegend, der einfach unseren Job Day filmen wollte. Als einzig männlicher Teilnehmer stand ich etwas ungewollt im Fokus der Kamera. Eigentlich sollte vorerst niemand erfahren, dass ich Animateur werden wollte. Meine Bekannten sollten das mitbekommen, wenn es soweit war. Der Sender machte mir allerdings einen dicken Strich durch die Rechnung. Eine Bekannte sah den Beitrag, so dass es nur wenige Tage dauerte bis fast alle meine Freunde im Bild waren. Vier Jahre nach diesem Job Day berichtete mir eine Freundin aus der Schule, einen Zeitungsartikel über mich und diesen Tag gelesen zu haben. Die Mädels beim Job Day nannten mich "den Herrn" oder "Quotenjungen". Quotenjungen werden immer genommen, sagte eine Teilnehmerin während einer Zigarettenpause, der Zeitung gegenüber. Im Artikel steht, dass ich sagte: ich sei mir für nichts zu schade. Dass dem so war, stellte sich im Laufe meiner Animationszeit auch heraus.