Abgeschlagen: Ein neuer Fall für Lissie Sommer

Endlich hat sich Kriminalkommissar Sebastian Loch ein Herz gefasst und führt Lissie Sommer zum Essen aus. Gerade sitzen die beiden so richtig romantisch auf der Terrasse des Edelrestaurants des lokalen Golfclubs, da werden sie Zeugen einer heftigen Auseinandersetzung zwischen zwei Golfern. Und kurz darauf findet Lissie sich nicht in enger Umarmung, sondern an einem Tatort wieder. Eines der Clubmitglieder wurde ermordet. Niedergeschlagen mit dem 7er Eisen, um genau zu sein. Klar, dass Lissie sich da nicht raushalten kann, sie ist ja quasi persönlich betroffen. Gemeinsam mit Sebastian nimmt sie die Ermittlungen auf…

Bei Midnight sind von Katrin Schön erschienen:
Ausgeplappert
Ausgeschifft
Abgeschlagen

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Abgeschlagen: Ein neuer Fall für Lissie Sommer

Endlich hat sich Kriminalkommissar Sebastian Loch ein Herz gefasst und führt Lissie Sommer zum Essen aus. Gerade sitzen die beiden so richtig romantisch auf der Terrasse des Edelrestaurants des lokalen Golfclubs, da werden sie Zeugen einer heftigen Auseinandersetzung zwischen zwei Golfern. Und kurz darauf findet Lissie sich nicht in enger Umarmung, sondern an einem Tatort wieder. Eines der Clubmitglieder wurde ermordet. Niedergeschlagen mit dem 7er Eisen, um genau zu sein. Klar, dass Lissie sich da nicht raushalten kann, sie ist ja quasi persönlich betroffen. Gemeinsam mit Sebastian nimmt sie die Ermittlungen auf…

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by Katrin Schön
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Endlich hat sich Kriminalkommissar Sebastian Loch ein Herz gefasst und führt Lissie Sommer zum Essen aus. Gerade sitzen die beiden so richtig romantisch auf der Terrasse des Edelrestaurants des lokalen Golfclubs, da werden sie Zeugen einer heftigen Auseinandersetzung zwischen zwei Golfern. Und kurz darauf findet Lissie sich nicht in enger Umarmung, sondern an einem Tatort wieder. Eines der Clubmitglieder wurde ermordet. Niedergeschlagen mit dem 7er Eisen, um genau zu sein. Klar, dass Lissie sich da nicht raushalten kann, sie ist ja quasi persönlich betroffen. Gemeinsam mit Sebastian nimmt sie die Ermittlungen auf…

Bei Midnight sind von Katrin Schön erschienen:
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Product Details

ISBN-13: 9783958191167
Publisher: Midnight
Publication date: 06/05/2017
Series: Ein-Lissie-Sommer-Krimi , #3
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 250
File size: 2 MB
Language: German

About the Author

Katrin Schön wuchs im hessischen Dörfchen Hochstadt auf. Ihr komödiantisches Talent entdeckte die gelernte Bankkauffrau schon früh im hiesigen Karnevalsverein, wo sie bereits als Teenager vor allem die Lokalpolitik mit spitzer Feder aufs Korn nahm. Nach ihrem Studium der Publizistik in Bochum arbeitete sie als Fachjournalistin in Hamburg, bevor sie ein Angebot als Pressesprecherin annahm und ihren Lebensmittelpunkt nach Köln verlegte. Dort ist sie seit fast 9 Jahren zu Hause und arbeitet aktuell als Projektmanagerin. Mit "Ausgeplappert. Lissie Sommers erste Leiche" erschien 2015 ihr erster Krimi.

Katrin Schön wuchs im hessischen Dörfchen Hochstadt auf. Ihr komödiantisches Talent entdeckte die gelernte Bankkauffrau schon früh im hiesigen Karnevalsverein, wo sie bereits als Teenager vor allem die Lokalpolitik mit spitzer Feder aufs Korn nahm. Nach ihrem Studium der Publizistik in Bochum arbeitete sie als Fachjournalistin in Hamburg, bevor sie ein Angebot als Pressesprecherin annahm und ihren Lebensmittelpunkt nach Köln verlegte. Dort ist sie seit fast 9 Jahren zu Hause und arbeitet aktuell als Projektmanagerin. Mit „Ausgeplappert. Lissie Sommers erste Leiche“ erschien 2015 ihr erster Krimi.

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Abgeschlagen

Ein neuer Fall fur Lissie Sommer


By Katrin Schoin

Midnight

Copyright © 2017 Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
All rights reserved.
ISBN: 978-3-95819-116-7


CHAPTER 1

Frühjahrsputz


Ein frischer Wind pfeift mir um die Ohren, während ich mich mit Eimer, Spülwasser und Lappen bewaffnet den Biergartenmöbeln vor meinem Lokal mit dem schönen Namen Zum Grünen Kränzchen nähere, um ihnen den Winterstaub vom Holz zu wischen.

Seit rund einem Jahr bin ich, Lissie Sommer, inzwischen Ende 30, nun die Pächterin dieser traditionsreichen Apfelweinwirtschaft inmitten der hessischen Idylle. Der ich eigentlich schon den Rücken gekehrt hatte, um mein Glück in Köln als Reiseverkehrskauffrau zu finden. Aber: Ein Mord und die damit zusammenhängenden Umstände brachten mich nach Jahren in diese meine alte Heimat Traunbach zurück. Und so kümmere ich mich nun um Hausmacherwurst, Bembel und »Gerippte« – wie man das traditionelle Apfelweinglas auch nennt –, und ich muss sagen: Ich habe meine Entscheidung nicht bereut. Ich mag mein Lokal, das Dorf, die neue Nähe zu meinen Eltern und meine Arbeit.

Mich fröstelt es, und so knote ich mir den dünnen Schal etwas fester um meinen Hals und ziehe den Reißverschluss an meiner Daunenweste zu. Noch ist es zu kühl, um seinen Schoppen gemütlich im Freien zu genießen, aber im beginnenden Frühling konnten wir schon einige warme Tage verbuchen. Und prompt standen die ersten Gäste im Hof. Enttäuscht, dass ich im März den Biergarten noch nicht in Betrieb habe. Ich könnte natürlich Heizpilze aufstellen, aber dagegen wehre ich mich. Zum einen, weil die gasbetriebenen Wärmelampen umweltpolitisch eine Katastrophe sind, aber auch, weil alles einfach seine Zeit hat: Eine laue Sommernacht lässt sich auch mit noch so viel künstlicher Hitze nicht erzeugen. Und deshalb ist mein Biergarten nur in der Outdoor-Saison geöffnet. Mal ein paar Tage früher, mal ein bisschen später – manchmal muss man sich eben gedulden. Aber lange wird der Frühling nicht mehr auf sich warten lassen, und so möchte ich gerüstet sein, wenn der erste schöne Sonntag kommt und die Fahrradfahrer den Hof stürmen, um sich mit Ebbelwoi und Handkäs zu stärken.

Ich wuchte die Gartenmöbel aus dem kleinen Schuppen hervor und stelle sie zum großen Frühjahrsputz auf. Während ich über die Tischplatten wische und die Stühle von ein paar Spinnweben befreie, denke ich über die letzten Wochen nach.

Mein erster Urlaub, nachdem ich das Lokal im letzten Jahr übernommen hatte, führte mich – dank einer Idee meiner Mutter – zusammen mit meinen Eltern auf ein Kreuzfahrtschiff. Nach anfänglichen Bedenken und zwei Leichen an Bord muss ich trotzdem zugeben: Die Fahrt hat mir schlussendlich wirklich gutgetan. Nachdem der Mord an den beiden Travestiekünstlern auf dem Luxusliner aufgeklärt war, verbrachte ich mit meinen Eltern und Sebastian Loch – seines Zeichens Kommissar und Ermittler in den Mordfällen, in die ich völlig unabsichtlich verwickelt wurde – die restlichen Tage der Reise entspannt und gelöst. Durch die gemeinsame Arbeit an den Mordfällen kamen der Kommissar und ich uns näher – wenn ihm auch nicht gefiel, dass ich meine neugierige Nase immer wieder in seine Arbeit steckte. Aber was konnte ich denn dafür, dass mir die Hinweise auf die Mörder nur so vor die Füße fielen? Ausgesucht hatte ich mir das jedenfalls nicht. Aber wie gesagt: Nachdem die Morde aufgeklärt waren, verbrachten Sebastian und ich noch eine sehr entspannte Zeit auf dem Kreuzfahrtschiff. Mir gefiel es, wie sich Sebastian um mich bemühte, aber ich hielt ihn auf Distanz. Erst musste ich die Geschichte mit Micha – dem Ex von meiner Freundin Doris, der nun an mir interessiert ist – ins Reine bringen. Zweigleisig fahren ist nicht meine Art. Obwohl ich zugeben muss, dass es einige Situationen gab, in denen meine Selbstbeherrschung hinsichtlich eines Tête-à-Tête mit dem hübschen Kommissar schon auf der Kippe stand.

Zum Beispiel am letzten Abend unserer Kreuzfahrt, als wir zu zweit mit einem Gläschen Champagner am Heck des Schiffes lässig an der Reling lehnten und in den Sonnenuntergang schauten. Nur wir zwei. Die meisten Passagiere gaben sich mit dem Sekt zufrieden, der im Reisepreis inbegriffen war, und verzichteten auf die minimale Zuzahlung für den Champagner in der kleinen, feinen Outdoorbar. So auch meine Eltern – meine Mutter wollte sich stattdessen um einen guten Tisch kümmern. Und mein Vater verträgt alle Arten von Schaumwein nicht. (»Des stößt mir immer auf. Da hab ich die ganze Nacht noch was von.«) Und so standen Sebastian und ich praktisch allein an der Champagnerbar, genossen die traumhafte Aussicht, den guten Tropfen und das bisschen extra Exklusivität. Wir waren uns sofort einig, dass uns der letzte Abend die paar Euro fnr ein Glas Schampus wert sei. Natürlich ließ es sich der Kommissar nicht nehmen, mich einzuladen. Und so freute ich mich umso mehr. Nicht über die paar gesparten Münzen (das Gläschen hätte ich mir auch noch selbst leisten können), sondern darüber, dass sich Sebastian nicht als Geizkragen entpuppte und ebenso wie ich solche Momente schätzte und auch genießen konnte. Außerdem ist gegen gute Manieren und ein bisschen »alte Schule« ebenfalls nichts einzuwenden.

So standen wir also allein an der Reling und schauten aufs Meer. Romantik ist ja eigentlich nicht so meine Sache, aber dieser Moment war wirklich schön, obwohl alle Klischees erfüllt wurden: Die Wellen, die von der riesigen Schiffsschraube erzeugt wurden, rauschten; die Möwen, die über uns kreisten, kreischten um die Wette; der Wind blies angenehm und spielte mit meinen roten Locken; und die Sonne tauchte langsam am Horizont ins blaue Meer. Der Kommissar und ich standen nebeneinander – er im Anzug, ich im leichten Sommerkleid -, nippten an unserem Champagner und genossen schweigend diesen gemeinsamen Augenblick. Sebastian drehte den Kopf zu mir und sah mir tief in die Augen. Und für einen Moment stand es auf der Kippe, ob ich meine guten Vorsätze nicht hier und jetzt über Bord dieses Schiffes werfen und mich von diesem charmanten Mann küssen lassen sollte. Bis meine Mutter ihren Kopf zur Tür herausstreckte und rief: »Lissie, der Kellner gibt uns den allerbesten Tisch direkt am Fenster. Ich glaube, Kapitän Berggrün hat das für uns arrangiert. Aber dazu müssen wir uns jetzt direkt setzen. Kommt ihr?«

»Wir kommen sofort«, rief ich ihr zu und leerte mein Glas in einem Zug, um die peinliche Situation zu überspielen.

Sebastian grinste, schaute mir noch einmal vielsagend in die Augen, trank dann ebenfalls den letzten Schluck seines Aperitifs und sagte süffisant: »Na dann: Hungrige Mütter sollte man nicht warten lassen.« Ich stoße einen lauten Seufzer aus, während ich die nächste Stuhllehne abwische. Denn der Alltag hatte mich danach schneller wieder, als mir lieb war, und mit Micha – der eigentlich in Berlin lebt und was mit Medien macht – Schluss zu machen, erwies sich als schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte ...


Vor ein paar Wochen saßen wir gemeinsam in der Pizzeria Calzone, als Micha mich ansah und rumdruckste: »Ich hab gedacht ... also ... wenn ich in Traunbach bin ... also, da könnte ich doch bei dir wohnen.«

Ich schaute Micha an wie ein Auto und hörte auf zu kauen. Wie zum bildlichen Beweis meines Entsetzens klappte die Ecke des Pizzastücks, das ich in der Hand hielt, nach unten, und eine Tomate glitt – nur gehalten von einem Faden Mozzarella – wie in Zeitlupe hinunter auf meinen Teller.

»Du willst was?«, fragte ich, immer noch erstarrt, und wie auf Kommando machte eine zweite Tomate einen Abgang – ohne dass ich meine Handhaltung auch nur einen Millimeter geändert hatte.

Ich war mit Micha in dieser Pizzeria, sozusagen auf neutralem Boden, verabredet und hatte mir fest vorgenommen, ihm heute reinen Wein einzuschenken: Das mit uns würde keine Zukunft haben. Egal, ob aus dem Kommissar und mir was werden würde – mit Micha konnte ich mir eine Beziehung einfach nicht vorstellen. Ja, er war ein gutaussehender Kerl, und auf den Kopf gefallen war er auch nicht. Aber bereits in wenigen Gesprächen hatte sich herausgestellt, dass wir ziemlich verschieden waren: unterschiedlicher Musikgeschmack, anderer Humor, verschiedene Sicht auf den Sinn des Lebens. Micha schien das weniger zu stören, aber bei mir verstärkte es nur mein Bauchgefühl, dass das auf Dauer mit uns nicht gutgehen würde. Und wenn ich in den letzten Jahren etwas gelernt habe, dann ist es, öfter mal auf meine Intuition zu hören. Damit liege ich meist richtiger als mit der angeblich logischen Variante, die mir der Verstand anbietet. Eine weitere Möglichkeit wäre natürlich, sich auf eine kleine Affäre einzulassen. Ohne Verpflichtungen. Nur Spaß. Aber nein: Dafür bin ich einfach zu alt. Oder unser Dorf zu klein. Und der zu erwartende Tratsch zu groß. Nein danke.

Vier Wochen waren seit der Kreuzfahrt vergangen, das Karnevalswochenende stand vor der Tür, und nur deshalb war Micha wieder in Traunbach. Feiern lässt es sich auf dem Land ebenso gut wie in der Stadt – zumal Traunbach eine lustige Enklave im sonst eher unkarnevalistischen Umland darstellt. Er hatte mir zwar beteuert, dass er mich eigentlich schon direkt nach meinem Urlaub hatte wiedersehen wollen, aber just in diesem Monat war ein Auftrag nach dem anderen reingekommen, und diese hatten ihn in Berlin festgehalten. Wenn ich wirklich in Micha verliebt gewesen wäre, hätte ich das nicht akzeptiert. Das Warten hätte mich umgebracht. Aber so war ich gar nicht böse darum, dass er sich mit seinem Besuch ein wenig Zeit ließ.

Da saßen wir also in der Pizzeria, und - nomen est omen – schon überkam mich das Gefühl, dass ich gerade von einem Pizzateig überrollt wurde, der über meinem Kopf zusammenklappte. Der wollte doch jetzt nicht ernsthaft bei mir einziehen?

»Du willst doch jetzt nicht ernsthaft bei mir einziehen?«, sagte ich, während nun auch noch die Tomatensauce von der Ecke meines Pizzastücks tropfte.

»Äh ... also ...« Micha wurde rot. Er suchte ganz offensichtlich nach den richtigen Worten. Bis er diese gefunden hatte, sah er auf meine Hand und sagte:

»Du tropfst.«

Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, was er meinte, dann legte ich die inzwischen wirklich unansehnliche Pizzaecke auf meinen Teller. Gut, dass es das letzte Stück der köstlichen Pizza Bufalo mit frischen Tomaten und Basilikum war, denn jetzt war mir der Appetit gründlich vergangen.

»Micha, hör mal ...«, wollte ich die harte Wahrheit über unsere Beziehung nun endlich aussprechen, aber da fiel er mir schon ins Wort.

»Also zusammenziehen würde ich das nicht nennen. Aber ich müsste nicht immer in mein altes Kinderzimmer, wenn ich in Traunbach bin, und wir könnten bei der Gelegenheit ganz easy testen, ob wir uns auch in gemeinsamen vier Wänden gut verstehen.«

Gemeinsame vier Wände? Was redete der denn da? Wir hatten nichts gemeinsam. Schon gar nicht vier Wände! Das musste er doch inzwischen auch gemerkt haben. Das lief hier in eine ganz falsche Richtung.

Er nahm meine von der Pizza noch fettige Hand in seine und sah mir in die Augen. »Lissie, ich mag dich wirklich und wäre gerne in deiner Nähe.«

Ich schluckte trocken. So ein Mist. Ich bin nicht gut darin, anderen Menschen wehzutun. Und schon gar nicht denjenigen, die ich wirklich mag – wenn auch anders als sie mich.

»Hör mal, Micha«, sagte ich und zog meine Hand zurück, was dank des Olivenöls an meinen Fingern geschmeidiger vonstattenging, als ich befürchtet hatte.

»Ich mag dich ja auch, aber ...«

»Aber?«

Dackelblick.

Ich nahm all meinen Mut zusammen und sagte zögerlich, in der Hoffnung, dass er meinen Wink mit dem Zaunpfahl direkt verstehen würde: »Ich glaube nicht, dass das gutgehen würde.« Weit gefehlt.

»Na gut«, sagte er und seufzte. »Dann wohne ich eben weiterhin in der Bude meiner Eltern. Vielleicht hast du Recht.« Ein verschmitztes Grinsen huschte über sein Gesicht. »Dann bleibt die Beziehung aufregender«, sagte er triumphierend.

Verdammt.

»Nein, Micha, ich meinte ...«, aber bevor ich den Satz beenden konnte, piepte sein Smartphone, das neben seinem Teller auf dem Tisch lag. Er schaute auf das Display, leckte sich seinen pizzafettigen Zeigefinger ab, strich über den Bildschirm und grinste. Dann nahm er das Handy in die Hand und hielt es mir lachend entgegen.

»Schau mal. Wir haben ein Gruppenkostüm im Internet bestellt. Schneewittchen und die sieben Zwerge. Wir haben ausgelost, wer das Schneewittchen sein muss. Karsten hat verloren ...«

Ich sah mir das Foto auf dem Smartphone an. Darauf war Karsten – einer der vielen Jungs aus meiner damaligen Dorfjugendclique – zu sehen, verkleidet mit einer schwarzen Zopfperücke, einer weißen Bluse, deren Ausschnitt er mit irgendetwas zu einem üppigen Dekolletee ausgestopft hatte, und einem roten, bodenlangen Rock. Noch konnte man seiner Miene nicht entnehmen, dass er sich vorstellen konnte, in diesem Kostüm an Karneval Spaß zu haben, denn auf seinem Gesicht war nicht der Ansatz eines Lächelns zu sehen. Aber mit ein paar Schoppen würde es schon werden.

»Willst du mal meins sehen?« Micha blätterte in dem digitalen Fotoalbum seines Smartphones und hielt es mir dann erneut unter die Nase. Ein männliches Karnevals-Katalog-Model, das in einer grünen Dreiviertelhose und einem gelben T-Shirt steckte, strahlte mich unter einem langen, künstlichen Zwergenbart an.

Ich nickte und sagte süffisant: »Sehr schön. Steht dir bestimmt ganz hervorragend. Und du kannst dich nächstes Jahr ohne Bart dafür mit roter Perücke als Pumuckl recyclen.« Micha sah mich zufrieden an. »Ja, und damit wir morgen für die große Party fit sind, sollten wir jetzt schnell in die Heia.« Sein Grinsen verriet mir, dass er nicht vorhatte, das Bett zum Schlafen aufzusuchen.

Ich nickte. »Genau. Wir brauchen beide unseren Schlaf. Du zum Feiern, ich zum Arbeiten. Lass uns zahlen.« Ich konnte ihm die Enttäuschung ansehen, aber er blieb wie immer ein Gentleman, nickte und fragte nach der Rechnung.

Und ich beschloss in diesem Moment, ihn einfach zu »ghosten«. Wenn er meine Andeutungen nicht verstand, musste ich mich einfach so rarmachen – quasi wie ein Geist -, dass er irgendwann doch selbst draufkommen würde, dass es mit uns vorbei war. Wer will schon eine Freundin, die nie da ist?


Da kam mir das Karnevalswochenende gerade recht und der Zufall zu Hilfe: in Form einer sexy Krankenschwester namens Michaela, die mit einigen Freundinnen meinen Maskenball im Grünen Kränzchen besuchte. Ich kannte die Mädels flüchtig. Sie waren ein paar Jahre jünger als ich und deshalb gefühlt für mich noch Kinder. Aber das ging mir mit allen Jüngeren so – man vergisst, dass die Kids von früher auch älter werden, plötzlich den Führerschein machen und auf Partys gehen. Einige von ihnen sind inzwischen schon verheiratet und haben selbst Kinder. Aber für mich bleiben sie weiterhin »die Kleinen« – wie ich wahrscheinlich für viele, die wiederum nur ein paar Jahre älter sind als ich, immer »die kleine Sommer« bleiben werde.

Die Kneipe war rappelvoll, das Geschäft brummte. Offenbar hatte ich mit dem Revival eines klassischen Maskenballs den Nerv des feierfreudigen Teils der Gemeinde getroffen. Im Saal spielte eine Band, und wirklich alle Gäste waren verkleidet gekommen – einige sogar klassisch mit einer Maske, die um Mitternacht feierlich fallen gelassen werden würde. In der Kneipe selbst tummelten sich diejenigen an den zahlreichen Stehtischen, die eine kurze Auszeit vom Tanzen und Singen brauchten. So auch Micha und seine Truppe. Mir entging nicht, dass die Zwerge – inklusive des Schneewittchens – keinen Hehl daraus machten, dass sie sich von den Krankenschwestern in ihren kurzen Röckchen gerne ein bisschen pflegen lassen würden. Für die, die auf skurrile Geschichten stehen, wäre das ein prima Plot für einen Softporno gewesen: »Heiße Schwestern mit großen Zwergen«. Oder so.

Ich will nicht lügen: Einen kleinen Stich verspürte ich doch im Herzen, als ich sah, wie Micha und Michaela miteinander zu flirten begannen. Ja, ich wollte Micha nicht mehr. Dass er aber so schnell eine andere fand, gefiel mir auch nicht so richtig. Aber man konnte nicht alles haben. Ich seufzte in mein geringeltes Matrosenhemd hinein, zog den 10er-Bembel unter dem Zapfhahn hervor und sah auf. Und in ein vertrautes Gesicht.

»Bekommt ein Bulle hier ein Bier?«, fragte mich Kommissar Loch und lächelte verschmitzt.


(Continues...)

Excerpted from Abgeschlagen by Katrin Schoin. Copyright © 2017 Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin. Excerpted by permission of Midnight.
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